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Die Leiden eines Chinesen in China

Die Leiden eines Chinesen in China

Titel: Die Leiden eines Chinesen in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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einzig vorhandenen Bootes bemächtigen? Unmöglich. Dasselbe war eine so schwere Schaluppe, daß die ganze Mannschaft nur eben hinreichte, es mit vereinten Kräften in’s Meer hinabzulassen. Kapitän Yin und seine Leute würden hierzu aber schwerlich die Hand geboten haben. Man mußte sich also auf andere Weise zu helfen suchen, trotz aller Gefahren, die damit verbunden sein konnten.
    Es war jetzt gegen sieben Uhr Abends. Der Kapitän verweilte in seiner Cajüte und erwartete offenbar die mit Lao-Shen’s Spießgesellen verabredete Stunde.
    »Hier ist kein Augenblick zu verlieren!« sagten Craig-Fry.
    Gewiß, nicht ein einziger! Die beiden Agenten schwebten hier in gleich großer Gefahr, als ob sie mit einem Brander, dessen Lunte schon brannte, auf der hohen See trieben.
    Die Dschonke hatte man einfach der Strömung des Wassers überlassen. Nur ein Matrose schlief auf dem Vorderdeck.
    Craig und Fry öffneten vorsichtig die Thür der Wohnung auf dem Achter und begaben sich zu Kin-Fo.
    Auch dieser schlummerte.
    Man weckte ihn.
    »Was giebt es?« fragte er.
    Mit kurzen Worten wurde Kin-Fo, der dabei keineswegs den Muth verlor, über die Sachlage aufgeklärt.

    »Wir wollen alle die falschen Leichname ins Meer werfen!« schlug er vor.
    Gewiß eine verwegene, doch unausführbare Idee, da Kapitän Yin mit seinen Passagieren im Raume aller Wahrscheinlichkeit nach im Einverständnisse war.
    »Ja, was wollen wir dann beginnen?
    – Hier diese Kleidung anlegen!« erwiderten Craig-Fry wie aus einem Munde.
    Damit öffneten sie eines der in Tong-Tcheu mit eingeschifften Packete und hielten ihrem Clienten einen jener ausgezeichneten, von Kapitän Boyton erfundenen Rettungsanzüge hin.
    Das Packet enthielt auch noch drei ganz gleiche, mit allem nöthigen Zubehör, durch den diese Apparate sich vor allen anderen auszeichnen.
    »Gut, sagte Kin-Fo. Holen Sie Soun!«
    In kurzer Zeit brachte Fry den Diener angeführt, der gar nicht verstand, was hier vorging, und von den Anderen angezogen werden mußte. Er ließ Alles willenlos mit sich geschehen und stöhnte nur sein gewöhnliches Ai, ai, ya! dazu.
    Um acht Uhr waren Kin-Fo und seine Begleiter fertig. Es sah aus, als wollten sich vier Robben aus dem Eismeere in das Wasser stürzen. Freilich hätte die Robbe Soun nur eine sehr unzureichende Vorstellung von der Gewandtheit und Geschicklichkeit dieser Thiere gegeben, so schlaff und welk stand er in seiner unversenkbaren Kleidung da.
    Schon ward es im Osten dunkler. Die Dschonke lag vollkommen ruhig auf der unbewegten Wasserfläche.
    Craig und Fry öffneten eines der nach dem Hintertheile des Schiffes gerichteten Fenster des Wohnhäuschens. Dann packten sie ohne Umstände den unglücklichen Soun, hoben ihn über den Schiffsrand und ließen ihn in das Meer hinab. Kin-Fo folgte diesem auf der Stelle. Craig und Fry versahen sich mit allem nothwendigen Zubehör und glitten auch ihrerseits ins Meer.
    Kein Mensch konnte eine Ahnung davon haben, daß die Passagiere der »Sam-Yep« das Schiff verlassen hätten!
Neunzehntes Capitel.
Das weder für Kapitän Yin noch für die Mannschaft der »Sam-Yep« glücklich endigt.
    Der Apparat des Kapitän Boyton besteht in der Hauptsache aus einer Kautschuk-Kleidung, welche Beinkleid, Jacke und Kopfbedeckung umfaßt. Schon die Natur des Stoffes macht dieselbe undurchdringlich. Doch wenn sie auch gegen das Wasser schützt, so würde sie doch die Kälte nicht abhalten können, welche bei längerem Eintauchen in Wasser auf den Menschenkörper einwirken müßte. Deshalb wird der Rettungsanzug aus zwei Blättern hergestellt, zwischen welche eine gewisse Menge Luft eingeblasen werden kann.
    Die Luft erfüllt also einen doppelten Zweck: erstens erhält sie den Apparat nebst einer Person schwimmend auf der Oberfläche des Wassers, und zweitens hindert sie jede Berührung mit demselben und schützt in Folge dessen vollständig gegen die Abkühlung des Körpers. In dieser Weise bekleidet, könnte ein Mensch eigentlich unbegrenzt lange im Wasser ausdauern.
    Daß auf den dichten Schluß aller Verbindungsstellen besondere Aufmerksamkeit verwendet ist, versteht sich von selbst. Das Beinkleid z.B., an dessen Füßen schwere Sohlen befestigt sind, sitzt an einem Metallgürtel fest, der weit genug ist, um dem Körper einige freie Bewegung zu gestatten. Die Jacke schließt an der unteren Seite ebenfalls an diesen Gürtel an und endigt oben in einem soliden Halsstück, mit dem die Kopfbedeckung zusammenhängt. Diese umhüllt

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