Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
Nacken hatte laufen lassen, trank er langsam einen großen Schluck. Die Sonne war hell und stechend, während sie langsam im Westen sank, aber bald würde winterlicher Schnee zurückkehren. Bis dahin hatten sie noch viel zu tun.
Er verstaute die Axt im unterirdischen Werkzeug- und Munitionsschuppen und machte sich dann auf die Suche nach Jenna, die mit der Kartoffelernte beschäftigt war. Oberhalb der Hütte und ringsum auf langen Terrassen, die man nur über Leitern erreichen konnte, gediehen in ihrem Garten Gemüse und Beeren, die sie den Winter über ernähren würden.
»Brauchst du Hilfe?«, fragte er.
Jenna setzte den schlammverkrusteten Stiefel auf den Spaten und riss den Griff mit einem Ruck zurück. Ein Ballen neuer Kartoffeln kam zum Vorschein. Sie grinste.
»Dieser Scheffel ist voll«, sagte sie und kniete sich hin, um die Kartoffeln aus ihrem erdigen Heim zu ziehen. »Du kannst ihn für mich in den Keller bringen.«
Mason nickte, rührte den Korb aber nicht an. Die Sonne spielte auf Jennas Haar, das jetzt durch die Zeit, die sie im Freien verbrachte, und nicht mehr durch Wasserstoffsuperoxid gebleicht war. Ihre Haut leuchtete vor gesunder Bräune, die von einem leichten Schweißfilm überzogen war. Ihr kompakter Körper war geschmeidig und muskulös. Nach beinahe zwei Jahren kannte er sie und wusste, wie sie sich anfühlte und schmeckte, aber er wurde es nie leid zu beobachten, wie sie sich bewegte. Sie verfügte immer noch über die tänzerische Eleganz, die er vor so langer Zeit bewundert hatte, aber ihr Krafttier verlieh mittlerweile jeder Bewegung wilde Wachsamkeit.
Sie hatte sich schon seit sechs Monaten nicht mehr verwandelt, aber ihre Wolfsnatur war jetzt ein Teil von ihr. Auch ein Teil von ihm. Als zum ersten Mal verwilderte Gestaltwandler ihre Kinder – Penny und Tru – bedroht hatten, hatte er der Macht keinen Widerstand geleistet.
Zwei Wölfe, ein Paar auf Lebenszeit, das sein Zuhause verteidigte. Er erkannte den Geist, den sie teilten, an der Art, wie sie den Horizont absuchte, sich mit geschmeidiger, übernatürlicher Ruhe über den Boden bewegte oder den Kopf schief legte, wenn ein Geräusch mehr als nur der Wind sein mochte, der in den Kiefern rauschte.
Und er liebte sie. Alles an ihr. Immer noch, und für immer. Er hatte nie damit gerechnet, dass er so für eine Frau empfinden könnte. Ihre Paarbindung war nur noch stärker geworden. Tru widerte die Art an, wie sie sich mit einem Blick verständigten und die Sätze des jeweils anderen beendeten.
Die Kinder waren jetzt drinnen und machten Schularbeiten, noch etwas, was den Jungen anwiderte. Er würde wahrscheinlich nicht mehr sehr lange hierbleiben, besonders jetzt, da er sich Welsh zum Vorbild nehmen konnte, der allein aufgebrochen war. Die Vorahnung machte Mason traurig. Aber Tru war fast ein junger Mann. Er streifte lieber allein durch die Wälder, als in Gesellschaft zu sein – sogar in Gesellschaft derer, die ihn liebten. Dass er einen Großteil des Fleischs heranschaffte, das sie für den Winter dörrten und einsalzten, war ein willkommener Luxus geworden. Mason war es viel lieber, in der Nähe zu bleiben, ihren Zufluchtsort auszubauen und die Stunden allein mit Jenna zu verbringen.
Mein Gott, wie schön du bist.
Jenna hielt inne und begegnete seinem Blick. Einladende Hitze glomm in ihren grünen Augen. Sie richtete sich auf und reckte sich mit voller Absicht, um ihn zu provozieren, wie er annahm, sodass ihr selbstgenähtes Hemd sich über ihren Brüsten spannte. Sie kam durch die verwelkten Kartoffelpflanzen und verworrenen Kürbisranken zu ihm herüber, bis nur noch Zentimeter ihre Körper voneinander trennten. Das Funkeln von Feuchtigkeit auf ihrer Oberlippe ließ ihm den Mund trocken werden.
»Wir schaffen all die Arbeit nicht, wenn du mich weiter so anstarrst«, sagte sie lächelnd.
Er berührte ihr Kinn. »Du magst es doch, wenn ich dich anstarre.«
»Ja. Aber wir können uns nicht auf den Winter vorbereiten, wenn wir ständig diese Pausen einlegen.«
»Nur Arbeit, gar kein Vergnügen …«
Jenna hielt seine Hand fest und drückte sich seine Handfläche an die Wange. »Wer hätte je gedacht, dass ich einmal so etwas von dir hören würde?«
Mason grinste. Es stimmte schon. Er war endlich nicht mehr in ständiger Alarmbereitschaft, weil er wusste, er konnte darauf vertrauen, dass sie keinen Leerlauf zulassen würde. »Tru und Penny sind noch mindestens eine Stunde mit dem Lernen beschäftigt. Wir könnten uns
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