Die Leopardin
etwas andere Diva .«
»Das ist eine traurige Geschichte«, sagte Flick. »Es tut mir sehr leid.«
»Ich danke dir, Schätzchen. Aber die Welt ist heutzutage voller trauriger Geschichten, nicht wahr? Warum interessierst du dich ausgerechnet so für meine?«
»Ich brauche eine Fernmeldetechnikerin.«
»Wozu denn, um alles in der Welt?«
»Ich kann dir nicht viel drüber erzählen – es ist alles top secret , wie Mark schon sagte. Was ich dir aber sagen kann, ist, dass es sich um eine brandgefährliche Sache handelt, die du vielleicht nicht überleben wirst.«
»Da läuft’s mir ja eiskalt den Rücken herunter! Aber du wirst dir sicher denken können, dass ich für so harten Tobak nicht unbedingt geschaffen bin. Man hat mich aus psychologischen Gründen für militäruntauglich erklärt, und das war auch verdammt richtig so. Die eine Hälfte der Truppe hätte mich windelweich prügeln wollen – und die andere wäre nachts zu mir ins Bettchen geschlüpft.«
»Die harten Kämpfertypen habe ich schon. Von dir brauche ich deine technischen Fähigkeiten.«
»Hätte ich damit eine Chance, diesen verfluchten Nazischweinen eins auszuwischen?«
»Und ob. Der Erfolg unserer Aktion würde dem Hitler-Regime einen schweren Schlag versetzen.«
»Dann, Schätzchen, bin ich ganz die Deine.«
Flick lächelte. Mein Gott, dachte sie, ich hab’s geschafft.
+ + + vierter tag + + +
mittwoch, 31. mai 1944
Es war mitten in der Nacht, und die Straßen im Süden Englands waren alle verstopft. Lange Konvois von Armeelastwagen rumpelten über die Landstraßen und dröhnten auf ihrem Weg zur Küste durch die verdunkelten Dörfer und Städte, deren Einwohner verwirrt hinter ihren Schlafzimmerfenstern standen und ungläubig auf den nicht enden wollenden Strom der Fahrzeuge starrten, der sie um ihre Nachtruhe brachte.
»Mein Gott«, sagte Greta. »Das sieht ja wirklich nach einer Invasion aus.«
In einem Mietwagen, einem großen, weißen Lincoln Continental, den Flick sehr gerne fuhr, hatten die beiden kurz nach Mitternacht London verlassen. Gretas Garderobe war weniger spektakulär als sonst – ein einfaches schwarzes Kleid und eine brünette Perücke. Erst nach Abschluss der Mission würde sie wieder Gerhard sein.
Flick konnte nur hoffen, dass Gretas Fachwissen tatsächlich so hervorragend war, wie Mark behauptet hatte. Sie arbeitete als Fernmeldetechniker bei der Post, weshalb man davon ausgehen durfte, dass sie wusste, wovon sie sprach. Eine Gelegenheit, Gretas Qualifikation zu testen, hatte sich allerdings bisher nicht geboten.
Sie krochen hinter einem mit Panzern bepackten Tieflader her. Flick erläuterte ihrer Begleiterin, worum es bei dem bevorstehenden Einsatz ging. Dabei hoffte sie inständig, dass das Gespräch keine entscheidenden Wissenslücken bei Greta offenbaren würde. »In dem Chateau befindet sich eine neue automatische Fernmeldezentrale. Sie wurde von den Deutschen zur Bewältigung des gesamten zusätzlichen Telefon- und Fernschreibverkehrs zwischen Berlin und den Besatzungstruppen eingerichtet.«
Greta war zunächst skeptisch, was den Plan betraf. »Sag mal, Schätzchen, selbst wenn wir Erfolg haben – was soll denn die Deutschen daran hindern, die Anrufe einfach um das zerstörte Netz herumzulenken«
»Die schiere Masse. Das System ist überlastet. Über die Kommandozentrale ›Zeppelin‹ der Wehrmacht vor den Toren Berlins laufen Tag für Tag zwanzigtausend Ferngespräche und ebenso viele Fernschreiben, und nach Beginn unserer Invasion werden es noch mehr sein. Das französische System besteht aber weitgehend noch aus manuellen Vermittlungen. Jetzt stell dir vor, die wichtigste automatische Vermittlung fällt aus und all diese Anrufe müssen über die herkömmliche Handvermittlung laufen – also das berühmte Fräulein vom Amt –, was zehnmal so lange dauert. Da kommen neunzig Prozent der Anrufe einfach nicht durch.«
»Die Wehrmacht könnte Privatgespräche verbieten.«
»Das hilft ihnen auch nicht viel. Schon jetzt entfällt nur ein verschwindend geringer Anteil auf zivile Gespräche.«
»Na gut.« Greta dachte nach. »Wir könnten zum Beispiel die Schaltschränke mit gemeinsam genutzten Apparaturen zerstören.«
»Wofür sind die da?«
»Sie sorgen für die Ton- und Klingelsignale und dergleichen bei automatischen Verbindungen. Auch die Geräte, die die eingegebenen Vorwahlnummern in Verbindungsbefehle verwandeln, gehören dazu.«
»Würde damit die gesamte Vermittlungszentrale außer Kraft
Weitere Kostenlose Bücher