Die Lennox-Falle - Roman
tun, die innerhalb der nächsten Stunde konvergieren. Sagen Sie Bonn, Null Eins, Paris, habe sein gesamtes Personal eingesetzt, um beide Abläufe unter Kontrolle zu halten, könne aber nicht gleichzeitig an zwei Orten sein. Deshalb habe er sich dafür entschieden, das größere Risiko einzugehen. Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann. Behalten Sie mich in guter Erinnerung, falls ich nicht überlebe. Ich muß jetzt gehen.«
»Ja … ja, natürlich.«
Der junge Neonazi knallte den Hörer auf die Gabel. Ganz gleich was geschah, er war abgesichert. Er würde sich ein gemächliches Abendessen im Au Coin de la Famille leisten und dann gemütlich zu dem Springbrunnen im Bois de Boulogne schlendern, nutzlose Aufnahmen machen, in das Avignon-Lagerhaus zurückkehren und nehmen, was kam. Entweder Lob, weil die Mission gelungen war, oder den Tod zweier Blitzkrieger, die wegen Unfähigkeit exekutiert werden würden.
Er glaubte mit ganzem Herzen daran.
Drew schlenderte um die von Scheinwerfern angestrahlten, schimmernden Fontänen der Springbrunnen im Bois de Boulogne und hielt nach einem Gesicht Ausschau, das er kannte. Er
war kurz vor halb neun eingetroffen, und jetzt war es beinahe neun Uhr, und er hatte immer noch niemanden gesehen, den er kannte, und es hatte ihn auch niemand angesprochen. Lennox sah auf die Uhr; inzwischen war es 21.03 Uhr. Er würde noch einmal eine Runde um die Springbrunnen drehen und dann zum Maison Rouge zurückkehren.
» Américain! « Als er den Ruf hörte, fuhr er herum. Es war Karin. Sie trug eine blonde Perücke, und ihre rechte Hand war verbunden. »Gehen Sie nach links, schnell, als ob ich Sie angerempelt hätte. Da ist ein Mann rechts von Ihnen, der Fotos macht. Wir treffen uns auf dem Nordweg.«
Lennox war erleichtert, daß sie da war, und zugleich beunruhigt über das, was sie gesagt hatte. Er schlenderte locker weiter wie all die anderen abendlichen Spaziergänger auch, bis er ganz zu seiner Rechten den mit Platten belegten Weg erreichte. Dort bog er ab und ging weitere zehn bis zwölf Meter unter dem Blätterdach der Bäume weiter und blieb dann stehen. Zwei Minuten später kam Karin … sie fielen sich in die Arme und hielten einander umarmt, nicht lange, aber lang genug.
»Tut mir leid«, sagte de Vries und schob ihn sachte von sich und strich sich dann mit der verbundenen rechten Hand ziemlich unmotiviert über ihre blonde Perücke.
»Mir nicht«, fiel Drew ihr lächelnd ins Wort. »Ich glaube, das habe ich mir jetzt schon seit ein paar Tagen gewünscht.«
»Was?«
»Sie im Arm zu halten.«
»Ich war einfach froh, Sie gesund und munter zu sehen.«
»Das bin ich auch.«
»Das ist schön.«
»Es war auch schön, Sie im Arm zu halten.« Lennox lachte leise. »Schauen Sie, Lady, das haben Sie mir in den Kopf gesetzt. Sie haben doch gesagt, Sie würden in der Botschaft den Vorwand gebrauchen, daß Sie mich attraktiv fänden, und so weiter.«
»Ja, schon, aber das war tatsächlich ein Vorwand, eine strategische Maßnahme.«
»Jetzt kommen Sie schon, ich bin schließlich nicht der Glöckner von Notre Dame, oder?«
»Nein, Sie sind ein ziemlich gutgebauter, nicht unansehnlicher Bursche, den ganz bestimmt viele Frauen recht attraktiv finden.«
»Aber Sie nicht?«
»Ich habe andere Sorgen.«
»Sie meinen, ich bin nicht Freddie, der Unvergleichliche.«
»Niemand könnte Freddie sein, nicht im guten und nicht im bösen.«
»Heißt das, ich bin immer noch im Rennen?«
»In welchem Rennen?«
»In dem Rennen um Ihre Zuneigung vielleicht, so knapp und kurz die auch bemessen sein mag.«
»Reden Sie davon, daß Sie mit mir schlafen wollen?«
»Ach was, das hat Zeit, Lady. Vergessen Sie nicht, ich bin ein Amerikaner aus New England. Das hat viel Zeit.«
»Und ein Schwindler sind Sie auch.«
»Was?«
»Und dann sind Sie auch ein brutaler Mann, der andere Männer bei Eishockeyspielen umhaut. Oh ja, das habe ich gehört. Harry hat es mir gesagt.«
»Nur wenn Sie mir im Weg waren. Nie mutwillig.«
»Und wer hat das entschieden?«
»Ich wahrscheinlich.«
»Da haben Sie’s. Sie sind ein streitsüchtiges Individuum.«
»Was zum Teufel soll das jetzt wieder bedeuten?«
»Aber im Augenblick bin ich dankbar, daß Sie so sind.«
»Was?«
»Der Mann mit der Kamera auf der anderen Seite dieses Springbrunnens.«
»Was ist denn mit ihm? Viele Leute machen nachts in Paris Fotos. Toulouse-Lautrec hat hier gemalt, heute machen alle Fotos.«
»Nein, er ist ein Neonazi, das spüre
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