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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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eigene, untadelig brennende Kerze und
verneigte sich. Dann ließ er sich von einem Kaplan des Bischofs eine
neue geben.
    Stephen holte tief Atem. Die Linien
zwischen seinen Nasenflügeln und Mundwinkeln hatten sich tiefer
eingegraben, doch das war vielleicht eine Sinnestäuschung, durch das
flackernde Licht hervorgerufen. Seine Finger, die sich um die Kerze
schlossen, zitterten nicht, trotz des roten Streifens, über dem eine
schimmernde Schicht aus getrocknetem Wachs lag.
    Im
Verhalten des Bischofs konnte man keinen Unterschied feststellen, doch
das war kein Trost, da er stets wie ein verängstigter Hase aussah.
Immerhin setzte er den Gottesdienst problemlos fort, und die nervösen
Männer entspannten sich ein wenig.
    Es mochte ein Unfall
oder absichtlich herbeigeführt worden sein, und Renard neigte dazu,
letzteres zu glauben. Eine der vergoldeten Silberketten, an denen der
Hostienkelch über dem Altar hing, zerriß. Krachend stürzte das schwere
Gefäß herab. Der geweihte Wein spritzte ins Gesicht des Königs und
befleckte den Bischofsornat.
    Auch ein vergoldeter
Kerzenhalter fiel um, und der bestickte Teil des Altartuchs fing Feuer.
Renard löschte seine eigene Kerze und rannte nach vorn, um die Flammen
zu ersticken, ehe sie größeren Schaden anrichten konnten. Er glaubte
bereits, die Gerüchte zu hören, die aus der Kirche dringen
würden â€“ beim Gottesdienst habe sich direkt unter den Füßen des
Königs der Höllenschlund geöffnet.
    Der Gestank
verbrannten Leinens verdrängte den Weihrauchduft. Der Kelch war stark
verbeult, die Hostien übersäten den Boden wie riesige Schneeflocken.
Wäre es heller im Kirchenschiff gewesen, hätte man Stephens Blässe
deutlich gesehen. Aber abgesehen von seiner Brust, die sich etwas
schneller hob und senkte, ließ er keine Bestürzung erkennen. Das konnte
er sich auch nicht leisten. Außerdem war seine Tapferkeit berühmt, was
sogar seine Feinde anerkannten.
    Renard stellte den
Kerzenhalter auf und verließ den Altar. Besorgt beugte sich der Bischof
über den Hostienkelch, wie eine Mutter über ihr schwerverletztes Kind.
Zweifellos würde er vom König eine Entschädigung verlangen.
    Mit
einem Seitenblick auf Renard murmelte Alan von Richmond, hinter seinen
dichten schwarzen Schnurrbart verschanzt: »Wenigstens sind wir in einer
Kirche â€“ genau am richtigen Ort, um für unser Leben zu beten.«
    Â»Oder um Zuflucht zu suchen?« fragte Renard.
    Schnell,
brutal und erfolgreich griffen die Rebellen die bewachte Furt an. Die
Truppe bestand aus Abenteurern, Söldnern und jenen verbitterten
Enteigneten, die nichts zu verlieren und alles zu gewinnen hatten.
Harry wurde der Tod im Flußwasser erspart, den die gemeinen Soldaten
erlitten. Denn jemand hatte entschieden, seine Kleidung wäre kostbar
genug, um Lösegeld für ihn zu verlangen. Außerdem brauchten die
Anführer der Rebellen Informationen. Also wurde er bewußtlos
geschlagen, entwaffnet und davongeschleppt. Wenn sein Schädel zuvor vom
reichlichen Alkoholgenuß gedröhnt hatte, so glaubte er nun, als er die
Augen öffnete, sein Gehirn wäre aus dem Kopf gespritzt. Er fühlte sich
so elend, daß er sich nicht zu rühren wagte, obwohl es ihn drängte,
sich zu übergeben. Vielleicht war es besser, darauf zu verzichten, denn
es hätte den Schmerz noch unerträglicher gemacht.
    Â»Um
Himmels willen, wann wacht er denn endlich auf?« knurrte eine Stimme,
die gefährlich klang und die er wiederzuerkennen meinte. Doch er
hoffte, sich zu täuschen.
    Â»Dein Ritter hätte nicht so fest zuschlagen sollen.« Eine kehlige, gelangweilte Frauenstimme.
    Â»Wenn
ich deine Meinung hören will, werde ich danach fragen!« Röcke
raschelten, ein süßlicher Duft wehte in Harrys Nase. Wieder kämpfte er
mühsam gegen seinen Brechreiz an. Durch halbgeschlossene Lider sah er
bestickten blauen Stoff wirbeln, den eine Frauenhand vom
festgestampften Erdboden raffte. Sie hatte schmale anmutige Finger mit
gepflegten spitzen Nägeln. Die Kaiserin Mathilda, dachte er dumpf, und
unwillkürlich öffnete er die Augen etwas weiter, um zu sehen, ob er
recht hatte. Wie üblich irrte er sich. Die Frau war groß und schlank
wie die Kaiserin, besaß aber üppigere Rundungen, und kein braunes,
sondern weizenblondes Haar, das bis zu ihren Hüften reichte. Ihre
Blicke trafen sich, und

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