Die Leopardin
stammte aus einem breiten Bach, der weit unten in
den Fluà Alyn mündete. Die Grundmauern standen bereits, und Renard
stieg vom Pferd, um mit den Arbeitern zu sprechen.
Eleanor
beobachtete ihn, während er den Aufseher nach Einzelheiten befragte,
verständnisvoll nickte und grinsend seine schneeweiÃen Zähne entblöÃte.
Wie gut er aussah ⦠Als er zu ihr zurückkehrte, senkte sie rasch
die Lider, denn sie wuÃte, daà ihr bewundernder Blick ihn verlegen
gemacht hätte.
Sie ritten weiter, um die Herde zu
begutachten â die stolzen Mutterschafe und ihre lebhaften
SpröÃlinge. Eleanor lieà sich von einem Hirten einen der neuen Böcke
bringen, denen sie zahlreiche Lämmer verdankte, und erklärte Renard
anhand des Tiers, welche Wollsorte sie in den nächsten Jahren zu
erzeugen hoffte. Er prüfte das Fell und hörte zu, doch dann merkte sie,
wie sein Blick umherzuwandern begann und wie er ein Gähnen
unterdrückte. Hastig danke sie dem Hirten und übergab den Bock wieder
seiner Obhut. »Ich langweile dich.«
Renard half ihr
grinsend in den Sattel. »Ehe ich mir Schafe anschaue, esse ich sie
lieber, oder ich trage ihre Wolle«, gab er zu, während er aufstieg.
»Und ich habe viele andere Dinge im Kopf, zum Beispiel mein
Zuckerwerk.« Er drückte die Fersen in Gorvenals Flanken und ritt auf
einen sanft ansteigenden Hang zu, der eine halbe Meile entfernt lag und
von einem Dickicht aus HaselnuÃsträuchern und WeiÃbuchen gekrönt wurde.
Lächelnd ergriff Eleanor die Zügel und folgte ihm.
»Warst
du schon einmal in den Fernands?« Sie setzte sich in der
grasbewachsenen, von Bäumen geschützten Senke auf und begann mit den
Fingern ihr zerzaustes Haar zu entwirren.
Renard, den
Kopf auf seinen verschränkten Armen, beobachtete sie mit
halbgeschlossenen Augen. »Ein einziges Mal â mit dem Hof, bevor
ich zwanzig wurde. Nigel von Ely war schon damals ein aufmüpfiger Kerl.
Jetzt steckt er in groÃen Schwierigkeiten, weil er letztes Jahr,
zusammen mit anderen Mitgliedern seiner reizenden Familie, bei einem
Aufstand ertappt wurde und sich gehörig den Kopf waschen lassen muÃte.
Ein habgieriger rachsüchtiger Bastard ⦠Geschieht ihm ganz recht,
daà Stephen ihm die Ohren langzieht â wenn Ely auch ein Bischof
ist.«
Daà Renard sich in ein so gefährliches Gebiet
begeben würde, gefiel Eleanor ganz und gar nicht. Aber sie kannte ihn
gut genug und wuÃte es besser, als ihn mit ängstlichen Fragen zu
bestürmen. Das war die sicherste Methode, um seinen Zorn zu erregen.
Sie zog ihre zerknüllte Tunika glatt, die sich zu straff über den
vollen Brüsten spannte, nachdem sie die Häkchen und Ãsen geschlossen
hatte. Nachdenklich nagte sie an der Unterlippe und musterte ihren
Mann, der nach dem Schäferstündchen entspannt und zufrieden dalag.
Nein, auch damit durfte sie ihn jetzt nicht belasten. Es war
noch zu früh, um völlig sicher zu sein. AuÃerdem fürchtete sie, er
würde nicht mehr so begierig mit ihr schlafen, wenn sie ihm von ihrer
Schwangerschaft erzählte.
Olwens Geist verfolgte sie
beide immer noch. Sie hatte Renards Stolz ebenso schmerzlich verletzt
wie Eleanors Geborgenheitsgefühl. Der Skandal bei der königlichen
Weihnachtsfeier war ebenso schnell aufgeflammt und erloschen wie ein
Strohfeuer. Inmitten eines höfischen Fests hatte Ranulf von Chester
eine Tänzerin aus dem Saal gezerrt, um sie im Stall ins Heu zu werfen.
Zerkratzt und zerbissen, aber mit einem triumphierenden Grinsen und
einem jungenhaften Achselzucken kehrte er zurück, was ihm ein
tolerantes Lächeln von Seiten der anderen Männer eintrug. Niemand nahm
ihm etwas übel, im Gegenteil, er wurde beneidet. Seine Frau besänftigte
er mit einem neuen Halsband und dem Versprechen, in ihren privaten
Wintergarten einen flämischen Wandteppich zu hängen. Olwen wurde mit
einem Beutel voller Silberstücke und einem Arbeitsplatz in seinem
Haushalt belohnt, damit sie für ihn tanzen und mit ihm schlafen konnte,
wann immer er es wünschte.
Renard hatte die Affäre nur
noch ein- oder zweimal erwähnt. Aber manchmal sah Eleanor ihn ins Leere
starren und erriet, wohin seine Gedanken wanderten. Wenn das geschah,
rià sie ihn aus seiner Versunkenheit, oder sie ging davon, um sich im
Haushalt zu beschäftigen und abzuwarten, bis sein Zorn verebbte. Die
Urkunde,
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