Die letzte Aussage
bisschen nassen Haaren hin und her. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hab die Nase von der ständigen Lügerei gestrichen voll, besonders Brian gegenüber. Mir wird jetzt klar, dass er nicht nur einer der besten Kumpel ist, die ich je hatte, sondern auch jemand, der mir echt gefehlt hat. Ohne dass ich an ihn gedacht hätte.
Ich bin vor Rührung fast ein bisschen sprachlos und sehr dankbar dafür, dass ich genug Erfahrungen mit Mädchen habe, um zu wissen, dass das jetzt eindeutig kein schwuler Moment ist.
»Brian …«
Aber noch ehe ich weiterreden kann, sagt er: »Irgendetwas mit deinen Augen ist echt seltsam … hast du Kontaktlinsen drin oder so was? Und was hast du mit deinen Haaren gemacht?«
Während ich noch überlege, was ich darauf antworten soll (verdammt, wahrscheinlich ist der Ansatz nachgewachsen!), geht die Tür auf und Archie kommt rein. Er hat eine große Plastiktüte dabei, in der Flaschen klirren.
»He«, sagt er, »wie ich sehe, hat die Party schon angefangen.« Er schließt hinter sich ab und holt ein Spray aus der Tüte. Raumspray. Er sprüht damit in dem winzigen Zimmer herum, bis es wie beim Friseur riecht. Bei einem Friseur, der sich auf Rentner spezialisiert hat. Brian und ich lachen uns krank.
»Bäh, Archie … was treibst du da, Mann?«
»Ich wusste gar nicht, dass du ein eigenes Zimmermädchen hast …«
»Ja, das ist Archie, mein Kammerdiener …«
Archie sieht ein bisschen sauer aus, aber dann sagt er: »Ich würde das ja nicht machen, aber weil du ja –«
Ehe er weiterplappern kann, falle ich ihm ins Wort: »Mal ehrlich, Brian, das hier ist mein Cousin Archie, ein genialer Zuwachs meiner Familie.«
In diesem Augenblick ist Archie auf meiner persönlichen Familienbestenliste tatsächlich nach oben gerutscht und nimmt dort den zweiten Platz ein, gleich hinter Gran. Das liegt in erster Linie daran, dass alle anderen hinter uns her sind, und wenn es eins gibt, das sie alle vereint, dann die Tatsache, dass sie mich erwischen wollen.
Archie zieht ein paar Flaschen aus der Tüte und reiht sie auf der Fensterbank auf. Noch eine Zweiliterflasche Cola. Ein große Flasche Wodka. Eine kleinere mit Bacardi. Zwei Sixpacks Bier. Pappbecher. Chips. Erdnüsse.
»Mensch, Archie, wo hast du das ganz Zeug her?«
»Ich hab einem Typen was gegeben, damit er für mich den Alkohol kauft. Ein Drink gefällig?«
Ich kann mich nicht entscheiden. Brian nimmt eine Dose Bier und Archie mixt sich einen Wodka-Cola, was streng genommen ein Mädchengetränk ist, aber auf Privatschulen herrschen anscheinend andere Regeln. Dann mischt er für mich auch einen und ich nehme einen Schluck. Der süße, feurige Geschmack kommt nicht schlecht. Das Getränk wärmt mich auf.
»Ähmm … wer kommt denn noch zu dieser Party?«, frage ich, und Brian antwortet: »Natürlich alle. Joe, du schmeißt hier die Party des Jahres!«
»Verdammt, Archie, was hast du angerichtet?«
Archie winkt ab. »Keine Bange. Zoe hat gesagt, sie sorgt dafür, dass die Lehrer nichts mitkriegen. Die sind sowieso alle irgendwo im Pub.«
Das hat vielleicht gestimmt, als er und Zoe sich bei Starbucks darüber unterhalten haben, aber ich bezweifle, dass das jetzt noch zutrifft.
»Archie, willst du, dass sie uns hier finden, oder was?«
»Hör mal«, sagt er, »vor weniger als zwölf Stunden bist du noch ein Häufchen Elend gewesen, und jetzt schmeiße ich eine Party für dich und alle deine Freunde. Ein wenig Dankbarkeit wäre durchaus angebracht.«
»Oh.« Ich fürchte schon, dass er mir vorwirft, ich hätte wieder geheult, dabei habe ich nur gehustet. Ich gieße mir noch was in den Becher. »Hm. Danke, Archie. Finde ich echt super, was du machst. Ich frage mich nur, wie wir da wieder rauskommen wollen.«
Aber schon klopft es an der Tür und Jamie und Max kommen rein, dicht gefolgt von Emily … und Zoe … und Carl, der mir auf den Rücken haut und sagt: »Vielen Dank auch, dass du abgehauen bist, obwohl wir mit dem Gammelschrank erst halb fertig waren.«
»Ach, tut mir schrecklich leid, aber es ging nicht anders. Wir mussten ganz plötzlich weg.«
»Du hast mich mit den richtig abgeranzten Klamotten sitzen lassen.«
»Ich weiß. Entschuldigung.« Es tut mir wirklich leid, aber irgendwie finde ich es auch total lustig und ich fange an zu lachen. Er sieht mich verwirrt an und greift sich ein Bier.
»Also … was ist mit dir passiert?«
Ich mache eine vage Handbewegung und sage: »Meine Mum … du weißt schon …«, und
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