Die Lennox-Falle - Roman
nicht nur einen, sondern bitte sogar darum.«
»Nicht nötig«, sagte de Vries mit einem leichten Lächeln und trat an eine verspiegelte Bar. »Freddie hat mir beigebracht, immer vier Getränke bereitzuhalten«, fuhr sie fort und nahm den Deckel von einem Eiskübel, entnahm ihm eine Flasche und schenkte ein. »Rotwein bei Zimmertemperatur, Weißwein gekühlt, zwei Flaschen, eine fruchtig, der andere trocken, beide von guter Qualität - und Scotch für die Engländer und Bourbon für die Amerikaner.«
»Und für die Deutschen?«
»Bier, und die Qualität spielt keine Rolle, weil er immer sagte, die trinken alles. Aber wie ich schon sagte, er war nicht gerade ein toleranter Mensch.«
»Er muß doch auch andere Deutsche gekannt haben.«
»Natürlich. Er hat immer gesagt, daß sie einen Fetisch daraus machen, die Engländer nachzuahmen. ›Whisky‹ - womit sie Scotch meinen - ohne Eis, und obwohl sie lieber Eis hätten, geben sie es nicht zu.« Sie brachte Drew sein Glas und sagte, indem sie auf einen Sessel deutete: »Bitte setzen Sie sich, Monsieur Lennox, wir haben einiges miteinander zu besprechen.«
»So pflege eigentlich ich Gespräche zu eröffnen«, sagte Drew und ließ sich auf einen bequemen Ledersessel gegenüber der hellgrünen samtbezogenen Couch nieder, auf der Karin de Vries Platz genommen hatte. »Und Sie trinken nicht mit?« fragte er und hob sein Glas ein wenig an.
»Später vielleicht - wenn es ein Später gibt.«
»Sie geben sich aber sehr rätselhaft, Lady.«
»Von Ihrem Standpunkt aus muß das wohl so aussehen. Aber aus meiner Sicht bin ich die Unkompliziertheit selbst. Sie sind das Rätsel. Sie und die amerikanischen Geheimdienste.«
»Ich glaube, das müssen Sie mir näher erklären, Mrs. de Vries.«
»Natürlich, das will ich auch. Sie schicken einen Mann hinaus, einen ungewöhnlich talentierten Agenten, der fließend fünf oder sechs Sprachen spricht und halten seine Existenz hier in Europa so geheim, daß er überhaupt keinen Schutz hat, ohne jemanden als Führungsoffizier, weil niemand über die Vollmachten, geschweige denn die Position verfügt, um ihm irgendwelche Anweisungen zu erteilen.«
»Harry hätte jederzeit aussteigen können«, widersprach Lennox. »Er ist in ganz Europa und dem Nahen Osten umhergereist und hätte überall aussteigen können. Er hätte bloß den Telefonhörer abzunehmen, Washington anzurufen und zu sagen brauchen ›Schluß damit, ich mag nicht mehr.‹ Er wäre nicht der erste Agent in seiner Position gewesen, der so etwas macht.«
»Dann kennen Sie Ihren eigenen Bruder nicht.«
»Was wollen Sie damit sagen? Herrgott, ich bin schließlich mit ihm aufgewachsen.«
»Beruflich?«
»Nein, das nicht. Wir waren in unterschiedlichen Bereichen tätig.«
»Dann haben Sie also wirklich keine Ahnung, was für ein Bluthund er ist.«
»Ein Bluthund …?«
»Ebenso fanatisch wie die Fanatiker, auf die er Jagd gemacht hat.«
»Er mochte keine Nazis, aber wer mag die schon?«
»Darauf will ich nicht hinaus, Monsieur. Als Harry als Führungsoffizier tätig war, verfügte er in Ostdeutschland über Mittel, wurde von den Amerikanern bezahlt und erhielt von ihnen seine Informationen, auf denen wiederum seine Befehle an seine Leute basierten, Leute, wie mein Mann einer war. Aber dieses letzte Mal war Ihr Bruder ganz allein, und verfügte nicht über derartige Mittel.«
»Das mußte er. Das lag an seiner besonderen Mission - er mußte da völlig isoliert auftreten. Es durfte unter keinen Umständen irgendwelche Spuren geben. Selbst ich kannte seinen Decknamen nicht. Noch einmal - worauf wollen Sie hinaus?«
»Harry hatte hier keine Verbindungen, aber der Feind hat Verbindungen in Washington.«
»Was zum Teufel soll das jetzt wieder heißen?«
»Sie haben ganz richtig angenommen, daß ich über den Auftrag Ihres Bruders informiert war. Übrigens sein Deckname lautete Lassiter, Alexander Lassiter.«
» Was? « Lennox schoß förmlich nach vorne. »Wo haben Sie das her?«
»Da nicht einmal Sie seinen Decknamen kannten, woher wohl? Vom Feind natürlich. Einem Mitglied der Bruderschaft - so nennen die sich.«
»Das wird jetzt äußerst delikat, Lady. Haben Sie vielleicht noch eine Erklärung.«
»Nur teilweise. Solche Dinge müssen Sie einfach glauben.«
»Ich glaube gar nichts. Ganz besonders jetzt nicht. Also fangen wir einmal an, auch wenn Sie mir nur bruchstückhafte Informationen geben können. Und dann sage ich Ihnen, ob Sie immer noch einen Job haben
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