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Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Titel: Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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ihre Hand.
    Der Papierstreifen schwebte nach unten, blieb dann aber an ihrem Kleid hängen. Doch genau in dem Moment, als sie ihn abzupfen wollte, erkannte sie, um was es sich tatsächlich handelte. Es war die Titelseite eines der Kalendarien, die sie hatte erwerben wollen.
    Voller Abscheu zerrte sie den Rest der Papierseiten aus der Mauer, steckte sie zusammengerollt unter ihren Mantel und entfernte sich schnell.
    Als plötzlich die Straßendirne hinter der Mauer hervortrat, sah sie Angelica zunächst neugierig an, machte sich dann aber sogleich auf die Suche nach neuer Kundschaft. Dazu hob sie ihre Röcke ein wenig an, damit die vorbeieilenden Männer einen Blick auf ihre schmutzigen Schuhe und Strümpfe werfen konnten.
    Die heisere Stimme, mit der die Frau sich anbot, dröhnte in Angelicas Ohren. «’tschuldigung, Sir. ’n bisschen Gesellschaft vielleicht? Wolln Sie ’n Mädchen?»
    Die Straßendirne lachte genau so dreckig wie die Männer vor dem Buchladen, und Angelica spürte so etwas wie Mitleid in sich aufkeimen.
    Als die junge Frau schließlich irgendwann an eine Teestube gelangte, schaute sie durch die von innen beschlagene Scheibe. Im Inneren waren kleine Sitzecken zu sehen, und sie hatte mehr als genug Geld für eine Tasse Tee, ein Gebäckstück und ein Zimmer für die Nacht.
    Die füllige Frau mit Schürze, die den Laden führte, geleitete sie zu einer Sitzecke im hinteren Teil des Raumes und nahm ihre Bestellung auf. Sie schien recht froh zu sein, mal eine freundliche, ruhige Kundin zu haben, die offensichtlich so etwas wie eine Lady war. Nachdem sie Angelica einen großen Becher Tee und eine Untertasse mit Gebäck hingestellt hatte, ließ sie ihre Kundin allein.
    Angelica hatte keine Ahnung, wie weit oder wie lange sie gelaufen war. Doch schon als sie den ersten, winzigen Schluck Tee nahm, spürte sie, wie erschöpft sie eigentlich war. Sie umfasste den Becher und war durch und durch dankbar für seine Stärke und den leicht bitteren Geschmack. Da sie vor drei Jahren während ihrer ersten verwirrenden Tage in der riesigen Metropole das große Glück gehabt hatte, recht schnell eine Anstellung als Dienstmädchen zu bekommen, war es ihr bisher erfolgreich gelungen, den Gedanken zu verdrängen, irgendwann mal wieder auf der Straße landen zu können.
    Wie schnell diese Jahre doch vergangen waren, dachte sie abwesend. Damals zu wissen, sich von ihrer Vergangenheit befreit zu haben, hatte sie ebenfalls davon abgehalten, zu viel an die Zukunft zu denken. Oder an ihren Stiefbruder.
    Sie nahm einen größeren Schluck des kräftigenden Tees und ließ sich davon Körper und Seele wärmen.
    Genau wie Semjon es sonst tat. O großer Gott!
    Angelica wischte sich mit der Hand über die tränenfeuchten Augen. Doch ihr fiel schnell ein, wie schmutzig ihre Finger waren und was sie berührt hatten.
    Aber wenn die Tränen erst mal flossen, dann gab es eben kein Halten mehr.
    Sie suchte in der Innentasche ihres Umhangs nach einem Taschentuch, fand stattdessen aber Banknoten und eine einzelne, goldene Zwanzig-Schilling-Münze. Wie war das Geld da nur hineingelangt? Angelica hatte irgendwie das Gefühl, dass Semjon es für den Fall einer weiteren Flucht von ihr dort hineingesteckt hatte. Er war sogar so klug gewesen, neben dem Papiergeld nur eine einzelne Münze dazuzugeben – denn die würde nicht klimpern.
    Angelica hoffte, sich am nächsten Tag anständig genug herrichten zu können, um die Scheine bei der herausgebenden Bank in Münzen wechseln zu können. Und bis dahin konnte sie die Zwanzig-Schilling-Münze als Zahlungsmittel verwenden.
    Sie sah sich in der Teestube um. Da die wenigen anderen Gäste nicht auf sie zu achten schienen, entrollte sie die Seiten, die sie aus dem Loch der Mauer mitgenommen hatte, auf ihrem Schoß.
    Für jeden ist etwas dabei, dachte sie stumpf und musste sich förmlich zwingen, die anzüglichen Anzeigen zu lesen, die auf dem vom Regen aufgequollenen Papier nur noch verschwommen zu erkennen waren. Ihr fiel auf, dass viele Bordelle in ein und derselben Gegend lagen und dass einige Etablissements ganze Straßenzüge übernommen hatten.
    Die Bordelle, die sich den unterschiedlichen Vergnügungen mit Peitschen, Reitgerten und Birkenruten verschrieben hatten, waren gar nicht weit von hier.
    Jedermann ist willkommen.
    Das konnte sie sich vorstellen. Angelica beendete ihr karges Mahl und bereitete sich innerlich auf die Suche vor.
    Dann machte sie sich hocherhobenen Hauptes auf den Weg durch

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