Die Leopardin
kommen?«
Er
hob den Kopf und schaute sie an. Nach einer Weile stellte er die Figur
seufzend auf das Schachbrett zurück. Es war die schwarze Dame. »Niemals
habe ich Liebe für sie empfunden. Ich fühlte mich nicht einmal wohl in
ihrer Gesellschaft, bevor wir ins Bett gingen, und sogar dort fanden
nur Kämpfe statt.« Mit einem bitteren Lächeln zuckte er die Achseln.
»Noch nie hat mich eine Frau zurückgewiesen, Nell. Und nun ersticke ich
in meinem verletzten Stolz, weil sie beschlossen hat, mich Ranulfs
wegen zu verlassen.«
Eleanor trat vor das schwach
lodernde Kaminfeuer und rieb die eisigen Handflächen aneinander.
»Glaubst du, nur du wärst verletzt worden? Ich sah sie tanzen, ich
beobachtete, wie sie alle Männer in ihren Bann zog, wie sie in ihrer
Macht schwelgte. Nie wieder werde ich etwas bei der körperlichen Liebe
empfinden können.« Lose hing ihr lockiges Haar herab und verbarg ihr
Gesicht, während sie nach Fassung rang.
»Zwischen Liebe
und einem Belagerungskrieg gibt es gewaltige Unterschiede.« Er stand
auf und legte ihr die Hände auf die Schulter. »Bei dir habe ich nicht
das Gefühl, ich müÃte für Rückendeckung sorgen, während wir uns lieben.
Und du verwandelst dich auch nicht in Eis, wenn es vorbei ist, so als
würdest du mich hassen oder mir grollen, weil ich Leidenschaft in dir
entfacht habe.« Er lächelte wehmütig. »Du paÃt gut in meine Arme, Nell.«
Eleanor
starrte ins Feuer. Sie wollte nicht in seine Arme passen, sie wollte,
daà er sie so ansah, wie er Olwen angesehen hatte, und ihretwegen die
Beherrschung verlor so wie an diesem Abend im Palast.
»Nell?«
Als
sie das Gesicht zu ihm emporwandte, glänzten neue Tränenspuren auf
ihren Wangen. Er unterdrückte einen Fluch, drückte sie an sich, und sie
klammerte sich an ihn. An ihrem feuchten Kinn scheuerten die Goldfäden
seiner festlichen Tunika. »Vielleicht muÃte es geschehen«, murmelte er
in ihr Haar. »Vielleicht muÃte ich lernen, daà man nur verbrannt wird,
wenn man mit dem Feuer spielt.« Er neigte sich herab, seine Lippen
suchten ihre, zögernd erwiderte sie den KuÃ. Allmählich entspannte sich
ihr verkrampfter Körper, voller Verlangen schmiegte sie sich an ihn.
Renard
beendete den Kuà und hob den Kopf. »Hör doch!« Er trat ans Fenster, das
zur StraÃe hinausging und hakte den Vorhang aus Ochsenfell los. Hufe
scharrten auf dem Kopfsteinpflaster, ein Zaumzeug klirrte.
»Wer ist es?« fragte Eleanor.
»Edmund.«
Seine rauhe Stimme sagte alles, was die knappe Antwort nicht verriet.
Er hängte das Fell wieder an den Haken und eilte zur Tür.
»Heiliger
Jesus«, flüsterte Eleanor und preÃte eine Hand auf den Mund. Edmund war
der jüngste Sohn des Constables der SchloÃwache von Ravenstow und
fungierte in dringlichen Fällen als Bote. Daà er in einer kalten Nacht
nach Salisbury kam, konnte nur eines bedeuten.
»Wann?«
hörte sie Renard den jungen Mann fragen. Kalte Nachtluft wehte zur
offenen Tür herein. Eleanor rüttelte eine Dienstmagd wach und schickte
sie zum Stall, mit dem Auftrag, einen Reitknecht zu holen, der das
verschwitzte Pferd übernehmen sollte.
»Vor zwei Tagen,
Mylord.« Keuchend kniete Edmund zu Renards FüÃen nieder, halb
ehrerbietig, halb erschöpft. Dunkle Schatten umgaben die Augen in
seinem bleichen müden Gesicht. »Drei Pferde habe ich zuschanden
geritten, um Euch möglichst schnell zu erreichen.«
Renard
bückte sich, zog ihn auf die Beine und führte ihn in die Halle, wo er
auf einen der Stühle beim Kamin zeigte. Die verschlafene Alys schürte
das Feuer.
»Wie ist es geschehen? Bei unserer Abreise ging es ihm noch recht gut.«
Dankbar
nahm Edmund den Wein entgegen, den Eleanor ihm eingeschenkt hatte. »Am
selben Tag, wo Ihr aufgebrochen wart, Mylord, suchte ein Kaufmann auf
dem Weg nach Shrewsbury die Gastfreundschaft von Ravenstow und brachte
eine ansteckende Fieberkrankheit mit. Sie beginnt mit Halsschmerzen und
Schüttelfrost, dann tut die Brust weh, und man hustet so heftig, daÃ
die Rippen zu brechen drohen. Und bei Menschen, die ohnehin schon
geschwächt sind â¦Â« Hilflos verstummte er und breitete die Arme
aus. »Roslind verlor ihr Baby, und Gamel, der alte Pförtner, starb in
derselben Nacht wie Euer Vater. Die halbe Garnison ist erkrankt.«
»Und
die
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