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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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verbraucht hat – das Öl, die einfach abzubauenden Erze, ja sogar nicht planetengebundene Ressourcen in den Asteroiden. Und dann sind sie ausgestorben oder weggegangen. Kann sein, dass wir irgendwelche direkten Beweise finden, wenn wir unten auf der Oberfläche anfangen, richtige Archäologie zu betreiben.« Sie zuckte die Achseln. »Da gibt’s eine Menge Sand zu sieben.«

    »Mein Gott«, flüsterte Holle.
    »Ich weiß«, sagte Kelly. »Es ist nicht gut für uns. Aber ist es nicht grandios ?« Und einen Moment lang war es, als wären sie wieder Kandidaten, die gemeinsam über ein wissenschaftliches Wunder staunten. Heute waren sie jedoch nicht wegen der Wissenschaft hier.
    Jemand rief: »Und was ist mit der Schiefe der Ekliptik? Ich dachte, das wäre das große Problem.«
    Venus gestattete sich ein trübseliges Lächeln. »Das Beste habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben.«
    Sie rief ein neues Display auf. Es zeigte die Erde II und ihre Sonne, 82 Eridani. Das Schaubild war nicht maßstabsgetreu, Planet und Stern sahen aus wie zwei Glühbirnen, und die Umlaufbahn des Planeten war ein leuchtend gelber Kreis um die Sonne. Die Rotationsachse des Planeten war ein heller, durch seinen Korpus getriebener Splitter, der fast genau auf die Sonne wies.
    »Während der Planet um die Sonne läuft«, erklärte Venus, »zeigt die Achse immer in dieselbe Richtung – genau wie bei der Erde. Ihr seht, was für Folgen das hat.« Sie tippte auf eine Taste, und der Planet sauste um seinen Stern, ohne dass die Achse ihre Ausrichtung im Weltraum veränderte. Das Jahr auf der Erde II war ungefähr genauso lang wie das Erdjahr, so dass der Nordpol nach sechs Monaten im Schatten lag, der Südpol hingegen im Licht. »Die Schiefe der Erdekliptik – ihre Achsneigung – beträgt ungefähr dreiundzwanzig Grad, die der Erde II hingegen neunzig Grad. Das Leben auf der Erde hat sich so entwickelt, dass es einen moderaten Jahreszeitenverlauf bewältigen kann. Hier haben wir es jedoch mit dem denkbar extremsten Jahreszeitenverlauf zu tun.
    Jeder Teil des Planeten außer einem Äquatorialstreifen muss Monate permanenter Dunkelheit und Monate permanenter
Helligkeit durchstehen. Abseits des Äquators leidet man unter extremer Hitze und Trockenheit, gefolgt von Monaten arktischer Kälte – wir schätzen, dass die Oberflächentemperatur auf einem großen Teil der zum Weltraum zeigenden Hemisphäre auf hundert Grad unter Null absinkt und dass sich dort eine gewaltige Schnee- und Eisdecke bildet. Auch am Äquator zu leben wäre eine Herausforderung, denn selbst im Hochsommer beider Hemisphären würde die Sonne dort niedrig stehen, die Wärmeausbeute wäre minimal, das Klima winterlich.«
    Venus rief erneut das Bild des Planeten auf, die umgekippte Welt mit ihren freundlich aussehenden Kontinenten. Jetzt ließ sie das Bild eine beschleunigte Simulation der Jahreszeitenzyklen durchlaufen. Eis überzog die Kontinente, gab sie dann wieder frei und ließ sie ausgetrocknet zurück, ziegelrot. »Wir können das nicht überleben«, sagte sie. »Nun ja, vielleicht könnten wir uns an das eine oder das andere Extrem anpassen. Aber nicht an diese Umschwünge Jahr für Jahr, von glutheißer Trockenheit zu antarktischer Kälte. Unsere Pflanzen, unsere Tiere könnten ebenso wenig damit fertigwerden. Die einzige möglicherweise für Siedlungszwecke geeignete Region läge am Äquator, aber es gibt nur sehr wenig äquatoriales Land, ein paar Inseln und ein Stück des Gürtels … Wir haben Pech gehabt. Von der Erde aus konnten wir die Rotationsachse nicht erkennen. Wir haben diese Merkmale nicht vorhersagen können.«
    Sie verstummte. Ihr Publikum schwieg, bis auf die herumzappelnden Kinder, und sah düster zu, wie der Spielzeugplanet seine zyklischen Jahreszeiten durchlief.
    Theo Morell überraschte Holle, indem er von oben rief: »Du sagst, das sei von der Erde aus nicht zu sehen gewesen. Okay. Aber einige dieser Probleme musst du doch schon aus größerer Entfernung bemerkt haben, vor allem diese Achsengeschichte.
Schließlich hast du die letzten zehn Jahre damit verbracht, aus deiner Kuppel ins All zu starren.«
    »Ja, ich …«
    »Wann hast du gewusst, dass die Erde II ein Schlag ins Wasser sein würde?«
    Venus warf Wilson einen Blick zu, der die Achseln zuckte und wegschaute. »Vor ungefähr zwei Jahren. Damals begannen sich die Daten zu erhärten – einige Vermutungen hatten wir auch schon vorher gehabt. Vor zwei Jahren war ich beispielsweise sicher genug,

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