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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Agenten gefangen, der gar nicht wusste, dass er gefangen war.
    Kaum war die Nachricht gesendet, baute Helicopter seine Anlage auch schon wieder ab. Weil die Gestapo mit speziellen Richtantennen Spione aufzuspüren versuchte, war es gefährlich, länger als ein paar Minuten auf Sendung zu bleiben.
    In England musste die Botschaft nun aufgezeichnet, dekodiert und an Helicopters Agentenführer weitergeleitet werden, der sich vor einer Antwort möglicherweise noch mit anderen beraten würde. Das konnte, alles in allem, mehrere Stunden dauern. Helicopter würde daher bis zur vereinbarten Stunde auf die Reaktion aus London warten.
    Franck musste es nun irgendwie schaffen, den jungen Mann von seinem Funkgerät und – vor allem – von den Chiffrierunterlagen zu trennen. »Ich nehme an, Sie wollen jetzt Kontakt mit der Bollinger-Gruppe aufnehmen«, sagte er.
    »Richtig. London muss wissen, was davon noch übrig ist.«
    »Wir bringen Sie zu Monet, das ist der Deckname des Anführers.« Franck sah auf seine Armbanduhr – und ein heilloser Schrecken durchfuhr ihn: Es war die Standarduhr des deutschen Wehrmachtoffiziers. Wenn Helicopter sie erkannte, war das Spiel aus. Bemüht darum, den leichten Tremor in seiner Stimme zu verbergen, sagte er: »Wir haben jetzt Zeit. Ich fahre Sie zu seinem Haus.«
    »Ist es weit von hier?«, fragte Helicopter tatendurstig.
    »In der Stadtmitte.«
    Monet, dessen richtiger Name Michel Clairet war, würde nicht zu Hause sein. Er benutzte das Haus nicht mehr – Franck hatte es überprüft. Die Nachbarn behaupteten, sie hätten keine Ahnung, wo er sich aufhielt, was Franck nicht überraschte. Monet war davon ausgegangen, dass einer seiner Kameraden beim Verhör seinen Namen und seine Adresse verraten würde, und hielt sich seither verborgen.
    Helicopter nahm das Funkgerät auseinander und wollte es wieder im Koffer verstauen.
    »Muss die Batterie nicht ab und zu aufgeladen werden?«, fragte Franck.
    »Doch, doch. Man hat uns sogar angewiesen, es bei jeder sich bietenden Gelegenheit an die Steckdose anzuschließen, damit es immer voll geladen bleibt.«
    »Warum lassen Sie es dann nicht einfach hier? Wir kommen später zurück und holen es. Falls in der Zwischenzeit jemand kommen sollte, kann Bourgeoise es in null Komma nichts verstecken.«
    »Gute Idee.«
    »Gehen wir.« Franck ging voran zur Garage und fuhr den Simca Cinq heraus. Dann sagte er: »Warten Sie einen Augenblick. Ich muss Bourgeoise noch etwas sagen.«
    Er verschwand wieder im Haus. Stephanie war in der Küche und betrachtete neugierig den Gerätekoffer auf dem Tisch. Franck nahm den Codeblock und das Seidentaschentuch aus dem Zubehörfach. »Wie lange wirst du brauchen, um das alles abzuschreiben?«
    Stephanie zog ein Gesicht. »All diese chaotischen Buchstaben? Mindestens eine Stunde.«
    »Mach es so schnell wie möglich – und unbedingt fehlerfrei! Ich halte den jungen Mann eine bis anderthalb Stunden beschäftigt.«
    Er kehrte wieder zum Wagen zurück und fuhr mit Helicopter in die Stadtmitte.
    Michel Clairets Zuhause war ein kleines, elegantes Gebäude in der Nähe der Kathedrale. Franck blieb im Wagen sitzen, während Helicopter zum Hauseingang ging. Nach ein paar Minuten kam der Agent zurück und sagte: »Keiner da.«
    »Versuchen Sie ‘s morgen noch einmal«, sagte Franck. »Aber ich kenne da noch ein Restaurant, das von der Resistance frequentiert wird. Probieren wir es dort mal und schauen, ob ich jemanden erkenne.« Es war eine reine Lüge; er kannte kein solches Restaurant.
    Franck fuhr zum Bahnhof, stellte den Wagen dort ab und entschied sich spontan für ein x-beliebiges Restaurant. Die beiden nahmen dort Platz, tranken wässriges Bier und kehrten eine Stunde später wieder in die Rue du Bois zurück.
    Als sie in die Küche kamen, nickte Stephanie Franck unauffällig zu. Offenbar hatte sie Helicopters Unterlagen alle kopiert.
    »Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie nach einer Nacht im Freien jetzt gerne ein Bad nehmen würden«, sagte Franck zu Helicopter. »Eine Rasur würde Ihnen sicher auch gut tun. Ich zeige Ihnen Ihr Zimmer, und Bourgeoise lässt Ihnen die Wanne ein.«
    »Wirklich nett von Ihnen.«
    Franck quartierte ihn in einem Zimmer im Dachgeschoss ein – dasjenige, das am weitesten vom Bad entfernt lag. Sobald er den Agenten in der Wanne planschen hörte, ging er in dessen Zimmer und durchsuchte seine Kleider. Helicopter hatte frische Unterwäsche und Socken zum Wechseln dabei, die allesamt französische

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