Die Letzte Arche
das an den erodierten Gebirgsketten, den ebenen Landschaften erkennen. Die Seismometer der Penetratoren haben nur wenige Erdbeben entdeckt. Und wir sehen keine signifikanten Hinweise auf eine Kontinentaldrift, keine aktiven Gebirgsketten im Meer, die Platten formen, keine Subduktionszonen an Plattengrenzen – keine kollidierenden Platten, die Vulkanismus auslösen und Gebirgsketten aufwerfen, wie auf der Erde.
Die tektonischen Verschiebungen sind hier zum Erliegen gekommen. Sie fehlen nicht völlig, aber sie finden eindeutig in viel geringerem Tempo statt als auf der Erde. Und das Ergebnis ist die Geologie, die wir sehen. Der Frisbee hat gewisse Ähnlichkeit mit Australien; er ist uralt und stabil, so alt, dass seine Berge abgetragen, die Felsen zu Staub zerkleinert und vom Rost rot gefärbt sind. Der große Vulkan im Herzen des Frisbee ist ein Schildvulkan, wie Hawaii auf der Erde und genau wie Olympus Mons auf dem Mars – der Name, den wir ihm gegeben haben, ist gut gewählt. Er wurde von einem Magma-Diapir erzeugt, einem fontänenartig aufsteigenden Strom heißen Materials aus dem Mantel des Planeten. Olympus sitzt seit langer Zeit über
diesem Diapir – seit mehreren Hundert Millionen Jahren vielleicht. Auf der Erde gleiten die Kontinente in ähnlichen Zeiträumen vom Äquator bis zum Pol.
Ist das wichtig? Wir glauben schon, weil es um die langfristige Bewohnbarkeit des Planeten geht. Auf der Erde spielt die Plattentektonik eine Schlüsselrolle in den gewaltigen geologischen und biologischen Kreisläufen, die Gaia am Leben erhalten. Diese Welt, in der die tektonischen Prozesse stark reduziert sind, kann keine derart bedeutende Fracht des Lebens tragen.
Woran liegt es nun, dass die Erde II so viel weniger aktiv ist als die Erde? Erstens ist sie viel kleiner als die Erde. Wie der Mars muss sie einen größeren Teil ihrer inneren Entstehungswärme abgegeben haben, und ein größerer Teil ihres Bestands an radioaktiven Stoffen wird zerfallen sein. Die große innere Wärmekraftmaschine, die die Plattentektonik antreibt, ist also zum Stillstand gekommen. Und zweitens glauben wir, dass die Erde II tatsächlich weitaus älter ist als die Erde, um eine Milliarde Jahre oder mehr; was immer die Planetenbildung in diesem System ausgelöst hat, sie ist viel früher erfolgt als bei uns daheim.«
»Vor einer Milliarde Jahren hat diese Welt also vielleicht weitaus erdähnlicher ausgesehen«, warf Wilson ein.
»Ja. Und sie hatte auch eine viel reichhaltigere Biosphäre. Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass wir Spuren einer vergangenen Komplexität finden werden, die verlorenging, als der Planet erschöpft war. Vielleicht ist das der Grund, warum wir keine Spuren noch existierenden intelligenten Lebens finden.«
Kelly stürzte sich auf diese Worte. »›Noch existierend‹? Soll das heißen, ihr habt Spuren nicht mehr existierender Kulturen gefunden?«
Holle verspürte eine unvernünftige Erregung.
Zur Antwort tippte Venus auf eine Taste eines Handhelds.
Die sich drehende Welt verschwand abrupt und machte einer der größeren Streusel-Inseln Platz, wie von einem niedrig fliegenden Flugzeug aus gesehen. Früher einmal mochte sie gebirgig gewesen sein; jetzt waren ihre Berge zu stummelförmigen Erhebungen verwittert. »Wir nennen sie Klein-Jamaika.« Venus zeigte auf eigentümliche Merkmale auf einer Ebene in der Nähe des Meeres. »Seht ihr das?« Es waren schwach sichtbare Kreise, Andeutungen von Gebilden mit geraden Linien. »Wir wissen nicht, was das ist. Ihr müsst euch ins Gedächtnis rufen, dass diese Insel in jedem lokalen Winter von Packeis bedeckt ist; etwaige Spuren von Oberflächenstrukturen, von Gebäuden und Städten, wären schon längst zerstört worden. Wir meinen, dass es sich möglicherweise um Überreste eines Steinbruchs handelt. Die könnten bis zu einer Milliarde Jahre lang erhalten bleiben. Vielleicht ist es auch was anderes, zum Beispiel eine Stadt. Es gibt noch mehr Indikatoren für Intelligenz. Wir haben keine Anzeichen von tief liegenden Kohlenstofflagern gefunden. Falls es auf dieser Welt Öl oder Kohle gegeben hat – oder die lokalen Entsprechungen –, sind sie längst verschwunden. Keine Anzeichen von besonders reichhaltigen oberflächennahen Mineralerzschichten. Und auch nur eine geringe Zahl von Asteroiden in diesem System.«
Wilson verschränkte die Arme. »Das verstehe ich nicht. Wofür sind das Indikatoren?«
»Dafür, dass jemand die leicht zugänglichen Ressourcen
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