Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
Vom Netzwerk:
genug Zeit vergeudet. Ein ehemaliger Schüler mit schlechtem Ruf hat eins unserer schutzbedürftigsten Mädchen belästigt. Falls ihm etwas zustößt, brauchen wir nicht mehr zu sagen als das. Damit sind wir aus dem Schneider.«
    Dann herrscht Schweigen. Wahrscheinlich sind sie weggegangen. Aber dann seufzt Mr Henderson und sagt: »Na schön, Colin, ich hoffe nur, dass Sie recht haben. Aber ich würde nicht behaupten, dass Claire unbedingt das schutzbedürftigste Kind bei dieser Angelegenheit gewesen ist. Haben Sie gewusst, dass Ellie Langleys Trainer, der Mann, der vor Kurzem erschossen wurde, mit Joes Mutter zusammen war? Ich möchte mir gar nicht genauer vorstellen, was im Leben dieses Jungen vor sich geht.«
    Dann höre ich ihre Schritte, die sich langsam entfernen.
    Ich lasse mich auf den Boden sinken, ziehe die Knie an die Brust und lege die Arme darum und denke über das nach, was ich gerade gehört habe. Mr Henderson … er weiß … er weiß so ungefähr Bescheid. Er hält mich für schutzbedürftig. Er macht sich Sorgen um mich. Es ist wirklich komisch: Ich bin wütend und es ist mir peinlich und ich freue mich, und das alles auf einmal.
    Im Zimmer stinkt es jetzt sogar noch intensiver nach Hundescheiße als vorher. Ich denke an die Bazillen, die da herumkrabbeln und sich vermehren, und mir wird ganz schlecht, ich muss mich sogar schütteln. Ich muss sie vernichten. Schade nur um die Klamotten.
    Mithilfe des Handtuchs hebe ich alle Sachen auf, die eventuell mit Schäferhundkacke in Berührung gekommen sind, und stopfe alles in den Metallpapierkorb in der Zimmerecke. Dann nehme ich Archies Feuerzeug von seinem Bett, gehe in die Hocke und versuche, den Kapuzenpulli anzuzünden. Es dauert eine Zeit lang, aber dann brennt er und die Flammen springen auf das T-Shirt über.
    Ich schaue reglos zu und muss an das Feuer in Mr Patels Laden denken, an die Explosion, die uns hätte umbringen sollen, an das Fauchen und Knacken, mit dem das Feuer die Süßigkeiten geschmolzen und die Zeitungen und Zeitschriften aufgefressen hat. Ich rieche den chemischen Rauch, der aus dem Sofa gekrochen war, als Mum einmal zu viel getrunken hatte und mit einer Kippe in der Hand eingeschlafen war.
    Ich stehe wieder neben dem Kamin in Patricks Arbeitszimmer, wo ich die Hand in die Flammen halten wollte.Ich sehe fasziniert zu, wie die Jeans Feuer fangen und wie das orange-blaue Flackern im Metalleimer weiter nach oben springt.
    Gran hat manchmal vom Höllenfeuer erzählt, davon, dass die Seelen der Verdammten bis in alle Ewigkeit brennen und unaufhörliche Qualen erleiden müssten. Meine Mum und meine Tanten haben sie dann immer ausgelacht und gesagt, sie würde abergläubischen Quatsch reden. Mum hat immer so getan, als würde sie mir die Ohren zuhalten, und hat gesagt: »Ty, hör nicht hin. Ich will nicht, dass du diese ganze katholische Schuld mit dir rumschleppst.« Sogar die Lehrer in der Schule haben gesagt, dass die Hölle nicht Mistgabeln und Schwefel und Flammen bedeutet. »Die Hölle ist die völlige Loslösung von Gott«, hat uns Pater Matthew erzählt, »das einsamste Gefühl, das man sich vorstellen kann.« Mir ist es immer leichter gefallen, mir Grans feurige Verdammnis vorzustellen.
    Im hintersten Winkel meines Verstandes weiß ich eigentlich, dass das eine echt dumme Vorstellung ist. Aber ich bin deutlich ruhiger geworden, nachdem ich weiß, dass sämtliche Bazillen eingeäschert worden sind. Und meine Finger schieben sich immer näher ans Feuer.

Kapitel 16
Zusammen
    Jemand gießt mir etwas über die Hand. Die Flammen zischen und ersticken, als Archie die ganze Literflasche Cola in den Eimer gluckern lässt. Ich ziehe die Hand zurück. Meine Haut ist nur ein bisschen rot. Der Eimer zischt und dampft und knistert ein bisschen vor lauter Schaum.
    »Was machst du da, du Arsch?«, fährt er mich an. »Jetzt stinkt’s noch mehr als vorher. »Wie sollen wir hier Gäste empfangen?«
    »Ähmmm … was redest du da?« Ich meine das mit den Gästen, aber er missversteht mich wieder mal. Typisch.
    »Ich meine dich. Willst du die ganze Bude abfackeln? Verdammt noch mal! Von Brandstiftung war auf diesen posttraumatischen Belastungs-Websites nicht die Rede.«
    »Vielleicht sind das langfristige Verhaltensauffälligkeiten?«, schlage ich vor.
    Archie schnappt sich den Eimer mit den qualmenden Sachen. »Ich entsorge das Zeug irgendwo draußen. Lass mal frische Luft rein.«
    Er macht das Fenster weiter auf und sagt: »Kann ichmich darauf

Weitere Kostenlose Bücher