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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ist wahr.«
    Er prüfte jetzt Jellys Papiere und sprach sie auf Französisch an. »Sie begleiten Frau Remmer auf all ihren Reisen?«
    »Ja, sie ist sehr nett zu mir«, erwiderte Jelly. Flick konnte ihre Stimme zittern hören und wusste, dass sie entsetzliche Angst hatte.
    Der Gestapo-Mann sagte: »Haben Sie sich den Bischofspalast angeguckt? Den muss man einfach gesehen haben.«
    Greta antwortete auf Französisch: »Haben wir – sehr imposant, in der Tat.«
    Der Deutsche ließ Jelly nicht aus den Augen und wartete auf ihre Antwort. Einen Moment lang sah sie so aus, als hätte es ihr die
    Sprache verschlagen, dann sagte sie: »Die Frau des Bischofs war sehr freundlich.«
    Flick war entsetzt. Jelly konnte zwar perfekt Französisch, hatte aber nicht die geringste Ahnung von fremden Ländern und fremden Sitten. Anglikanische Bischöfe durften heiraten, das wusste sie – nicht jedoch, dass Priester im katholischen Frankreich der Ehelosigkeit verpflichtet waren. Gleich bei der ersten Kontrolle hatte Jelly sich verraten.
    Was würde jetzt geschehen? Flicks Sten-Maschinenpistole samt Schalldämpfer lag, in drei Teile zerlegt, in ihrem Koffer, doch in der abgetragenen Ledertasche, die sie über der Schulter trug, befand sich ihr privater Browning. Unauffällig zog sie den Reißverschluss auf, um schnell nach der Waffe greifen zu können. Gleichzeitig sah sie, wie Ruby die rechte Hand in die Tasche ihres Regenmantels schob, in der sie ihre Waffe trug.
    »Frau?«, fragte der Gestapo-Mann. »Was für eine Frau?«
    Jelly sah ihn entgeistert an.
    »Sie sind Französin?«, hakte der Mann nach.
    »Selbstverständlich.«
    Greta mischte sich ein: »Sie meint seine Haushälterin, nicht seine Ehefrau«, sagte sie auf Französisch und lachte. Die Erklärung war plausibel: Im Französischen ist une femme eine Ehefrau, eine Haushälterin dagegen une femme de menage.
    Erst jetzt merkte Jelly, dass sie einen Fehler gemacht hatte: »Ja, natürlich, ich habe die Haushälterin des Bischofs gemeint«, sagte sie.
    Flick hielt den Atem an.
    Der Gestapo-Kontrolleur zögerte noch einen Augenblick, dann zuckte er mit den Schultern und gab den beiden ihre Papiere zurück. »Ich hoffe, Sie müssen nicht allzu lange auf einen Zug warten«, sagte er nun wieder auf Deutsch.
    Greta und Jelly passierten die Sperre, und Flick atmete auf.
    Schließlich kamen sie und Ruby an die Reihe. Sie wollten gerade ihre Papiere aushändigen, als sich zwei uniformierte französische Gendarmen vordrängten. An der Sperre hielten sie kurz inne und bedachten die Deutschen mit einem knappen militärischen Gruß, zeigten aber keine Papiere vor. Der Gestapo-Mann nickte und sagte: »Gehen Sie durch.«
    Wenn ich für die Sicherheit verantwortlich wäre, dachte Flick, würde ich hier schärfer vorgehen. Schließlich kann sich jeder als Polizist verkleiden. Aber bei den Deutschen weiß man ja, dass sie einen übertriebenen Respekt vor allem haben, was Uniform trägt: Wahrscheinlich ist das sogar mit ein Grund dafür, dass sie ihr Land einer Bande von Psychopathen ausgeliefert haben.
    Jetzt jedoch waren Flick und Ruby an der Reihe und mussten ihre Legende der Gestapo präsentieren. »Sie sind Kusinen?«, fragte der Feldwebel und ließ seinen Blick von der einen zur anderen gleiten.
    »Wir sehen uns nicht besonders ähnlich, was?«, gab Felicity mit einer He iterkeit zurück, die mit ihren wahren Empfindungen nichts zu tun hatte. Es gab absolut keine Ähnlichkeit zwischen ihnen: Flick war blond, grünäugig, hellhäutig – Ruby dagegen hatte schwarze Augen, dunkles Haar und einen dunklen Teint.
    »Die sieht aus wie eine Zigeunerin«, sagte der Mann unhöflich.
    Flick spielte die Empörte. »Sie ist aber keine!« Und zur Erklärung von Rubys Äußerem fügte sie hinzu: »Ihre Mutter, die Frau meines Onkels, stammte aus Neapel.«
    Der Mann zuckte die Achsel und wandte sich an Ruby: »Wie sind Ihre Eltern gestorben?«
    »Bei einem Zugunglück«, erwiderte sie. »Ein Anschlag von Saboteuren.«
    »Die Resistance?«
    »Ja.«
    »Mein Beileid, junge Dame. Diese Kerle sind wahre Bestien.« Er gab ihr die Papiere zurück.
    »Vielen Dank, Monsieur«, sagte Ruby. Flick begnügte sich mit einem Nicken. Sie gingen durch die Sperre.
    Kein einfacher Kontrollpunkt, dachte Flick. Hoffentlich sind die nicht alle so, das hält mein Herz nicht aus.
    Diana und Maude saßen in der Bahnhofswirtschaft. Flick, die einen Blick durchs Fenster warf, sah die beiden Champagner trinken und war wütend auf sie.

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