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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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um damit zu Wilson zu gehen.«
    Indem sie Wilson erwähnte, stellte sie sich unter seinen Schutz, erkannte Holle. Aber die Stimmung im Raum schlug um, Schock und Enttäuschung wichen einer Art Zorn. Theo rief: »Und ihr habt sie geheim gehalten, eure ›Vermutungen‹?«
    Wilson schaltete sich ein. »Das war alles, war wir hatten. Vermutungen. Wir mussten hierherkommen, um sicher zu sein. Und außerdem, wir konnten wohl kaum den Kurs ändern. Ihr wisst, dass man eine Warp-Blase nicht von innen kontrollieren kann. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich mit der Sache zu befassen, und genau das tun wir gerade, ganz offen.« Er wandte sich an Venus. »Du hast immer noch das Wort. Was schlägst du vor?«
    Sie blickte mit unbewegter Miene auf. »Ich denke, dass wir auf der Erde II nicht leben können. Die Reise ist noch nicht vorbei. Wir müssen weiter. Tut mir leid, aber so ist es.«
    Einen Moment lang herrschte schockierte Stille. Dann begannen die Leute, durcheinanderzurufen und auf Venus zu zeigen, die trotzig neben ihrem Modell stand und sich zweifellos wünschte, wieder in der Zuflucht ihrer Kuppel zu sein.
    Wir müssen weiter, hatte Venus gesagt. Aber, fragte sich Holle fasziniert und überwältigt, weiter wohin?

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    Wilson trat in die Mitte des Raums und brüllte: »Schnauze! Ich bin der Sprecher, vergesst das nicht. Also hört auf zu quatschen. « Das löste ironisches Gelächter aus und brach die Stimmung ein bisschen auf. »Immer einer nach dem anderen. Elle.« Wilson zeigte auf Elle Strekalow, die auf einem Steg stand. »Du hast bei all dem mit Venus zusammengearbeitet. Was hast du zu sagen?«
    »Dass ich anderer Meinung bin«, rief Elle herunter. Holle fragte sich sofort, ob Wilson sie als Erste aufgerufen hatte, weil er wusste, dass sie Venus nicht zustimmen würde. »Vielleicht schaffen wir’s hier. Du hast selbst gesagt, Venus, dass es zumindest etwas äquatoriales Land gibt, das wir besiedeln könnten. Eine andere Möglichkeit wären aneinandergekoppelte Flöße …«
    Paul Shaughnessy brach in johlendes Gelächter aus. »Flöße? Wenn wir auf Flößen leben wollten, hätten wir auf der verdammten Erde bleiben können.«
    »Wo ihr Illegalen auch besser geblieben wärt«, erwiderte jemand laut, und es gab wütendes Murren, die üblichen, kaum unterdrückten Spannungen.
    »Immer einer nach dem anderen«, knurrte Wilson. »Sprich weiter, Elle.«
    »Okay, keine Flöße. Wir müssen da runter und verstehen, wie das einheimische Leben überlebt – denn es überlebt ja, das sehen wir. Bäume zum Beispiel. Weil das Eis jährlich wegschmilzt,
dürfte die Dicke der Eisschicht gering sein, vielleicht zwei oder drei Meter. Man könnte sich einen Baum mit langen Wurzeln vorstellen, der Wasser und Nährstoffe tief unter der gefrorenen Oberfläche anzapft. Nadelartige Blätter wie eine Konifere, die er nie abwirft. Irgendeine Anpassung der Transpiration während der trockenen Monate. Wir könnten Bäume von der Erde gentechnisch so manipulieren, dass sie auf diese Weise leben können«, beharrte Elle. »Was Tiere betrifft, ihr entscheidendes Merkmal ist Mobilität. Aus unserem Zuchtstock könnten wir Wanderherden entwickeln. Insbesondere der Gürtel ist ein Nord-Süd-Korridor, in dem die Herden der Trockenheit und dem Eis entkommen und dorthin ziehen könnten, wo das Klima in einem gegebenen Monat gemäßigt ist.«
    »Und was ist mit den Menschen?«, rief Masayo. »Werden wir auch wandern müssen?«
    »Nein«, sagte Elle trotzig. »Wir könnten uns Schutzräume suchen, in denen wir überwintern und übersommern können. Die Extreme überstehen. Höhlen vielleicht.«
    »Höhlen?«, rief Paul Shaughnessy. »Erst Flöße, und jetzt Höhlen?«
    »Seht mal«, fuhr Elle fort, »dieser Planet ist nicht unbewohnbar. Es gibt Regionen, in denen die Vegetationsperiode länger ist als auf der Erde – obwohl man noch viel länger auf die nächste Wachstumsphase warten muss. Mit der Zeit und einem Programm genetischer Modifikation, kontinentweiter Aussaat, dem Bau oder Umbau geeigneter Schutzräume und letztlich vielleicht auch einem gewissen Maß an Terraformung …«
    »Wir werden nicht die Mittel haben, all das zu bewerkstelligen, selbst wenn es möglich wäre«, wandte Venus ein. »Wir werden vom Tag unserer Landung an ums Überleben kämpfen.«
    »Noch jemand?«, fragte Wilson.

    Holle hob die Hand. »Venus, du hast gesagt, wir könnten nicht hier bleiben, wir müssten weiter. Wohin denn?«
    Venus lächelte. »Danke, Holle.

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