Die Lennox-Falle - Roman
noch leichter zu erwischen.«
»Aber die haben im Lauf von zwei Tagen dreimal versucht, Sie zu töten! Sie können nicht hierbleiben, die kennen Sie.«
»In Washington kennen sie mich noch besser. Unter Umständen bekäme ich dort sogar ein Empfangskomitee, auf das ich lieber verzichten würde. Außerdem wird Harry mich anrufen, und ich muß ihn sehen und mit ihm sprechen. Das muß ich einfach.«
»Haben Sie seinetwegen das Telefon hier?« Drew nickte.
Ein Kellner trat an den Tisch, und de Vries bestellte sich ein Glas Chardonnay. Der Mann mit der langen, weißen Schürze nickte und wollte schon gehen, als ihm Lennox das Telefon hinhielt.
»Nein, noch nicht«, sagte Karin und schob Drews ausgestreckten Arm zurück. Der Kellner zuckte die Achseln und ging.
»Entschuldigen Sie, aber Sie haben vielleicht ein oder zwei Probleme übersehen.«
»Das ist durchaus möglich. Wie Sie schon sagten, man hat in weniger als zwei Tagen dreimal auf mich geschossen. Nur zu Ihrer Information, meine Automatik liegt auf meinem Schoß und wenn ich mich hin und wieder im Lokal umsehe, dann deshalb, weil ich bereit bin, sie jederzeit zu benutzen. Was wollten Sie sagen?«
»Wo wird Harry Sie anrufen?«
»In meinem Büro oder im Meurice.«
»Ich behaupte, daß es ziemlich unklug von Ihnen wäre, dorthin zurückzukehren. Ich meine, beide Orte.«
»Damit könnten Sie fast recht haben.«
»Streichen Sie das ›fast‹. Ich habe recht, und Sie wissen das auch ganz genau.«
»Na gut, ich geb’s ja zu«, sagte Lennox widerstrebend. »Auf den Straßen sind zuviele Leute unterwegs, und jemand könnte mit einer Waffe direkt neben mir sein, und ich würde es nicht einmal merken. Und wenn die die CIA infiltriert haben, dann ist die Botschaft im Vergleich dazu ein Kinderspiel. Abgesehen davon hat mein Boß in Washington ein Problem, neben dem meine verblassen.«
»Können Sie mir sagen, was das für ein Problem ist?«
»Leider nein.«
Karin de Vries lehnte sich auf ihrer gepolsterten Bank zurück und hob ihr Weinglas an die Lippen. »Sie vertrauen mir immer noch nicht, nicht wahr?« fragte sie leise.
»Wir reden hier von meinem Leben, Lady, und von einem Krebsgeschwür, das sich mit rasender Geschwindigkeit ausbreitet und mir eine panische Angst einjagt. Es sollte der ganzen zivilisierten Welt panische Angst einjagen.«
»Sie sagen das aus der Distanz, Drew. Ich spreche aus der Nähe.«
»Das ist Krieg!« flüsterte Lennox mit rauher Stimme und seine Augen brannten wie Feuer. »Kommen Sie mir nicht mit abstrakten Begriffen!«
»Ich habe in diesem Krieg meinen Mann verloren!« sagte Karin und beugte sich ruckartig nach vorne. »Was wollen Sie denn
sonst noch von mir? Was verlangen Sie denn noch, um mir zu vertrauen?«
»Warum sind Sie denn so scharf darauf?«
»Aus dem allereinfachsten Grund, den es gibt, und das habe ich Ihnen gestern abend erklärt. Ich habe mit ansehen müssen, wie ein wunderbarer Mann von einem Haß aufgefressen wurde, den er nicht mehr unter Kontrolle bekam. Ich habe das monatelang, ja jahrelang nicht begriffen, bis ich endlich soweit war. Er hatte recht! Über Deutschland hat sich eine stinkende Wolke des Schreckens zusammengebraut, mehr im Osten als im Westen übrigens - ›ein böser Monolith im Austausch für den anderen; die lechzen förmlich nach fanatischen Führern, deren die Stimme sich überschlägt, weil sie sich nie ändern‹, so hat Freddie es ausgedrückt. Und er hatte recht!« In Karin de Vries’ Augen standen jetzt die Tränen, und ihre Stimme wurde leiser. »Man hat ihn gefoltert und schließlich getötet, weil er die Wahrheit entdeckt hatte«, schloß sie mit monotoner Stimme.
Die Wahrheit entdeckt . Drew musterte die Frau, die ihm gegenübersaß und erinnerte sich daran, welches Hochgefühl ihn erfüllte, als er die Wahrheit über Villiers Vater, den alten Jodelle, herausgefunden hatte, und dann an die Angst, die seine Begeisterung verdrängt hatte, eben weil es die Wahrheit war. Die Parallelen zwischen ihm und Karins Reaktion auf diese Erkenntnisse waren nicht zu übersehen. Die Wut und der Zorn, die sie beide erfüllten, waren zu echt.
»Also gut«, sagte Lennox und legte kurz die linke Hand auf ihre beiden zu Fäusten geballten Hände. »Ich werde Ihnen alles sagen, was ich kann, ohne konkrete Namen zu nennen, und die kommen vielleicht später … je nach den Umständen.«
»Das kann ich akzeptieren.«
Drews Blick wanderte wieder einmal durch das ganze Lokal über die Tische rings um
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