Die Leopardin
winzigen, entlegenen Kuhstall â vor
lauter Wut, weil ich sie nicht an den Hof mitnehmen wollte.«
Eleanor kehrte ihm den Rücken, um ihren Umhang abzustreifen und ihr Gesicht zu verbergen.
Er musterte ihre gestrafften Schultern. »Lange werde ich nicht dort bleiben, das verspreche ich dir.«
»Nur lange genug, um â¦Â« Sie bià sich auf die Zunge und legte den Umhang beiseite.
Renard
stand vom Bett auf. »Also sind wir wieder da, wo wir angefangen haben?«
fragte er müde. »Bei den Geistern unserer Hochzeitsnacht?« Er streckte
eine Hand nach ihr aus. »Hör mal, Nell â¦Â«
Die Zofe
klopfte an der Tür und steckte den Kopf herein. »Mylord, da ist ein
Flame, der Euch zu sehen wünscht. Pieter van Ypres. Er behauptet, er
sei zum Abendessen eingeladen.«
Renard strich sich über
die Stirn. »Verdammt«, fluchte er, »den hatte ich über der Szene mit de
Gernons ganz vergessen. Gut, Alys, gib ihm einen Becher Wein und sag
ihm, wir kommen gleich.«
»Ja, Mylord.«
Sie hörten ihre Schritte die Treppe hinabpoltern. Eleanor wandte sich zu ihrem Mann und hob die Brauen. »Pieter van Ypres?«
»Ich traf ihn heute nachmittag auf dem Pferdemarkt, doch ich kannte ihn bereits durch seinen Vetter William d'Ypres.«
Ãberrascht schaute sie ihn an. »Einer der königlichen Rittmeister?«
»Der oberste Rittmeister.«
»Du
willst ihn für Caermoel haben«, erriet Eleanor, löste ihre Zöpfe und
begann ihr Haar zu kämmen. Im allgemeinen trugen verheiratete Frauen
ihre Haare nicht offen, aber in den eigenen vier Wänden war es
gestattet. Und sie wuÃte, daà ihr diese Frisur besser stand als die
Zöpfe.
»Nein.« Renards Augen funkelten boshaft. »Ich will ihn für dich einstellen.«
»Für mich?« Eleanor starrte ihn verblüfft an. »Als Leibwächter während deiner Abwesenheit?«
»Nein,
er ist kein Soldat, sondern Fachmann für die Herstellung von
Wollstoffen. Wegen des Mordes an seinem Schwiegersohn lebt er nun in
der Verbannung. Offenbar ertappte er den betrunkenen Mann, als dieser
die junge Frau verprügelte, und schlug ihn zusammen. Dabei ging er ein
wenig zu weit, und der Bursche starb kurz danach. Seine Familie übt
innerhalb der Kaufmannszunft groÃen Einfluà aus. Pieter muÃte hierher
fliehen und bei seinem Vetter Obdach suchen.« Renard küÃte ihre Wange
und ging zur Tür. »Ich erklärte ihm, falls er seinem Beruf treu bleiben
wolle, würdest du ihm interessante Vorschläge machen.«
Verwundert schnappte sie nach Luft. »Was?«
Renard
lachte. Hochzufrieden mit sich selbst, kehrte er von der Tür zurück und
nahm sie in die Arme. »Habe ich mich etwa geirrt? Du sagtest doch, du
willst Mitarbeiter einstellen.«
»Nein, du irrst dich
nicht. Ich bin nur überrascht â¦Â« Ihre Gedanken überschlugen sich.
Ein Fachmann für Wollstoffe! Welche Möglichkeiten würden sich da
eröffnen!
»Wenn ein Fisch anbeiÃt, muà man ihn an Land
ziehen«, meinte Renard, während sie die Treppe zum Wohnraum
hinabstiegen. »Offenes Haar steht dir viel besser.« Sanft strich er
über ihren Kopf. Eleanor wurde feuerrot und stammelte eine Antwort, an
die sie sich später nicht mehr erinnerte.
Master Pieter
war ein stämmiger Mann, der ausgezeichnet Französisch sprach, mit kaum
merklichem flämischen Akzent. Höflich nahm er Renards Status zur
Kenntnis, lieà sich aber nicht im mindesten davon einschüchtern. Durch
seinen Beruf war er an weibliche Gesellschaft gewöhnt und zuckte nicht
mit der Wimper, als er erfuhr, Eleanor und nicht Renard sei die
treibende Kraft hinter der Wollstoffproduktion.
Mit
einem silbernen Obstmesser schälte Renard einen Apfel und hörte zu,
während seine Frau und Master Pieter über die Probleme der
Wollstofferzeugung diskutierten. »Diese neue Mühle würde sich besser
eignen als die Wannen, die wir jetzt benutzen«, meinte Eleanor. »Durch
Woolcot flieÃt ein lebhaft plätschernder Bach, und ich weià auch schon
einen idealen Standort für die Mühle. Was würde der Bau kosten?«
»Nicht mehr als die Errichtung einer gewöhnlichen Mühle, in der Mehl entsteht, Mylady.«
»Das
können wir uns sicher leisten«, warf Renard ein und beobachtete, wie
sich die Schale spiralförmig vom Apfel löste. »Der
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