Die Leopardin
irgend etwas zu erledigen. Renard blickte auf seine Hände
hinab, die rechte umfaÃte immer noch den Dolchgriff.
»Das war sie, nicht wahr?« würgte Eleanor hervor. »Zwei solche Tänzerinnen kann es nicht geben.«
Ein
bitterer Geschmack erfüllte Renards Mund, und er wandte sich zur Seite,
um auszuspucken. »O ja.« Nachdem er seinen heiÃen Zorn überwunden
hatte, fühlte er sich todmüde und wie ausgelaugt. »Es war Olwen. Vor
der Hochzeit haben wir gestritten. Aber ich dachte nie, daà sie sich
auf diese Weise rächen würde ⦠GroÃer Gott!« Die Erkenntnis, daÃ
alle ihre Aktivitäten seit jener ersten Nacht in Antiochia reiner
Berechnung entsprungen waren, traf ihn wie ein Blitzschlag.
Eleanors Zähne klapperten in der Kälte und vor Entsetzen, Tränen schimmerten in ihren Augen. »Ich will nach Hause.«
Das
Gelächter wurde lauter und schien sie beide zu überrollen. Eine Frau
lachte besonders durchdringend, in wildem Triumph. Ranulf von Chester
verlieà die Halle, seinen Umhang um die blonde Frau gelegt, die sich an
ihn schmiegte. Sie verschwanden in der Richtung des Stalls, hatten aber
offenkundig nicht die Absicht auszureiten.
Renard schluckte krampfhaft. Wo vorhin sein Magen gewesen war, breitete sich eine kalte leere Höhle aus.
»Bitte«, wisperte Eleanor und legte eine Hand auf seinen Arm.
Olwens Gelächter zerrià die Nachtluft. »Gehen wir«, sagte er tonlos.
Eleanor
lag im Bett und lauschte auf die Stille. Trotz der schweren Decken, und
obwohl sie immer noch vollständig angezogen war, fror sie bis auf die
Knochen.
Von der anderen Seite des Betts drang keine
tröstliche Wärme herüber. Sie starrte ins Dunkel, das nur von einem
schwachen Kerzenflämmchen erhellt wurde. Ihre Augen brannten, das
einzige, was sich glühend heià anfühlte. Sie warf sich herum, preÃte
das Gesicht ins Kissen und begann zu schluchzen, die Finger in Laken
und Pelze gekrallt.
Es dauerte lange, bis sie sich
beruhigte, bis sie keine Tränen mehr hatte. Sie drehte sich wieder auf
den Rücken, und an ihrem geistigen Auge zogen die Bilder des
vergangenen Abends vorbei â Bilder, die sie vergeblich zu
verdrängen suchte. Renards Miene, Olwens triumphierendes Lächeln, das
Wissen um ihre Reize, die er genossen hatte und die sie nun öffentlich
zur Schau stellte â¦
Eleanor setzte sich auf und
preÃte die Fingerknöchel in die schmerzenden Augen. Es war schon sehr
spät. Renard saà immer noch unten. Offenbar befand er es nicht für
nötig, nach ihr zu sehen, obwohl er versprochen hatte, er würde bald
heraufkommen. Das war vor vielen Stunden gewesen. Ebenso wie sie selbst
hatte er Zeit gebraucht, um mit sich allein zu sein, die wirren
Gedanken zu ordnen. Das verstand sie. Doch ihr eigenes Bedürfnis nach
Einsamkeit war längst verflogen.
Immer noch schnüffelnd
verlieà sie das Bett. Sie oben, er unten, kein einziges tröstendes
Wort, nur ein Abgrund des Schweigens, der sich immer mehr vertiefte.
Sie blickte an sich hinab, auf ihr Hochzeitskleid, war versucht, ihre
Schere zu holen und die gestickten Lügen zu entfernen. Doch sie brachte
es nicht fertig, sich selber den Gnadenstoà zu versetzen.
Die
Kohlenpfanne war erloschen, die fast herabgebrannte Kerze flackerte.
Eleanor rieb sich die Arme und wanderte im Raum umher. Ihr Blick fiel
auf eine andere Stickerei, die Silberfäden am Saum spiegelten das
sterbende Kerzenlicht wider. Es war die Tunika, die sie zur Zeit für
Renard nähte. Während sie darauf starrte, kam ihr der Gedanke, eine
Nadel müÃte imstande sein, mehr als nur eine Geschichte zu erzählen,
mehr als nur ein Kleid zu schaffen â sie müÃte die Dinge auch in
Ordnung bringen und verschönern können.
Sie holte ein
Taschentuch aus ihrer Gepäcktruhe, wischte ihre Augen ab und putzte
sich die Nase. Dann hob sie entschlossen das Kinn und ging in die Halle
hinab.
Renard saà am Feuer, wo sie am Nachmittag mit
Matille von Chester gesprochen hatte â vor einer halben Ewigkeit.
Er betrachtete eine Schachfigur, die er vom Spieltisch genommen hatte,
drehte sie hin und her, als wäre sie eine Manifestation seiner
Beziehung zu Olwen. Als wollte er versuchen, die komplizierten Konturen
zu verstehen.
»Es ist schon sehr spät«, sagte Eleanor zögernd. »Ich habe lange auf dich gewartet, willst du nicht ins Bett
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