Die Leidenschaft des Cervantes
überredet, sich mir anzuschließen. Deshalb trage ich allein die Verantwortung.«
Arnaut Mamí und El Dorador berieten sich im Flüsterton. Dann deutete Mamí mit dem Mittelfinger auf Don Diego de Mendiola und Fernandito Caña. Zwei Wachen stießen die Gefangenen in eine Ecke des Raums, wo, wie ich jetzt sah, ein Folterinstrument aufgebaut war. Unseren beiden Männern wurden die Füße in eine Holzvorrichtung geklemmt, dann wurden sie mit einem Seil an den Knöcheln hochgezogen.
Don Fernando de Caña fiel auf die Knie. »Bitte, Eure Exzellenz, nehmt mich anstelle meines Sohnes. Ich flehe Euch an, Euer Gnaden. Wenn dem Jungen etwas zustößt, wird das seine Mutter umbringen.«
»Ruhe«, sagte Mamí leise. Er warf uns allen ein eisiges Lächeln zu und gab einem seiner Schergen ein Zeichen. Der Mann band Don Fernando ein Tuch um den Mund.
Ein Türke machte sich daran, mit einem Knüppel auf Don Diegos und Don Fernanditos Fußsohlen einzudreschen. »Wenn einer von euch auch nur einen Laut von sich gibt, lass ich euch die Zunge abschneiden«, sagte Mamí. Der Folterknecht prügelte unsere Männer, bis sich die Haut von ihren Sohlen löste und die Knochen zu sehen waren. Zum Glück hatten sie das Bewusstsein verloren. Oder waren sie tot?
Mit einer knappen Geste setzte Mamí dem Knüppeln ein Ende. Don Diego und Don Fernandito rann das Blut in Strömen aus den Füßen. »Wenn sie wieder die Augen aufmachen, lass sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen«, sagte er.
Don Fernando fiel zu Boden. Er lag auf der Seite, schlug in alle Richtungen aus, um sich von seinen Fesseln zu befreien. Tränen strömten ihm übers rote Gesicht.
Es war unerträglich zu sehen, wie er die Folterung seines jungen Sohnes verfolgen musste. Ich fühlte mich schuldig: Es wäre würdevoller gewesen, beim Widerstand gegen die Janitscharen zu sterben, als unser Leben auf diese Art zu beenden. Ich übergab mich so heftig, dass ich beinahe am eigenen Erbrochenen erstickt wäre.
Die zuschauenden Gefangenen begannen zu protestieren und in verschiedenen Sprachen zu beten. Mit vor Zorn verzerrtem Gesicht sagte Mamí zu ihnen: »Passt gut auf, ihr elendes Gesindel. Genau das passiert euch auch, wenn ihr dumm genug seid, fliehen zu wollen. Bringt sie zurück ins bagnio .«
Die Gefangenen wurden abgeführt, und für Mamí und El Dorador wurden Speisen aufgetragen. Scheinbar ohne uns zu bemerken, aßen und tranken sie und unterhielten sich dabei. Don Fernando lag noch immer auf dem Boden, die Augen geschlossen und so reglos, dass ich glaubte, er wäre tot. Die Hinojosa-Zwillinge und ich standen noch aufrecht. Die beiden Brüder schienen die Fähigkeit zu sprechen verloren zu haben. Sie zitterten, Schweiß rann an ihrem Körper hinab, Panik stand ihnen in den Augen.
Nachdem Mamí sich gesättigt und die Hände gewaschen hatte, deutete er auf Don Fernando und die Hinojosa-Brüder und sagte: »Werft sie in den Kerker. Zum Exempel werden sie öffentlich gepfählt. Aber den Krüppel lasst hier.«
Einer der Brüder verlor das Bewusstsein. Meine Knie zitterten so stark, dass ich glaubte, ich würde es ihm gleichtun. Einmal hatte ich auf einem Platz in Algier diese grausame Art des Hinrichtens miterlebt: Ein Gefangener wurde auf einen Stuhl gebunden, der an einer Kette vom Boden angehoben wurde. Dann wurde dem Mann bei lebendigem Leib eine spitze Lanze in den Anus eingeführt und immer weiter hineingeschoben, bis die Spitze seinen Schädel durchbohrte und blutrot zum Kopf hinausragte.
Als ich der einzig noch verbliebene Gefangene im Kreis von El Dorador, Mamí und seiner Bediensteten war, sagte der Schlächter zu mir: »Cervantes, kein Mann hat je versucht, mir mein Eigentum zu stehlen, und die Männer gehörten mir.« Zu einem seiner Schergen sagte er: »Sorg dafür, dass er zweitausend Peitschenhiebe bekommt.« Das bedeutete die Todesstrafe. Niemand konnte eine solche Tortur überleben. »Wenn er die bekommen hat, soll er – falls er dann noch lebt –, beschnitten und kastriert werden.« Damit erhob Mamí sich von seinem Diwan, trat zu mir und drückte mir die Spitze seines Rapiers gegen den Adamsapfel. Dann änderte er offenbar seine Meinung. »Der hier soll nicht sterben«, trug er seinen Männern auf. »Wer bereit ist, sein Leben um anderer Menschen willen aufs Spiel zu setzen, verdient meinen Respekt. Ich will, dass der Geist dieses Spaniers gebrochen wird.«
Ein Furcht einflößender Maure presste mir die Spitze seines Dolchs in den Rücken und
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