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Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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hin. »Viel Spaß.«
    Nachdem sie die Tür gesichert hatten, holte er Jenna von oben und legte sie auf sein Bett im Schlafsaal. Bewusstlos war sie viel schwerer.
    Totes Gewicht.
    Er ballte die verletzte Hand zur Faust und spürte, wie die Haut unter den Bandagen wieder aufbrach. Kein totes Gewicht, nicht bei Jenna. Sie würde nie zu schwer sein. Nie eine Last.
    Er kniete sich neben das Bett und legte eine Hand auf den Verband, der die aufgerissene Haut ihres Oberschenkels bedeckte. Sein Verstand driftete zu der Wunde, die Edna erlitten hatte, und der Art, wie sie Fleisch und Knochen und Hoffnung aufgezehrt hatte. Sie war schreiend gestorben, als ihr Körper sich in dem Versuch, irgendetwas Geheimnisvolles zur Welt zu bringen, von innen nach außen gestülpt hatte. Mitch hatte gesagt, dass die Menschen, wenn die Magie zuschlug, versuchten, sich in ihr Totemtier zu verwandeln – dass jedem eine Tierseele innewohnte. Diese Affinität zeigte sich in ihrer endgültigen Gestalt.
    Im Moment war das Mason scheißegal.
    Er hatte alles getan, was Mitch von ihm verlangt hatte. Er hatte an der Hütte die Rituale zu ihrem Schutz durchgeführt, selbst die, die er für zwecklos gehalten hatte. Aber vielleicht war das alles, was Jenna und ihn davor bewahrt hatte, wie die armen Schweine in Wabaugh zu enden.
    Mason blickte mit brennenden Augen auf die Stelle, an der sich in Jennas Armbeuge ein blauer Fleck gebildet hatte. Welsh hatte ihr Blut abgenommen, als ob sie eine verdammte Laborratte wäre, aber sie war noch nicht einmal zusammengezuckt. Jetzt war ihr schlaffes Gesicht bleich und still. Ihr Brustkorb hob und senkte sich kaum.
    Er hüllte sie in die Decke wie in einen Kokon und strich ihr lose Haarsträhnen aus dem Gesicht. Kein Fieber mehr. Nur Kälte. Obwohl er wenig Hoffnung empfand, beugte er sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf den Mund. Sein Schneewittchen – nur dass Jenna sich nicht rührte. Ihre Lippen reagierten nicht. Er öffnete seinen Verstand, schickte ein verzweifeltes SOS aus. Aber sogar die unsichtbare Straße, auf der sich ihre Gedanken einst getroffen hatten, beschritt er allein.
    Mason sackte zu Boden, unfähig, sie noch länger anzusehen. Gott, ihm tat alles weh.
    Halb formulierte Fragen stießen in seinem Kopf aufeinander, Bilder einer Wölfin mit silbernen Haarspitzen. Die Art, wie sie sich an seine Hand geschmiegt hatte, hatte ihm ein flüchtiges Gefühl des Friedens geschenkt, das ihn bis in die Knochen getröstet hatte. Aber er würde sie nicht miteinander verschmelzen lassen. Jenna war Jenna. Alles andere war ein Albtraum und vor allem völlig zwecklos, wenn sie nicht aufwachte.
    Die andere Möglichkeit – dass sie versuchen könnte, einem von ihnen Schaden zuzufügen – war von unmittelbarerer Bedeutung. Er würde sein Versprechen nicht brechen. Also überprüfte Mason seine Neun-Millimeter-Pistole und schob ein neues Magazin hinein. Der Gedanke, Jenna wie einen Ansteckungsherd und eine Bedrohung zu behandeln, bereitete ihm Übelkeit, aber die Alternative war viel, viel schlimmer.
    Ein leises Klopfen an der Tür ließ ihn den Kopf heben. Er hatte mit Angela gerechnet, aber Tru stand in der Tür. »Hi.«
    Mason nickte zum Gruß.
    »Mit all dem Zeug, das ihr mitgebracht habt, ist es wie Weihnachten. Na ja, wenn man Geschenke aus dem Baumarkt toll findet. Ange hat sich über die Batterien gefreut.«
    Der Junge ließ sich auf das gegenüberliegende Bett gleiten. Wie immer erinnerte seine Haltung Mason an eine jüngere Version seiner selbst – angespannt und von dieser Anspannung aufrecht gehalten. Aber alles, was Mason jetzt empfand, waren Erschöpfung und eine Angst, die bis tief in seine Eingeweide reichte.
    »Warum?«
    »Wegen Penny«, sagte Tru. »Ange sucht ständig nach ihr und hasst die Dunkelheit.«
    »Du aber nicht, was?«
    »Egal. Jetzt ist ja das Licht an.« Er zuckte die Schultern. »Ich schätze, ich bleibe im Keller.«
    »Warum?«
    »Ich dachte ja nur …« Tru warf einen Blick auf Jenna. »Du bleibst bei ihr. Kümmerst dich um sie.«
    Mason stand auf und schüttelte sich die Taubheit aus den Gliedmaßen. »Jenna ändert nichts. Wir haben alle unsere Aufgaben. Wenn du im Keller Wache halten willst, ist das deine Entscheidung. Aber jetzt hast du Verstärkung.«
    Komisch, wie wenige Worte das ganze Auftreten einer Person verändern konnten. Mason hatte bei Jenna gesehen, dass seine Worte sie glücklich gemacht und ihr ein gewisses Maß an Trost gespendet hatten, das reine Körperkraft

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