Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)
Spielarten beibrachte, bestanden die Frauen natürlich auch darauf, bezahlt zu werden. Und so wurde das Geld immer weniger.
Was seine Erstinvestition betraf, konnte Victor noch keinen Gewinn vorweisen. Sicher, als es um seine Stiefschwester ging, hatte er gezögert – da lag Sin durchaus richtig. Und er hatte seinen sprunghaften Partner auch nicht davon abgehalten, das sogenannte Rudel von St. James in die Sache mit hineinzuziehen.
Was die verborgenen, düsteren Geheimnisse anging, die den Klan und die Taruskins umgaben, so hatte Sin ihm nichts weiter verraten. Wahrscheinlich handelte es sich bei den Gerüchten nur um halbwahren Unsinn aus irgendwelchen Schauerdramen, die Sin einst als Schauspieler aufgeführt hatte. Theatralischer Unsinn, nichts weiter. Als er hinüber zu seinem Partner blickte, der vom Wein und dem Beefsteak schon ganz rot angelaufen war und zusammen mit Lucy über irgendetwas lauthals lachte, empfand Victor nichts weiter als Abscheu.
Plötzlich drang ein Geräusch aus dem Keller.
Das Leben von Semjon Taruskin und diesem schwächlichen Kerl, der zusammen mit ihm entführt worden war, musste mittlerweile an einem seidenen Faden hängen. Victor spürte tatsächlich so etwas wie Mitleid in sich aufsteigen, dass die beiden von Sin derart misshandelt wurden. Immerhin hatte er sich selbst schon von der Vorstellung verabschiedet, Semjon bei der bevorstehenden Sex-Scharade einzusetzen. Schließlich würde keine Frau besserer Herkunft sich von einem halbverhungerten, wahnsinnigen Gefangenen anfassen lassen.
«Fertig mit dem Knochen, Sin?», fragte er bissig. «Soll ich ihn die Kellertreppe runterwerfen? Ich glaube, die haben da unten heute noch nichts gegessen, oder?»
Sin rülpste und sah ihn geradezu beleidigt an. «Was? Jetzt erzähl mir nicht, dass du auf einmal eine mitleidige Ader hast. Was interessiert es dich, ob sie was zu essen bekommen haben?»
«Vergiss es.»
Sin gab Lucy einen Stupser unters Kinn. «Willst du nicht mal mit ihm runtergehen und ihm zeigen, was aus den beiden geworden ist?»
«Nein, Sir. Die Ehre überlasse ich Ihnen.»
Sin streckte sich und schob seinen Stuhl zurück. Dann nahm er den abgekauten Knochen und gestikulierte wild damit herum. «Ich hätte nicht gedacht, dass du dir deine schlanken Finger schmutzig machen willst, Vic.» Er erhob sich, stellte sich an den Rand der Kellertreppe und warf den Knochen hinunter.
Er prallte gegen eine Wand und fiel dann mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden, den man von oben nicht mehr sehen konnte. Victor schüttelte nur den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust, als Lucy Sin hinausfolgte.
Dann hörte er aus den Tiefen des Kellers ein sehr schwaches Heulen.
Einer oder auch beide mussten mittlerweile offensichtlich völlig dem Wahnsinn verfallen sein. Der Tod konnte jetzt nicht mehr weit sein.
[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel Sechzehn
Angelica unterdrückte ein Zurückschaudern, als sie das Kostüm sah, das man für sie bereitgelegt hatte. Es bestand aus nichts weiter als ein paar Schnüren, die an unaussprechlichen Stellen miteinander verbunden waren. Dazu gehörte ein Paar Stiefel, das fast zu hoch war, um darin zu laufen, und das mit jeweils hundert Knöpfen von hinten geschlossen wurde. Es gab auch noch eine fast elegante Maske, die ebenfalls mit Bändern versehen war, um sie eng vor das Gesicht zu binden und so ihre Augen zu betonen.
Das Kostüm war einfach geschmacklos. Nicht einmal bei ihren kürzlichen Ausflügen in die verderbte Unterwelt von Soho und ihren notwendigen Nachforschungen bezüglich der anrüchigen Anzeigen hatte sie so etwas gesehen.
Sofort fragte sich Angelica, wo sie das Kostüm tragen würde? Und wer würde sie darin sehen? Sie nahm jedenfalls stark an, dass die Antwort darauf sehr unerfreulich ausfallen würde.
Doch das kümmerte sie nicht. Semjon war zwar in dem stinkenden Keller angekettet und weder in der Lage, menschliche Form anzunehmen, noch einen Fluchtversuch zu starten, aber wenigstens würde er nicht sehen, wie man sie entehrte.
Angelica schwor sich, nur noch über das nachzugrübeln, was vielleicht helfen könnte, ihnen allen die Freiheit wiederzuschenken.
Unterdessen hörte sie, wie die Vorbereitungen für die Orgie unten immer lauter und hektischer wurden. Es würde sicher sehr viel getrunken werden.
Und was auch sonst noch geschehen sollte, allein der zu erwartende Alkoholkonsum der Gäste verbesserte ihre Chancen schon um einiges.
Angelica drehte sich um, als Lucy
Weitere Kostenlose Bücher