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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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sein breiter Rücken versperrte ihr die
Sicht.
    Vor dem Podest hatte die Tänzerin den schwarzen
Umhang abgelegt und ein Kostüm aus mehreren weiten, geschlitzten Röcken
enthüllt, die an einem durchsichtigen, über und über mit Goldsternen
bestickten blauen Oberteil hingen. Um die Hüften spannte sich ein
breiter, reichverzierter Gürtel. Sie befestigte kleine silberne
Rhythmusinstrumente an den Fingern und wartete, bis der Trommler sich
mit gekreuzten Beinen an den Rand des Podiums gesetzt hatte.
    Sofort
wurde die allgemeine Aufmerksamkeit von Süßigkeiten und Konversationen
abgelenkt. Die Männer starrten das transparente Kostüm an â€“
unfähig, an ihr Glück zu glauben. Und die Frauen gafften in
mißbilligendem Staunen. Verächtlich lächelte die Tänzerin über die
ganze Gesellschaft â€“ abgesehen von Ranulf von Chester, dem sie
einen unmißverständlichen Blick zuwarf. Dann drehte sie sich im Kreis
und ließ die Röcke um die langen, anmutigen Beine wirbeln.
    Die
Zähne in der Unterlippe vergraben, beobachtete Eleanor die sinnlichen
Bewegungen, die fließenden Hüftschwünge, die harmonischen Gesten der
schlanken Arme, die rhythmischen Schritte.
    Â»Wenn Ihr
die Sache von diesem Standpunkt aus betrachtet â€¦Â«, begann
Leicester und verstummte abrupt. »Großer Gott!« Sein Mund klaffte
auseinander und glich dem Maul des zuvor servierten Tümmlers.
    Renard
hatte die Tänzerin bereits entdeckt und schon bei den ersten vertrauten
Trommelschlägen den Gesprächsfaden verloren. Ungläubig verfolgte er,
wie Olwen sich langsam, mit wiegenden Hüften, in seine Richtung drehte.
    Â»Beim Teufel, die hätte ich gern zwischen den Schenkeln«, keuchte Meulan.
    Â»Da
bist du gewiß nicht der einzige in diesem Saal â€“ was, Renard?«
Lachend stieß Leicester seinem aschfahlen Tischgefährten einen Ellbogen
zwischen die Rippen. »Oh, das hatte ich ganz vergessen â€“ Ihr
konntet ja vier Jahre lang in solchen Freuden schwelgen.«
    Nicht
einmal wenn es um sein Leben gegangen wäre, hätte Renard antworten
können. Übelkeit und Zorn stiegen in ihm auf, während Olwen auf ihn
zutanzte. Nie zuvor hatte er sich so gedemütigt gefühlt.
    Vor
den drei Männern blieb sie stehen und ließ herausfordernd die Hüften
kreisen. Ihre Augen verhöhnten Renard und erinnerten ihn an Antiochia.
Langsam strich sie über ihren Körper, der golden durch den
Schleierstoff schimmerte. Leicester schnappte hörbar nach Luft, und sie
tanzte lachend davon â€“ zu Ranulf von Chester, der sie ebenso
fasziniert anstarrte wie alle anderen, und nickte ihm einladend zu.
    Renard
sprang auf, spürte nichts mehr außer seiner rasenden Wut. Sein Kelch
fiel um, gefolgt von einer Schüssel voller Birnenstücke, in Honigwein
eingelegt, der mitsamt den hellgelben Früchten zu Boden triefte.
    In
einer Hand seinen Dolch, stützte Renard die andere auf den Tisch und
schwang sich darüber hinweg. Eleanor trat ihm in den Weg, die dunklen
Augen unnatürlich groß im wachsbleichen Gesicht. »Um Himmels willen,
wenn du mich schon unbedingt zur Witwe machen mußt â€“ dann nicht
hier und nicht wegen einer Hure!« fauchte sie mit blutleeren Lippen und
umklammerte sein angespanntes Handgelenk.
    Als er sich
losreißen wollte, sah er die Klinge aufblitzen, und das brachte ihn
wieder zur Besinnung. Schaudernd stieß er seinen Atem hervor â€“ und
damit auch den blinden Zorn aus seiner Seele, dann schob er den Dolch
in die Scheide. Eleanor schwankte vor Erleichterung und zwang ihn, sie
festzuhalten.
    Hinter ihm schwollen die Trommelschläge
zu einem dröhnenden Crescendo an. Aufmunterndes Geschrei trieb die
Tänzerin zu einem wilden Höhepunkt. Ohne sich umzudrehen, wußte er, daß
sie sich nicht lange bitten ließ. Schmerzhaft hämmerte sein Herz gegen
seine Rippen, und er fühlte sich elend. Eleanor hatte ihr Gleichgewicht
wiedergefunden, war aber immer noch leichenblaß und zitterte wie
Espenlaub. Rasch führte er sie in den Hof hinaus, auch zu seinem
eigenen Wohl.
    Im Fackelschein glitzerte Frost an den
Mauern wie pulverisierter Bernstein und Topas. Eisige Luft drang
schneidend in die Lungen. Eine Ratte huschte vorbei und verschwand in
den nächtlichen Schatten. Schwaches Gelächter wehte wie ein
Rauchschleier aus dem Festsaal. Einige Knappen durchquerten eilig den
Hof, um

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