Die Leopardin
letzten Abend erst nach der Messe aus Caermoel zurückgekehrt und
hatte noch mehrere Pflichten erledigt, ehe er gegen Mitternacht
buchstäblich ins Bett gefallen war.
Auf Zehenspitzen
schlich sie zur Truhe, wo sie die Platte und den Becher vorsichtig
abstellte. Das leise Klirren des Zinns auf dem Holz veranlaÃte Renard,
sich umzudrehen. Sein Haar muÃte dringend geschnitten werden, und er
trug wieder einen dichten buchenroten Vollbart, der seiner äuÃeren
Erscheinung sehr seltsame Aspekte verlieh. Nun glich er eher einem
Schafhirten als einem Grafen. Aber ich sehe ja auch nicht wie eine
Gräfin aus, dachte sie mit einem wehmütigen Blick auf ihr schlichtes
hausgewebtes Kleid, aber in diesem Moment wollte sie auch gar keine
sein.
Die letzten beiden Monate waren die schwierigsten
ihres ganzen jungen Lebens gewesen, und alles wies darauf hin, daà sich
während des restlichen Jahres nichts ändern würde. Den Januar hatte sie
notgedrungen auf Ravenstow verbracht. Wegen der vielen Kranken und der
Verzweiflung über den Tod des alten Grafen hatte das Schloà weniger
einem Zuhause als einer Zwischenstation an der StraÃe zur Hölle
geglichen. Auch Judith bekam die fiebrige Hustenkrankheit. Es ging ihr
sehr schlecht, und das schwache Flämmchen ihres Lebenswillen wurde nur
von ihrem PflichtbewuÃtsein genährt. Eleanor holte John und schob ihn
ins Krankenzimmer seiner Mutter â nicht, weil er Priester war,
sondern weil er Guyon von allen Söhnen am ähnlichsten sah. Die alte
Frau genas, war aber nur mehr ein grauer Schatten ihrer selbst.
Auch
Renard bekam die Hustenkrankheit, die er aber innerhalb einer Woche
überstand, ebenso wie William. Harry bellte immer noch wie ein Seelöwe,
als Eleanor nach Woolcot reiste, um das Lammen zu überwachen. Ansonsten
erholte er sich recht gut. Seine Schulterwunde war verheilt, aber er
trug den Arm immer noch in einer Schlinge und würde ihn kaum mehr
benutzen können.
Eleanor selbst war nicht mit der
Krankheit angesteckt worden â ein Glück, denn sie konnte der
bettlägerigen Judith die Verantwortung für den Haushalt abnehmen.
Obwohl Heulwen ihr natürlich half, lag doch die Hauptlast auf den
schmalen Schultern der jungen Gräfin.
Der König
schickte einen Beileidsbrief und ein halbes Dutzend Stuten, um sie von
Gorvenal decken zu lassen. Und Ranulf de Gernons sandte Söldner in die
Ravenstow-Ländereien, die brandschatzen und plündern sollten, aber
Renard und William hatten sie alle aufgespürt und zur Strecke
gebracht â eine bittere, aber willkommene Ablenkung von der tiefen
Trauer um Guyon.
Seufzend legte sie eine Hand auf die
nackte Schulter ihres Mannes und küÃte seinen Hals unterhalb des
stachligen Barts. Er hob die Lider, blinzelte schläfrig und verwirrt,
dann zog er Eleanor zu sich herab und küÃte sie. »Puh, das kratzt!«
klagte sie.
Grinsend drückte er sie an seine nackte Brust. »Kratzt das auch?«
Sie
strich über seine Schulter und schlang die Finger in sein Haar.
Verlangen stieg in ihr auf, aber mehr spielerisch als zwingend. Es war
später Vormittag, und der Tag schritt unaufhaltsam voran. Als Renard
ihre Hüften streichelte und an seine preÃte, knabberte sie an seinem
Ohrläppchen. »Der Hufschmied sagt, dein Rappe sei schon beschlagen. Die
Reitknechte haben Gorvenal und Bramble gesattelt.«
Renard stöhnte leise. »Du bist eine verdammt strenge Herrin. Habe ich denn kein Recht auf ein biÃchen Freizeit und Vergnügen?«
»Doch.«
Sie wand sich aus seinen Armen. »Wir flüchten aus dem Schloà und haben
den ganzen Nachmittag für uns. Ich will dir den Bauplatz für die neue
Mühle zeigen. Dabei schauen wir uns auch die Herde an. Da gibt's ein
abgeschiedenes Plätzchen, wo wir essen können â und â¦Â« Den
Rest des Satzes lieà sie vielsagend in der Luft hängen.
Er hob die Brauen. »Du versprichst mir also Zuckerwerk, um mich bei Laune zu halten? Und wenn ich's jetzt gleich haben will?«
»Da
müÃtest du mich erst fangen.« Ehe er die Herausforderung annehmen
konnte, war sie aufgesprungen und hinausgerannt, um den Barbier ins
Zimmer zu schicken. Mit schmalen Augen starrte Renard auf den Vorhang,
dann schüttelte er lachend den Kopf und begann zu frühstücken.
Der
Bauplatz für die Mühle lag östlich vom Dorf, und die Wasserkraft, die
sie betreiben sollte,
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