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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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die
Prophezeiung des Schicksals.
    Graf Ranulfs Einheit griff
zielstrebig die Fußsoldaten an, die den König umringten. Ohne den
Schutz der Kavallerie an den Flanken waren sie unweigerlich verloren.
Stephen kämpfte wie ein Besessener, und die Wut der Verzweiflung
verlieh ihm dreifache Kräfte. Keiner kam an ihn heran.
    Renard,
der ihn abschirmte, fühlte keine Kraft in sich â€“ nur Verzweiflung.
Jung und behende, in einer erstklassigen Rüstung, war er bisher
ernsthaften Verletzungen entronnen. Doch der Schmerz in seiner
überbeanspruchten rechten Schulter schoß bis in seine Hand hinab, die
den blutigen Schwertgriff umklammerte. Seine Lungen drohten zu bersten.
Er sprang über eine Klinge hinweg, die auf seine Knie zielte, umging
die Deckung des Gegners und streckte ihn nieder. Neben ihm grunzte
Ancelin vor Anstrengung, während er die Streitaxt schwang. Beide zogen
sich keuchend zurück, Schulter an Schulter. Nur für einen kurzen
Blickwechsel blieb Zeit, für die gemeinsame Erkenntnis, daß sie nie
zuvor in einer so wilden Schlacht gekämpft hatten. Dann wurden sie von
einer neuen Angriffswelle überrollt. Sie galt dem König, von Graf
Chester persönlich angeführt.
    In rascher Folge tötete
Ancelin drei Männer und brach unter dem vierten zusammen, ehe er die
Axt noch einmal heben konnte. Renard beging den Fehler, den Namen
seines Schildknappen zu rufen und auf ihn zuzueilen, um ihm
beizustehen. Eine Keule traf seinen Kopf, mit gewaltiger Wucht, die der
Helm nur teilweise abfing. Seine Knie knickten ein, er wurde erneut
geschlagen, und die Welt färbte sich schwarz.
    Die
Dunkelheit umhüllte ihn auch noch, als er zu sich kam, bestand aber
nicht aus dem Nachthimmel, sondern aus kahlem Gestein im Verlies der
Festung Lincoln. Jeder Herzschlag jagte dröhnende Schmerzen durch
seinen Schädel. Seine Wange lag auf staubigem Stroh, leise Geräusche
drangen in sein Bewußtsein â€“ Rascheln und Stöhnen, flüsternde
Stimmen, irgend jemand übergab sich. Das Dunkel war nicht so
undurchdringlich, wie er zunächst geglaubt hatte. Durch ein schmales
vergittertes Fenster drang ein nachtblauer Schimmer herein. Kaum ein
Hoffnungsstrahl, aber immerhin tröstlich.
    Hinter ihm
zitterte jemand und ächzte wie im Fieber. Renard hob den Kopf, ließ ihn
aber sofort wieder fluchend sinken, weil ihm der stechende Schmerz das
Denkvermögen raubte. Reglos lag er da, bis die schlimmsten Schmerzen
nachließen. Seine Rüstung war verschwunden, er trug nur Hemd und Hose.
Brennender Durst gesellte sich zu den anderen Unannehmlichkeiten,
während ihm seine Situation allmählich zu Bewußtsein kam. Er wußte, daß
er eingesperrt war, vermutlich in der Festung, erinnerte sich aber
nicht, wem er das verdankte. Die Angst davor sich aufzusetzen,
verdrängte die Sehnsucht nach Wasser, und er schloß wieder die Augen.
    Als
er sie das nächstemal öffnete, hatte sich der Fensterschlitz zu
regnerischem Grau erhellt. Sein Schädel dröhnte immer noch, als wollte
er bersten, und der Durst ließ sich nicht länger ignorieren. Vorsichtig
wandte er sich zur Seite. Ein Mann starrte ihn mit glasigen Augen an,
getrocknetes Blut befleckte seine Mundwinkel. In dem Toten erkannte
Renard einen von Stephens Schildknappen.
    Ganz langsam
setzte er sich auf. Die Zelle schwankte vor seinen Augen und erweckte
den Eindruck, er befände sich unter Wasser. Bunte Blitze schwammen von
den Rändern seines Blickfelds heran wie exotische Fische, die ihn zu
verschlingen drohten. »Großer Gott!« keuchte er, legte eine Hand über
die Lider und berührte eine Beule mit verkrustetem Blut.
    Â»Willkommen
in der Hölle!« krächzte Ingelram von Say und schleppte sich über die
Strohmatten an Renards Seite. »Ich weiß nicht, was schlimmer
aussieht â€“ mein Bein oder Euer Gesicht.«
    Renard betrachtete den blutgetränkten Verband an Ingelrams rechtem Bein.
    Â»Die
Kniescheibe ist zerschmettert. Nie wieder werde ich als Fußsoldat
kämpfen, dem Himmel oder dem Teufel sei Dank!« Er versuchte zu lachen,
aber es klang gepreßt. »Und was ist mit Euch geschehen?«
    Â»Das
weiß ich nicht. Ich sah Ancelin fallen und versuchte, ihm zu helfen.
Dabei wurde ich vermutlich von der Seite her niedergeschlagen.«
    Â»Jedenfalls
werdet Ihr mit diesem Gesicht fürs erste keine Frauen mehr betören.«
Bedrückt schaute sich Ingelram

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