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Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Einheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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später öffnete sich der Schlund der Pflanze, und ein Gegenstand fiel in die Kammer. Wilson nahm die Lampe an sich, schaltete sie ein und leuchtete in den Tunnel. Er schwenkte den Lichtstrahl hin und her, um eine Vorstellung von den Ausmaßen zu bekommen. Es sah danach aus, dass er gerade so hineinpasste, wenn er durch den Tunnel robbte. Der Tunnel selbst war lang genug, dass der Lichtstrahl irgendwo in der Dunkelheit verschwand.
    »Ich werde jetzt das Seil ablegen«, sagte Wilson. »Es ist zu kurz, um bis in den Tunnel zu reichen.«
    »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist«, sagte Schmidt.
    »Sich von einer fleischfressenden Pflanze verschlucken zu lassen ist keine besonders gute Idee«, sagte Wilson und entknotete das Seil. »Im Vergleich dazu ist der Verzicht auf ein Seil lächerlich.«
    »Was ist, wenn du dich da unten verirrst?«, fragte Schmidt.
    »Mein BrainPal wird dir sagen, wo ich bin, und ich gebe dir Bescheid, falls ich feststecke. Du wirst es am panischen, schrillen Tonfall meiner Stimme erkennen.«
    »Gut«, sagte Schmidt. »Und noch etwas. Ich weiß nicht, ob du diese Information zum jetzigen Zeitpunkt wirklich gebrauchen kannst, aber ich wurde soeben von der Assistentin der Botschafterin angepingt. Sie sagt, dass die Verhandlungen in etwa einer Stunde abgeschlossen sein dürften, und danach möchte Botschafterin Waverly ihren Tuffy wiederhaben, zum Zweck einer – glaub mir, es ist ein wörtliches Zitat – ›kleinen Kuschelrunde‹.«
    »Wunderbar«, sagte Wilson. »Wenigstens wissen wir jetzt, wie viel Zeit uns noch bleibt.«
    »Eine Stunde«, sagte Schmidt. »Fröhliches Höhlenforschen. Versuch, nicht zu sterben.«
    »Gut, dass du mich daran erinnerst.« Wilson ging vor dem Riss in die Knie, zerrte an der Öffnung und erweiterte sie ein wenig, sodass er sich gerade so hindurchzwängen konnte. Er klemmte sich die Lampe zwischen die Zähne und kroch auf Händen und Knien hinein.
    Die ersten hundert Meter kam er gut voran. Der Tunnel war schmal und niedrig, aber trocken und halbwegs gerade, und er führte mit leichter Neigung nach unten. Wilson konnte sich vorstellen, dass er einst eine Lavaröhre gewesen war, aber im Moment wünschte er sich hauptsächlich, dass das Ding nicht über ihm einstürzte. Er war nicht ausgesprochen klaustrophobisch, aber er hatte sich auch noch nie zuvor mehrere Meter tief in einer Röhre im Fels aufgehalten. Er fand, dass er sich in dieser Situation ein leichtes Unbehagen erlauben durfte.
    Nach etwa hundert Metern wurde der Tunnel ein wenig breiter und höher, aber gleichzeitig wand er sich hin und her, und der Fels wurde scharfkantiger. Außerdem ging es nun etwas steiler in die Tiefe. Wilson hoffte, dass der Tunnel irgendwann groß genug wurde, dass er sich darin umdrehen konnte. Die Vorstellung, mit dem Arsch voran zurückzurobben und den Hund mit sich zu zerren, gefiel ihm nicht besonders.
    »Wie läuft es?«, fragte Schmidt.
    »Komm runter und schau es dir selber an«, sagte Wilson, immer noch mit der Lampe zwischen den Zähnen.
    Schmidt lehnte dankend ab.
    Etwa alle zwanzig Meter rief Wilson nach Tuffy, der manchmal zurückbellte, aber manchmal auch nicht. Nachdem er fast eine Stunde lang herumgekrochen war, klang das Gebell endlich ein wenig näher. Nach fast genau einer Stunde konnte Wilson zwei Dinge hören: wie Schmidt an der Oberfläche der Schweiß ausbrach und das Scharren eines sich bewegenden Lebewesens ein Stück voraus.
    Plötzlich wurde der Tunnel noch weiter, und die Wände zogen sich in die Dunkelheit zurück. Wilson näherte sich vorsichtig dem Rand des Tunnels, nahm die Lampe aus dem Mund und schwenkte sie herum.
    Die Höhle war etwa zehn Meter lang, vier oder fünf Meter breit und vielleicht fünf Meter tief. Neben der Tunnelöffnung gab es einen Schutthaufen, der recht steil zum Boden der Höhle hinunterführte, doch genau vor der Kante ging es senkrecht nach unten. Wilson ließ den Lichtstrahl über den Schutt spielen und erkannte Spuren im Staub, die nach Abdrücken von Hundepfoten aussahen. Tuffy war also nicht in die Tiefe gestürzt.
    Wilson richtete die Lampe auf den Höhlenboden, wobei er wieder nach dem Hund rief. Tuffy bellte nicht, aber Wilson hörte das Scharren von Krallen auf Gestein. Plötzlich erschien der Hund im Lichtkegel und blickte mit grün reflektierenden Augen zu Wilson hinauf.
    »Da bist du ja, du kleines Mistvieh«, sagte Wilson. Der Hund war leicht verschmutzt, schien aber durch sein Abenteuer keinen sonstigen

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