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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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würden auch Ranulfs Zweifel und seine
Neigung zur Gewalttätigkeit größer werden.
    Wildes
Geschrei klang draußen auf. Ranulf versuchte, Graf Robert in seiner
unnachahmlichen Art niederzubrüllen, und versagte. Da Gloucester das
Heer seiner Schwester befehligte, konnte er auf seinem Recht bestehen,
den Gefangenen in seine eigene Obhut zu nehmen, ehe dieser an den
Folgen von Chesters Gastfreundschaft starb.
    Olwen
hörte, wie Ranulfs Stimme vor Wut fast erstickte. In dieser Nacht würde
er sich nicht besänftigen lassen. Ihre Oberarme zeigten immer noch die
bläulichen und gelben Flecken, die er ihr vor zwei Tagen zugefügt
hatte. Mit Renard war es ein Spiel gewesen. Wenn er ihr weh getan
hatte, dann mit ihrer Zustimmung, in heißer, hemmungsloser
Leidenschaft. Ranulf hingegen verletzte sie absichtlich, zu seiner
eigenen Befriedigung. Seine politische Macht verlor sehr schnell die
aphrodisische Wirkung, die ihn anfangs so attraktiv gemacht hatte. Nun
begann sie, ihn zu verabscheuen.
    Sie erhob sich, ging
zum Zelteingang und starrte hinaus. Die Hände in die Hüften gestemmt,
das Gesicht vor Zorn verzerrt, starrte Ranulf auf den bewußtlosen, in
einen Umhang gewickelten Mann, den zwei Wachtposten über den Sattel
eines hübschen braunen Hengstes warfen. »Das Pferd gehört mir«, stieß
er hervor. »Und das Lösegeld auch. Mag er dein Neffe sein oder
nicht â€“ das mußt du mir zugestehen, ehe du ihn wegbringst!«
    Olwen
sah, wie sich Gloucesters Lippen zusammenpreßten. »Niemals hätte ich
dir Mathilda zur Frau geben dürfen. Manchmal glaube ich, du bist zu
allem fähig.«
    Ranulf spuckte auf den Boden. »Das bin
ich, teurer Schwiegervater«, höhnte er. »Also nimm dich in acht und
tritt mir nicht zu fest auf die Zehen.«
    Graf Robert riß
an den Zügeln und rammte die Fersen in die Flanken seines Streitrosses.
Olwen schaute ihm kurz nach, dann musterte sie den reglosen jungen
Mann, der über dem Rücken des Braunen lag. Blut klebte in seinem
blonden Haar und floß in roten, vom Schneeregen verwässerten Rinnsalen
über seine schlaffen Züge. Sein Neffe, hatte Gloucester gesagt. Auch
Renard war Gloucesters Neffe, also mußte der Gefangene sein Vetter oder
sein Bruder sein. Sollte sie Ranulf danach fragen? Nach einem Blick in
sein Gesicht beschloß sie, das auf später zu verschieben.
    Jenseits des Flusses begannen die Kirchenglocken zu läuten.

Z WEIUNDZWANZIGSTES K APITEL
    Auf
dem Schlachtfeld im Westen der Stadt standen sich die beiden Heere
gegenüber. Der König hatte den Rat vieler seiner Kronvasallen mißachtet
und war den Hang herabgestiegen, um den Rebellen zu begegnen, statt
sich belagern zu lassen. Kampfeslustig wollte er es mit Robert von
Gloucester und dem verräterischen Grafen Chester aufnehmen.
    Zunächst
wurden auf beiden Seiten Reden gehalten. Gloucester verunglimpfte alle
ranghöchsten Kronvasallen, bis auf Renard, mit dem er etwas sanfter ins
Gericht ging. Er bezeichnete ihn nur als kurzsichtigen Narren und
behauptete, es sei eine göttliche Gnade, daß der alte Guyon nun im Grab
liege und das Fehlverhalten seines Sohnes nicht mehr mit ansehen müsse.
    Renard
hörte zu und starrte ausdruckslos über die winterliche Weidefläche
hinweg â€“ trübes Grün unter bleigrauen Wolken â€“ auf die
feindliche Armee. Er stand im Zentrum der Abteilung, die den König
schützte, zusammen mit Baldwin FitzGilbert, Ingelram von Say, Richard
FitzUrse und Ilbert de Lacey, einem entfernten Verwandten von Adam.
Dieser selbst war zwar von der Feudalpflicht gezwungen worden, nach
Lincoln zu kommen, beabsichtigte aber nicht, gegen die Rebellen zu
kämpfen, denen seine Sympathie gehörte. Er hatte eine Fieberkrankheit
vorgetäuscht und war in der Stadt geblieben, um das königliche Lager
für den Notfall eines schnellen Rückzugs vorzubereiten. Stephen war
verärgert gewesen, hatte aber einen gewissen Sinn in Adams Vorschlag
gesehen. Natürlich erriet er die Hintergründe der Fieberkrankheit, ließ
es aber dabei bewenden. Besser ein halber Mann als gar keiner.
    Neben
Renard wischte sich Ancelin nervös mit dem Handrücken über den
Schnurrbart und beobachtete die walisischen Aufgebote, die an den
feindlichen Flanken grölten und beinahe überschrien, was Gloucester
über den König sagte. »Glaubt Ihr, Lord William ist bei dieser Bande,
Graf

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