Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
leuchtend weißen Außenschutz gegen Mikrometeoriten. Dazu musste er Holle in ihrer Unterwäsche sehr nahe kommen. Kontakt zwischen den Geschlechtern konnte unangenehm sein auf einem Schiff, auf dem ein Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen herrschte, ein Erbe des chaotischen endgültigen Einschiffungsprozesses. Und in den offenen Modulen war es nur allzu leicht, seinen Nachbarn Tag und Nacht zu beobachten und sich in Fantasien hineinzusteigern. Genau das hatte zu dem Angriff geführt, mit dem sich Jack Shaughnessy solchen Ärger eingehandelt hatte. Aber Masayo war energisch und professionell und zeigte über die Erledigung der Arbeit hinaus kein besonderes Interesse an Holle.
    Sie band sich ihr persönliches Identifikationsband ums Bein, einen Farbcode mit einer Crew-Nummer, so dass sie auf den
Monitoren zu erkennen war, sobald sie sich außerhalb des Schiffes befand. Obendrein klebte sie sich eine »EVA Eins«-Scheibe auf die Brust und eine Nummer Zwei auf die von Masayo. Dann zogen sie ihre Snoopy-Funkhauben über, halfen einander mit Helmen und Handschuhen und überprüften noch einmal die Display-Konsolen auf der Brust.
    Als sie fertig waren, reckte Holle einen Daumen in eine Kamera, die sie beobachtete, und rief Zane, der an diesem Tag Dienst hatte, zu: »Okay, Zane, hier ist EVA Eins, EVA Eins und Zwei sind aufbruchsbereit.«
    Zanes Stimme knisterte in ihrem Ohr. »Verstanden, Holle. Lasst mich die Schleusen-Checks durchführen.«
    Sie standen da und warteten. Zane klang geistesabwesend, wie immer. Vielleicht war er von irgendeinem eigenen Projekt in Anspruch genommen – die Warp-Montage war anstrengend genug. Aber Holle hatte den Eindruck, dass er zunehmend in den dunklen Regionen seines eigenen Kopfes verschwand. Er pflegte auf seiner Liege zu liegen oder einfach wie ein leerer Anzug an irgendeiner Halterung in der Luft zu hängen. Sie hatte Mike Wetherbee zu bewegen versucht, sich ihn anzusehen, aber der Arzt hatte eingewandt, er sei kein Psychiater, und er war ohnehin noch immer ungeheuer eingeschnappt, weil Miriam auf der Erde zurückgeblieben war, und wollte sich nicht mit psychiatrischen Fällen befassen. Holle, die nach wie vor unter ihrer Trennung von Mel litt, konnte es ihm nachfühlen. Mike hatte Zane gebeten, über Funk mit Fachleuten auf der Erde zu sprechen, aber die Zeitverzögerung hatte verhindert, dass sich jemand richtig in ihn hineinversetzen konnte.
    Heute jedoch war Zane voll da. Nach ein paar Minuten sprang eine Anzeige über der Schleusentür von Rot auf Grün. Holle wandte sich an Masayo. »Willst du vorangehen?«

    »Was, ein einfacher Soldat wie ich? Geh du vor.«
    »Das ist deine allererste EVA, stimmt’s?«
    »Danke, dass du mich dran erinnerst.«
    »Hauptsache, du kotzt nicht in deinen Anzug. Es gibt nur fünf, die mir passen, und das ist einer davon. Gehen wir.«
    Sie drückte einen Griff herunter, und die Tür glitt auf und gab den Blick in die glänzende Luftschleusenkammer und auf ein kleines Fenster frei, das die Schwärze des Alls draußen zeigte.

50
    Sie glitten aus der Luftschleuse in stechendes, trübes Sonnenlicht.
    Holle und Masayo standen schwerelos auf der Nase von Seba, einem mit Isoliermaterial umhüllten, fünfzig Meter hohen Turm. Die Verbindung zwischen den Modulen bestand aus einem dreiadrigen Stahlseil, das von der Nase des Moduls senkrecht nach oben führte und im matten Sonnenlicht glänzte. Holle zeigte Masayo, wie er die Sicherungsvorrichtung an seiner Taille an dem Seil befestigen musste. Sie lehnte sich zurück und folgte der Linie des Verbindungsseils nach oben, durch den unvollständigen Kreis des Warp-Generators direkt über ihr. Dahinter schwebte das zweite Modul, Hawila, mit der Nase nach unten im Himmel, zweihundert Meter entfernt. Es war eine außergewöhnliche Metallskulptur, die im fahlen Licht hing.
    Sie sah Masayo an. Er stand in dem steifen Anzug unbeholfen da, das Gesicht hinter einem goldenen Visier verborgen. »Bereit? «, fragte sie.
    »Bringen wir’s hinter uns.«
    Holle legte einen Schalter um. Die Anzugwinden sprangen an, und sie stiegen mit baumelnden Beinen zügig und lautlos an dem Seil nach oben. Holle war unmittelbar vor Masayo. »Die Überfahrt wird ein paar Minuten dauern.«
    »Ziemlich langsam«, sagte er leise.

    »Ja, wegen der Sicherheit. Hast du’s eilig? Ich könnte den Regulator natürlich abschalten …«
    »Nein, bloß nicht.«
    »Ach, komm schon, genieß es. Schau dich um. Orientier dich. Dort ist die Sonne.

Weitere Kostenlose Bücher