Die Lerche fliegt im Morgengrauen
aber ganz sicher. Der Mann rechts von ihm hat beim Fernsehen Karriere gemacht. Er ist mittlerweile tot.«
»Aber doch nicht etwa durch Dillon?«
»O nein, Magenkrebs, aber er wurde 1981 von einem unserer Leute angesprochen und bestätigte, daß es sich bei der Person
neben ihm auf dem Foto um Dillon handelte.«
»Das einzige Bild, das wir haben«, sagte Ferguson. »Und überhaupt nicht zu gebrauchen.«
»Wußten Sie, daß er sogar einen Flugschein gemacht hat, und zwar einen für Berufspiloten?« fragte Mary.
»Nein, das wußte ich nicht«, sagte Brosnan.
»Laut einem unserer Informanten hat er die Prüfung vor einigen Jahren im Nahen Osten abgelegt.«
»Warum haben Ihre Leute sich einundachtzig für ihn interes siert?« wollte Brosnan wissen.
»Ja, also das ist eigentlich interessant«, meinte sie. »Sie ha ben Colonel Hernu erzählt, daß er sich mit der IRA überwerfen hatte, daß er ausschied und zur internationalen Terroristenszene überwechselte.«
»Das stimmt.«
»Es scheint, als hätten sie ihn einundachtzig wieder zurück
geholt. Sie hatten in England Probleme mit ihren aktiven Einsatzgruppen. Es gab zu viele Verhaftungen und so weiter. Durch einen Informanten in Ulster erfuhren wir, daß er für einige Zeit in London operierte. Es gab mindestens drei oder vier Vorfälle, die ihm zugeschrieben werden. Zwei Autobom ben und der Mord an einem Polizeiinformanten in Ulster, der mit seiner Familie herausgeschmuggelt wurde und in Maida Vale eine neue Identität erhielt.«
»Und wir sind einfach nicht an ihn herangekommen«, sagte Ferguson.
»Na ja, wie auch«, sagte Brosnan. »Ich erkläre es Ihnen noch mal. Er ist ein außerordentlich begabter Schauspieler. Er kann sich vor Ihren Augen verwandeln, und zwar nur unter Einsatz seiner Körpersprache. Sie müssen es selbst gesehen haben, um es zu glauben. Stellen Sie sich vor, was er mit Make-up oder Umfärben der Haare fertigbringen kann. Er ist nur einen Meter sechzig groß. Ich habe gesehen, wie er sich als Frau verkleidete und sogar die Soldaten, die in Belfast zu Fuß durch die Straßen patrouillierten, getäuscht hat.«
Mary Tanner beugte sich gespannt vor. »Fahren Sie fort«, bat sie leise.
»Wollen Sie noch einen Grund wissen, weshalb Sie ihn nie haben fangen können? Er arbeitet mit einer ganzen Reihe von Decknamen. Er ändert seine Haarfarbe, wendet jeden masken bildnerischen Trick an, den er für nötig hält, dann läßt er sich fotografieren. Dieses Bild wandert dann in seinen falschen Paß oder seine sonstigen Ausweispapiere. Er hat eine ganze Kollek tion davon. Und wenn er untertauchen muß, dann verwandelt er sich ganz einfach in die jeweilige Person auf dem Foto.«
»Raffiniert«, sagte Hernu.
»Genau, daher kann man nicht auf Hilfe durch die Veröffent
lichung von Fahndungsfotos im Fernsehen oder in den Zeitun gen hoffen. Wo immer er sich aufhält, ist er perfekt getarnt. Als er in London arbeitete und irgend etwas brauchte, Hilfe, Waffen, was auch immer, mimte er einfach den Kriminellen und benutzte die Unterwelt und seine dortigen Kontakte.«
»Sie meinen also, er würde sich nicht mit IRA-Leuten in Verbindung setzen?« fragte Mary.
»Ich bezweifle das. Vielleicht ginge er zu jemandem, der seit Jahren im verborgenen lebt, dem er wirklich vertrauen kann, aber solche Leute sind dünn gesät.«
»Ein Punkt ist bisher noch gar nicht angesprochen worden«, sagte Hernu. »Für wen arbeitet er überhaupt?«
»Nun, bestimmt nicht für die IRA«, sagte Mary. »Wir haben sofort eine Computerüberprüfung veranlaßt, und wir stehen in direkter Verbindung mit dem RUC-Computer und dem engli schen militärischen Abschirmdienst in Lisburn. Kein Hinweis von beiden auf das versuchte Attentat auf Mrs. Thatcher.«
»Ja, das glaube ich«, sagte Brosnan, »aber auch hier kann man nie ganz sicher sein.«
»Da sind natürlich noch die Iraker«, sagte Ferguson. »Sad
dam würde im Augenblick am liebsten jeden in die Luft spren gen.«
»Sicher, aber vergessen Sie nicht die Hisbollah, die PLO, das Schwert Allahs und alle möglichen anderen aus diesem Lager. Er arbeitet für sie alle«, erinnerte Brosnan ihn.
»Ja«, sagte Ferguson, »und unsere Quellen in dieser Richtung abzufragen dauert seine Zeit, und die haben wir nicht.«
»Meinen Sie, er versucht es noch einmal?« fragte Mary.
»Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, meine Liebe, aber ich bin schon fast mein ganzes Leben in diesem Geschäft tätig. Ich verlasse
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