Die Lennox-Falle - Roman
schweren Karabinern mit Zielfernrohren, über Schachteln voll Handgranaten, Miniaturflammenwerfern, Garrotten, verschiedenen Pistolen und einem Sammelsurium von Dolchen - einige als Regenschirme oder Spazierstöcke getarnt. Das alles paßte exakt zu Drews Schilderung einer Gruppe von Nazikillern in Paris. Das war also ihr Schlupfwinkel gewesen.
»Nehmen Sie Pinzetten«, sagte Colonel Witkowski in französischer Sprache zu den Polizeibeamten und zeigte dabei auf ein
paar angekohlte Blätter auf dem Boden. »Besorgen Sie sich Glasplatten und legen Sie alles, was nicht völlig zerstört ist, dazwischen. Man kann nie wissen, was wir noch finden.«
Der uniformierte Lennox und Karin de Vries mit ihrer blonden Perücke tauchten jetzt auf. Sie bewegten sich vorsichtig zwischen den angekohlten Papierresten auf dem Boden. »Haben Sie schon was rausgekriegt?« fragte Drew.
»Nicht viel, aber das hier war ganz sicher ihr Einsatzzentrum, wer auch immer diese Leute waren.«
»Wer soll das denn sein außer den Männern, die uns gestern nacht angegriffen haben?« sagte Karin.
»Das glaube ich ja auch, aber wo sind sie hingegangen?« fragte Witkowski.
» Monsieur l’Américain «, rief ein anderer Beamter in Zivil und kam aus einem etwas abseits liegenden Raum gelaufen. »Schauen Sie, was ich gefunden habe. Es lag unter einem Kissen auf einem Stuhl im Wohnzimmer! Es ist ein Brief - der Anfang eines Briefs.«
»Lassen Sie sehen.« Der Colonel griff nach dem Blatt. »›Meine Liebste‹«, begann Witkowski und kniff die Augen zusammen. »Er ist auf deutsch geschrieben.«
»Geben Sie her«, sagte Karin de Vries ungeduldig. Dann übersetzte sie ins Englische. »›Meine Liebste, etwas Entsetzliches ist geschehen. Wir müssen alle sofort hier weg, damit unsere Sache keinen Schaden leidet und wir nicht alle wegen des Versagens anderer exekutiert werden. Niemand in Bonn darf es wissen, aber wir werden nach Südamerika fliegen, an einen Ort, wo man uns beschützen wird, bis wir zurückkehren und den Kampf wieder aufnehmen können. Ich verehre dich so … Ich muß jetzt Schluß machen, jemand kommt im Flur. Ich werde den Brief auf dem Flug -‹ … Hier hört es plötzlich auf.«
»Den Flughafen!« schrie Lennox. »Welchen? Welche Fluggesellschaften fliegen nach Südamerika? Wir können sie aufhalten!«
»Das können Sie vergessen«, sagte der Colonel. »Es ist jetzt zehn Uhr fünfzehn, und es gibt ein paar Dutzend Fluggesellschaften, deren Maschinen zwischen sieben und zehn abfliegen und in zwanzig oder dreißig Städten in Südamerika landen. Diese Flüge können wir jetzt nicht mehr erreichen. Aber ein Gutes hat das Ganze auch so. Unsere Killer haben Paris den
Rücken gekehrt, und ihre Kumpane in Bonn haben keine Ahnung. Solange nicht andere an ihre Stelle treten, haben wir ein wenig Luft.«
Gerhard Kröger war auf dem besten Wege, die Fassung zu verlieren. In den letzten sechs Stunden hatte er ein dutzendmal das Avignon-Lagerhaus angerufen und immer die richtigen Nummern benutzt und trotzdem jedesmal von einer Stimme in der Vermittlung erfahren, ›daß diese Nummern nicht erreichbar sind. Die Computer zeigen manuelle Abschaltung‹. Daran konnten all seine Proteste nichts ändern, das war offenkundig. Die Blitzkrieger hatten dichtgemacht. Warum? Was war passiert? Null Fünf, Paris, war so zuversichtlich gewesen: Fotos von Lennox’ Leiche würden ihm am Morgen übergeben werden. Wo waren die Blitzkrieger jetzt? Wo war Paris Fünf?
Er hatte keine andere Wahl: Er mußte mit Hans Traupmann in Nürnberg Verbindung aufnehmen. Irgend jemand mußte doch eine Erklärung haben!
»Es ist sehr unklug, mich hier anzurufen«, sagte Traupmann.
»Ich hatte keine Wahl. Das kannst du mir einfach nicht antun. Bonn kann mir das nicht antun! Ich habe Anweisung, meinen Patienten um jeden Preis ausfindig zu machen. Selbst wenn ich die sogenannten unvergleichlichen Fähigkeiten unserer Leute hier in Paris einsetzen muß -«
»Was willst du denn noch mehr?« warf der Arzt in Nürnberg mit arroganter Stimme ein.
»Irgendwas, womit ich weiterkomme! Die Art und Weise, wie man mich hier behandelt hat, ist unerhört, ein Versprechen nach dem anderen und nichts dahinter. Und jetzt sind unsere Leute hier nicht mal mehr erreichbar!«
Es vergingen ein paar Sekunden, ehe Traupmann antwortete. »Wenn das stimmt, was du sagst«, erklärte er mit leiser Stimme, »dann ist das höchst beunruhigend. Ich nehme an, du bist im Hotel.«
»Ja, das ist
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