Die Leopardin
atmete erleichtert aus, rammte das
Schwert in die Scheide zurück und nahm den Helm ab. »Komm hervor,
William!« donnerte er. »Oder bei Gott, ich prügle dich windelweich!«
Eine
lange Pause entstand. Der Mann hinter ihm schluckte wieder. Ein Pferd
schüttelte den Kopf, das Zaumzeug klirrte. Endlich trat ein junger Mann
zwischen glatten Silberbirkenstämmen hervor, mittelgroà und
gertenschlank, geschmeidig wie ein Fohlen. Seine Kleidung aus Leinen
und Wildleder wiederholte die Goldtöne der Herbstwälder. An lässigen
Fingern baumelte ein Bogen aus Ulmenholz. Schwungvoll verneigte er
sich, ein Lächeln tanzte in seinen strahlenden grünblauen Augen. »Du
bist geradewegs in unsere Falle geritten.«
Vier weitere
junge Männer tauchten auf und grinsten selbstgefällig. Doch dann
wanderten ihre Blicke etwas unsicher von ihrem Anführer zu Renard, der
die Lippen zusammenkniff. Allerdings richtete er seine Wut
hauptsächlich gegen sich selbst. Wenig später hatte er sie bezwungen
und sprang von Gorvenals Rücken, um seinen jüngsten Bruder herzlich zu
umarmen. »Wenn du mich noch einmal so erschreckst, zerbreche ich deinen
Bogen über meinem Knie und spieÃe dich damit auf!« drohte er, umfaÃte
seine Schultern und schüttelte ihn.
Lachend rià sich
William los. »Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen. Pwyll sah
dich bei den beiden Häuslern sitzen, als er ein Steinchen aus dem Huf
seines Pferdes zog, kam hierher und bereitete uns auf deine Ankunft
vor.« Neugierig fragte er: »Wieso wuÃtest du, daà ich's war?«
»Der
alte Mann erwähnte, er habe dich vorhin zwischen den Bäumen reiten
sehen. Und hätte uns ein gefährlicher Feind aufgelauert, wären wir
längst von ihm gewarnt worden. Dieser Wald ist so klein, daà niemand
unbemerkt eindringen kann, schon gar nicht, wenn so viele Leute auf den
Feldern Ãhren lesen und das Land roden.«
William zuckte die Achseln und entgegnete boshaft: »Trotzdem hast du ziemlich verängstigt dreingeschaut.«
Der
ältere Bruder packte ihn an den dichten, schwarzgelockten Haaren. »Du
wirst dich gleich noch viel mehr fürchten!« Beinahe gelang es dem
behenden William, sich zu befreien. Aber Renard wandte einen Kunstgriff
an, den ihm ein levantinischer Söldner in Tripolis beigebracht hatte,
und der junge Mann fiel rücklings zu Boden. Der wuchtige Aufprall
preÃte ihm die Luft aus den Lungen.
Verwirrt starrte er
seinen Bezwinger an. »Wie hast du das gemacht?« wollte er wissen, als
er wieder zu Atem gekommen war. »Zeig es mir!«
»Jetzt
nicht, Fonkin.« Grinsend benutzte Renard einen Spitznamen aus Williams
Kindheit, der âºkleiner Narrâ¹ bedeutete und eher liebevoll als
beleidigend gemeint war. »Warte, bis wir in Ravenstow sind.« Er zog
seinen Bruder am Lederwams hoch und staubte ihn ab, dann zauste er die
schwarzen Locken, um deren MiÃhandlung wiedergutzumachen. »Ich dachte,
du wärst inzwischen zu einem Riesen herangewachsen, aber dein Haar
macht wohl die Hälfte deiner GröÃe aus. Wie ein wilder Waliser â¦Â«
»Das
ist noch besser, als wenn ich aus Syrien stammen würde. Oder zur
Hälfte. Falls es stimmt, was man über deine neue Geliebte hört â¦Â«
William bedeutete einem seiner Begleiter, die Pferde zu holen, und der
Mann schlenderte grinsend davon.
»Wieso weiÃt du das?« fragte Renard sichtlich bestürzt.
»Nicht jetzt â warte, bis wir in Ravenstow sind«, äffte William ihn herausfordernd nach.
»Mach den Mund auf, oder â so wahr mir Gott helfe â¦Â«
William
nahm die Zügel seines scheckigen Hengstes entgegen und tätschelte ihm
den Hals. »Ganz einfach. Du hast in Shrewsbury einen deiner Männer
ausbezahlt. Der traf den Fuhrmann von Ashdyke, und man trug mir die
Geschichte zu, während du gestern früh noch ins Kissen schnarchtest.
Jetzt wollte ich gerade nach Ravenstow reiten, um dich zu begrüÃen.«
Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Stimmt es wirklich, daà du
eine Tänzerin mitgebracht hast, die deine Nächte versüÃen soll? Oder
wurden die Tatsachen nur etwas ausgeschmückt, um die Sensationslust der
Zuhörer zu befriedigen?« Er schwang sich in den Sattel, ein fast
neunzehnjähriger schlaksiger Junge, zu dessen biegsamem Körper die
schräggestellten Katzenaugen paÃten.
Auch Renard
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