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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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meldest und dann wieder nicht. Dann kommt es mir vor, als hättest du mich vergessen. Manchmal bilde ich mir ein, dass du eine neue Freundin hast. Ich weiß nicht mal, ob ich das überhaupt je für dich gewesen bin. Vielleicht interessierst du dich ja mehr für Mädchen wie Ashley.
    Ich starre auf den Monitor. Claire hat keine Ahnung. Sie kapiert kein bisschen, was ich für sie empfinde. Vielleicht hängt sie bei dieser Exkursion mit irgendeinem anderen herum … mit Brian vielleicht … oder Jordan … oder sogar Max …
    Ich klappe den Laptop zu. Jetzt kann ich wieder klarer denken. Mein Körper fühlt sich kräftiger an. Ich weiß, was ich zu tun habe.
    »Archie«, sage ich. »Hast du Geld? Kannst du mir was leihen?«
    »Was hast du vor?«, will er wissen und nimmt den Computer wieder an sich. »Du hast ihn nicht richtig ausgemacht! Ich lass dich nicht mehr ran!«
    »Geld, Archie, ich muss mir was von dir leihen. Außerdem musst du mich eine Zeit lang decken.«
    »Du bist gut!«, sagt er und platzt fast vor Begeisterung. »Willst du abhauen? Wie geil ist das denn?«
    Herrje. Kann ich ihm überhaupt vertrauen? Oder verpetzt er mich gleich bei Patrick?
    »Du darfst ihnen nichts sagen«, knurre ich. »Du darfst ihnen überhaupt nichts sagen.«
    Er schaut mich an. Ich weiß nicht genau, ob er es für eine gute Idee hält, mir dabei zu helfen, in Schwierigkeiten zu geraten, oder ob er den einfachen Weg wählt und mich gleich verrät. Ich balle die Fäuste. »Ich mein’s ernst, Archie.«
    »Chill mal, Kumpel«, sagt er und wedelt mit der Hand herum. »Es ist eine echt blöde Idee. Aber allein kommst du nicht durch. Ich komme mit.«

Kapitel 13
Verirrt
    Wir schleichen uns aus dem Haus. Archie zeigt mir ein Tor hinten im Garten, von dem aus ein Weg direkt ins Dorf führt. Dort warten wir an der Bushaltestelle, kaufen uns am Bahnhof Fahrkarten … und die ganze Zeit bin ich mir sicher, dass wir jeden Augenblick geschnappt werden. Dass Patrick uns aufspürt oder meine Mum aus einem Taxi springt … Aber jetzt sitzen wir in einem Zug nach London und immer noch hat uns niemand aufgespürt. Langsam werde ich zuversichtlicher und entspanne mich.
    Dann fällt mir ein, dass wir in eine Stadt fahren, in der jede Menge Leute wohnen, die mich umbringen wollen.
    »Und jetzt?«, flüstert Archie. »Was machen wir jetzt?«
    Ich sehe ihn finster an. Ich weiß genau, wo wir hinfahren und wie wir dorthin kommen, aber ich habe nicht vor, unsere Pläne im ganzen Abteil herumzuposaunen. »Diese Information ist nur für vertrauenswürdige Personen bestimmt«, flüstere ich zurück.
    »Ich bin vertrauenswürdig. Schließlich bezahle ich das alles.«
    Ich werfe einen kurzen Blick auf die Frau, die uns gegenübersitzt.Sie hat ihre iPod-Stöpsel drin. Ich glaube nicht, dass sie uns zuhört.
    »Claire«, raune ich. »Wir müssen sie finden. Ich weiß, wo sie ist. Ich sage dir, wo wir hinmüssen, sobald wir dort sind.«
    »Super«, sagt er. »Genialer Plan. Du willst es unbedingt mit deiner Freundin treiben – und ich? Worin besteht meine Aufgabe?«
    »Ich habe nicht verlangt, dass du mitkommst. Warum wolltest du eigentlich unbedingt dabei sein?«
    »Sie haben einen Platz für mich in der Klosterschule, Allingham Priory«, antwortet er. »Ich habe mir selbst schon überlegt, ob ich nicht abhauen soll. Wenn sie uns jetzt kriegen, kann ich dir alles in die Schuhe schieben … Ich kann behaupten, du hättest mich dazu gezwungen, mich bedroht … und mir mein Geld geklaut.« Er grinst mich dämlich an. Ich weiß nicht genau, ob er Spaß macht oder nicht.
    »Du kannst so weit, wie du willst, mitkommen«, sage ich zu ihm. »Das Geld, das du mir leihst, kriegst du eines Tages zurück. Versprochen …«
    Er verdreht die Augen. »Ty«, sagt er. »Du musst noch lernen, wann ich dich verarsche und wann nicht. Du nimmst das Leben viel zu ernst.«
    Einen Augenblick erinnert er mich an Arron. Arron, der so schlagfertig war wie Jonathan Ross oder Johnny Vaughan. Arron, der immer Witze gerissen hat, manche auch über mich, und ich wusste nie genau, ob ich darüber lachen sollte oder nicht. Ob er jetzt, wo er in einer Jugendstrafanstalt sitzt, immer noch so lustig ist?
    Inzwischen haben wir eindeutig London erreicht – ich sehe Ally Pally, den Alexandra Palace auf dem Hügel, und ich habe den süßen, strengen, vertrauten, erstickenden Geschmack von Panik auf der Zunge. Der Zug hält in Finsbury Park – ausgerechnet Finsbury Park, meine Güte, hier bin ich

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