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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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er?«
    »Er ist leitender Pastetenbäcker im Claridge’s Hotel.«
    »Sehr beeindruckend.«
    Maudes Akte lag auf dem Tisch, und Percy Thwaite schob sie diskret ein paar Zentimeter in Chancellors Richtung. Paul bemerkte die Bewegung. Sein Blick fiel auf einen Hinweis aus dem ersten Eignungsgespräch mit Maude. Er las: Vater: Armand Valentin, 39, Küchen-Dienstmann im Claridge’s.
    Als sie fertig waren, baten sie Maude, draußen zu warten. »Sie lebt in einer Fantasiewelt«, sagte Thwaite, kaum dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Sie hat ihren Vater zum Chefkoch befördert und ihren Namen in Valentine geändert.«
    Paul Chancellor nickte zustimmend. »In der Lobby wollte sie mir weismachen, dass sie Montys Fahrerin ist, was definitiv nicht stimmt.« »Ja, und das ist sicher auch der Grund, warum sie beim letzten Mal nicht genommen wurde.«
    Chancellor vermutete, dass Thwaite drauf und dran war, Maude auch diesmal abblitzen zu lassen. »Nur können wir es uns jetzt nicht leisten, solche Ansprüche zu stellen«, sagte er.
    Thwaite sah ihn überrascht an. »Bei einem Undercover-Einsatz wäre sie ein gefährliches Risiko.«
    Paul machte eine resignierte Handbewegung. »Aber wir haben keine andere Wahl.«
    »Das ist doch der helle Wahnsinn!«
    Der Mann ist ja halb verliebt in diese Felicity, dachte Paul, aber wegen des Altersunterschieds und weil er verheiratet ist, äußert sich diese Verliebtheit darin, dass er eine schützende Hand über sie hält wie ein besorgter Vater. Obwohl Pauls Sympathie für Thwaite durch diese Einsicht eher noch wuchs, erkannte er, dass er gegen Percys Übervorsicht einschreiten musste, wenn er seinen Auftrag durchführen wollte. »Hören Sie«, sagte er. »Wir sollten Maude nicht sofort wieder in die Wüste schicken. Überlassen wir doch Felicity das letzte Wort.«
    »Sie haben wahrscheinlich Recht«, erwiderte Thwaite zögernd. »Außerdem kann ihr Talent zum Geschichtenerzählen in einem Verhör unter Umständen nützlich sein.«
    »Gut. Also holen wir sie erst mal an Bord.« Chancellor rief Maude wieder herein. »Ich hätte Sie gern in dem Team, das ich gerade zusammenstelle«, sagte er zu ihr. »Was halten Sie von einem Einsatz, der ziemlich gefährlich sein kann?«
    »Müssen wir dazu nach Paris?«, wollte Maude wissen.
    Komische Antwort, dachte Paul. »Warum fragen Sie das?«
    »Ich würde so gerne mal nach Paris reisen! Ich war da noch nie. Es soll die schönste Stadt der Welt sein, hab ich gehört.«
    »Wo immer auch der Einsatz stattfinden mag – fürs Sightseeing haben Sie garantiert keine Zeit«, sagte Paul und machte sich nicht die Mühe, seine Verärgerung zu kaschieren.
    Maude schien davon nichts zu bemerken. »Schade«, sagte sie. »Aber ich möchte trotzdem mitmachen.«
    »Und dass der Einsatz gefährlich ist? Wie denken Sie darüber?«
    »Das geht schon in Ordnung«, sagte Maude leichten Sinnes. »Ich habe keine Angst.«
    Solltest du aber haben, dachte Chancellor, sprach es wohlweislich aber nicht aus.
    Sie fuhren von der Baker Street nach Norden. Dabei kamen sie durch ein Arbeiterviertel, das schwer unter den Bombenangriffen gelitten hatte. Mindestens ein Haus in jeder Straße war nur mehr eine geschwärzte Ruine oder ein Trümmerhaufen. Paul Chancellor und Flick hatten vereinbart, sich vor dem Gefängnis zu treffen und Ruby Rowland gemeinsam zu befragen. Percy Thwaite würde weiterfahren und in Hendon Lady Denise Bouverie aufsuchen.
    Thwaite saß am Steuer und lenkte den Wagen sicher durch die verschmutzten Straßen. »Sie kennen sich gut in London aus«, sagte Paul.
    »Ich bin in diesem Stadtteil hier geboren«, antwortete Thwaite.
    Chancellors Neugier war geweckt. Er wusste, dass Jungen aus armen Familien nur selten der Aufstieg in den Rang eines Colonels der britischen Armee gelang. »Womit hat Ihr Vater seinen Lebensunterhalt bestritten?«, fragte er.
    »Er kutschierte mit einem Pferdefuhrwerk durchs Viertel und verkaufte Kohlen.«
    »Er hatte sein eigenes Geschäft?«
    »Nein. Er war bei einem Kohlenhändler angestellt.«
    »Sind Sie dann auch hier in der Gegend zur Schule gegangen?«
    Percy Thwaite lächelte. Er merkte natürlich, dass er ausgeforscht wurde, schien aber nichts dagegen zu haben. »Unser Pfarrer hat mir zu einem Stipendium verholfen. Ich konnte daher eine gute Schule besuchen, und dort habe ich auch meinen Londoner Slang verlernt.«
    »Mit Absicht?«
    »Nein, nicht unbedingt. Ich würd’s Ihnen mal so erklären: Vor dem Krieg, als ich

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