Die Lennox-Falle - Roman
abholt.«
»Das geht nicht, Stosh.«
»Warum nicht?«
»Weil er einer von denen sein könnte.«
In Washington war es Mitternacht; Wesley Sorenson studierte das Material, das Knox Talbot ihm aus dem CIA-Archiv geschickt hatte. Seit Stunden studierte er jetzt die Dossiers, alle einundfünfzig, suchte nach jener einen bedeutsamen Information, die einen Verdächtigen von all den anderen abheben würde. Claude Moreaus hektischer Anruf aus Paris, in dem er sich über Lennox’ empörendes Verhalten beklagt hatte, hatte ihn kurz aus seiner Konzentration gerissen.
»Vielleicht ist er irgend etwas auf der Spur, Claude«, versuchte Wesley ihn zu beschwichtigen.
»Dann hätte er es uns sagen und nicht auf eigene Faust handeln sollen. Ich dulde so etwas nicht!«
»Geben Sie ihm Zeit -«
»Unter gar keinen Umständen! Er wird aus Paris verschwinden, aus Frankreich!«
»Ich will sehen, was ich machen kann.«
»Die Würfel sind gefallen, mon ami .«
Später, nach einem Gespräch mit dem ebenso wütenden Witkowski, hatte Moreau um fünf Uhr morgens nach Pariser Zeit zurückgerufen. Die Wolken am Horizont begannen sich zu verflüchtigen. Drew hatte einen Führer der Neonazis in Gestalt eines protestantischen Priesters geliefert.
»Ich muß zugeben, irgendwie rechtfertigt er seine Existenz doch«, hatte der Franzose gesagt.
»Dann wollen Sie ihm also noch eine Chance geben?«
»Ja, aber an der kurzen Leine, Wesley.«
Der Cons-Op-Chef wandte sich wieder den ausgewählten Personen aus den CIA-Listen zu und fuhr fort, nicht in Frage kommende Namen zu eliminieren, wie das vorher auch Knox schon getan hatte. Er ließ sich dabei von den Prinzipien Motiv und Gelegenheit lenken und suchte außerdem nach etwas, was er als »neutrales Gesicht« bezeichnete, also Physiognomien ohne charakteristische Besonderheiten, wie sie von Karikaturisten gern betont werden. Von den drei Männern, die schließlich übrig blieben, bekleidete keiner eine besonders einflußreiche Position und war auch sonst nicht irgendwie prominent. Jeder hatte jedoch Zugang zu Ermittlern, und schließlich konnte man von jedem sagen, daß er deutlich über seine erkennbaren Verhältnisse lebte.
Peter Mason Payne. Rekrutierungsbeauftragter. Verheiratet, zwei Kinder; Bewohner eines 400 000-Dollar-Hauses in Vienna, Virginia, dem er erst kürzlich ein Schwimmbecken hinzugefügt hatte, Kosten schätzungsweise 60 000 Dollar. Automobile: Cadillac Brougham und Range Rover.
Bruce N. M. I. Withers. Sachbearbeiter in der Materialwirtschaft, geschieden, eine Tochter, eingeschränkte Besuchsrechte. Ex-Frau wohnhaft an der Ostküste Marylands, Wert des Hauses: 600 000 Dollar, angeblich von ihren Eltern gekauft. Wohnung des Subjekts: Eigentumswohnung in Fairfax. Automobil: Jaguar XJ6.
Roland Vasquez-Ramirez. Ermittler der Klasse C und Koordinator, wovon es, die zwei darüberliegenden Hierarchiestufen eingeschlossen, vier gab. Verheiratet, keine Kinder. Wohnhaft in teurer Apartmentanlage in Arlington. Ehefrau: Anwältin im Justizministerium auf unterster Stufe. Besuchen häufig teure
Restaurants, tragen Maßkleidung. Automobile: Porsche und Lexus.
Das waren die wesentlichen Fakten, überwiegend vermutlich ohne Relevanz, bis man die speziellen Beziehungen zwischen den Dienststellen näher unter die Lupe nahm. Peter Mason Payne hatte den Auftrag, nach speziellen Vorgaben Mitarbeiter zu rekrutieren. Er mußte deshalb notgedrungen die verschiedenen Abteilungen befragen und hatte so ganz legitim das Recht, ja sogar die Aufgabe, sich nach konkreten Beispielen für Aufgabenstellungen zu erkundigen, um sich ein klareres Bild zu verschaffen. Bruce Withers Aufgabe bestand darin, Beschaffungsausgaben für Büroeinrichtung, darunter auch komplexe elektronische Anlagen, zu bewilligen. Er mußte daher gewisse Maschinen selbst in Augenschein nehmen, sie teilweise sogar bedienen, um dann einen Vorgesetzten dazu zu veranlassen, umfangreiche Bestellungen vorzunehmen. Roland Vasquez-Ramirez koordinierte den Informationsfluß zwischen drei Ebenen von Rechercheuren. Zwar wurde in diesem Bereich unter außergewöhnlich einengenden Sicherheitsvorschriften mit verschlossenen Umschlägen und dergleichen gearbeitet, und jemand, der diese Vorschriften verletzte, würde nicht nur seinen Job verlieren, sondern wahrscheinlich auch unter Anklage gestellt werden. Dennoch würden jene Einschränkungen, die häufig im Interesse der Zweckmäßigkeit verletzt wurden, einen Staatsfeind nicht abhalten
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