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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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verschiedensten Rangstufen verbergen.
    Helicopter würde ihm also in jeder Hinsicht vertrauen, denn er war überzeugt, von Dieter Franck alias Charenton aus den Fängen der Gestapo befreit worden zu sein.
    Andere allerdings würden sich nicht so leicht an der Nase herumführen lassen. Dafür, dass es da plötzlich ein neues, von Mademoiselle Lemas rekrutiertes Resistance-Mitglied mit dem Decknamen Charenton gab, musste eine plausible Erklärung gefunden werden, die ihm sowohl London als auch der Führer der Gruppe Bollinger, Michel Clairet, abnahmen. In beiden Fällen musste mit Gegenfragen und Kontrollen gerechnet werden. Aber darum kümmere ich mich erst, wenn es akut wird, beschloss Franck. Vorkehrungen für jeden Eventualfall zu treffen ist einfach unmöglich.
    Er gestattete sich einen Augenblick des Triumphes. Er war seinem Ziel, die nordfranzösische Resistance auszuschalten, einen Schritt näher gekommen, und das sogar trotz der Gestapo, die mit ihrer eklatanten Dummheit um ein Haar alles verpfuscht hatte. Außerdem war es aufregend gewesen.
    Die nächste Herausforderung bestand darin, den größtmöglichen Nutzen aus Helicopters Vertrauensseligkeit zu ziehen. Man musste ihm weitgehend freie Hand lassen und darauf achten, dass er keinen Verdacht schöpfte – dann würde er den Weg zu anderen Agenten weisen und am Ende vielleicht sogar Dutzende von ihnen ungewollt ans Messer liefern.
    Leicht würde es nicht werden, darüber war sich Dieter Franck im Klaren.
    Sie erreichten die Rue du Bois. Stephanie fuhr den Wagen in Mademoiselle Lemas’ Garage. Durch den Hintereingang betraten sie das Haus und ließen sich am Küchentisch nieder. Stephanie holte eine Flasche Scotch aus dem Keller und schenkte jedem einen Drink ein.
    Franck wollte unbedingt wissen, ob Helicopter tatsächlich ein Funkgerät dabei hatte. »Sie sollten sofort London Bescheid geben«, sagte er.
    »Wir haben ausgemacht, dass ich um acht Uhr abends sende und um elf Uhr empfange.«
    Dieter prägte sich die Zeiten ein. »Aber wir müssen ihnen umgehend mitteilen, dass der Treffpunkt in der Kathedrale aufgeflogen ist. Da darf doch kein Mensch mehr hingeschickt werden – und vielleicht kommt heute Nacht schon wieder jemand rüber.«
    »O Gott, ja«, sagte der junge Mann. »Ich werde die Notfrequenz benutzen.«
    »Sie können Ihr Funkgerät gleich hier in der Küche aufbauen.«
    Helicopter wuchtete den schweren Koffer auf den Tisch und öffnete ihn.
    Franck unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Da war es also.
    Der Innenraum des Koffers war in vier Fächer aufgeteilt: zwei Seitenfächer sowie, in der Mitte, ein vorderes und ein hinteres Fach. Dieter erkannte sofort, dass der Sender im mittleren, hinteren Fach untergebracht war, mit dem Morseschlüssel in der unteren rechten Ecke. Der Empfänger mit einer Buchse für den Kopfhöreranschluss befand sich vorne in der Mitte. Das rechte Fach diente der Stromversorgung. Die Funktion des linken Fachs wurde erkennbar, als der Agent den Deckel hob und damit den Blick auf ein Sammelsurium an Zubehör und Ersatzteilen freigab: ein Stromkabel, Adapter, Antennendraht, Verbindungskabel, eine Kopfhörerspange, Ersatzröhren, Sicherungen und ein Schraubenzieher.
    Ein blitzsauberes, kompaktes Paket, dachte Franck nicht ohne Anerkennung, eigentlich eher deutsche Wertarbeit. Hätte ich den schlampigen Tommies nie und nimmer zugetraut.
    Die Zeiten, zu denen Helicopter Nachrichten sendete und empfing, kannte er bereits. Jetzt kam es darauf an, die Frequenzen herauszubekommen – und vor allem den Code.
    Helicopter stöpselte einen Stecker in die Steckdose. »Ich dachte, es wäre batteriebetrieben«, sagte Franck.
    »Batterie oder Netzanschluss. Soweit ich weiß, besteht der Lieblingstrick der Gestapo auf der Suche nach illegalen Funkstationen darin, die Stromversorgung einer Stadt Straße um Straße abzustellen, bis es eben auch den Sender erwischt.«
    Franck nickte.
    »Bei diesem Gerät hier müssen Sie bei einem Netzausfall nur diesen Stecker umstecken, dann geht es sofort weiter im Batteriebetrieb.«
    »Sehr gut.« Franck würde der Gestapo davon berichten – sofern es dort nicht ohnehin schon bekannt war.
    Helicopter verband das Stromkabel mit dem Gerät, nahm den Antennendraht und bat Stephanie, ihn über einen hohen Schrank zu drapieren. Dieter Franck öffnete eine Schublade, suchte und fand einen Stift und einen Schreibblock, den sich Mademoiselle Lemas vermutlich für Einkaufszettel zurechtgelegt hatte.

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