Die letzte Flucht
sondern im Wesentlichen nur noch die alten Medikamente verändern?«
»Sie haben mich nach der Begründung der Preise gefragt. Da sagen wir, die Forschung ist teuer. Im Grunde müssen wir in Deutschland aber keine Preise begründen. In der Öffentlichkeit vielleicht. Aber eigentlich nicht.«
»Und wo wurden die neuen Substanzen entwickelt?«
»Wir haben eine große Abteilung, die ständig untersucht, was an den Universitäten geforscht und entwickelt wird. Sehr effizient.«
»Und dann?«
»Wir haben schon darüber gesprochen. Für eine Universitätsklinik sind drei oder vier Millionen Euro viel Geld.«
»Sie kaufen deren Forschungsergebnisse?«
»Oder nehmen sie in Lizenz. Es gibt da unterschiedliche Modelle.«
»Und machen dann …«
Henry sah auf seine Notizen und las seine Notiz:
20 % von 7 = 1,4
20 % von 45 = 4,5 × 2 = 9
»… und machen dann 9 Milliarden draus. Für die Aktionäre von Peterson & Peterson .«
Assmuss zuckte mit den Schultern.
»Ich bin Geschäftsmann, Henry«, sagte er. »Das können Sie mir nicht vorwerfen. Alle in der Branche arbeiten an diesen Mitteln. Im Augenblick werden 500 neue Substanzen erprobt; das heißt, etwa 40 davon werden in den nächsten Jahren zugelassen. Es ist ein explodierender Markt. Jeder will dabei sein. Goldgräberstimmung herrscht wieder, Henry. Goldgräberstimmung.«
»Aber sagen Sie, spielen die Ärzte dieses Spiel eigentlich mit? Warum?«
Assmuss sah Henry an.
»Was bleibt ihnen anderes übrig, Henry? Hier setzt jetzt der zweite Teil meiner Revolution an.«
»Die neue Marketingstrategie?«
»Genau.«
»Ich höre.«
[Menü]
49. Verhöre
»Zur Vernehmung ist erschienen Dr. Rüdiger Voss, Bruder des Ermordeten.«
»Professor«, sagte Rüdiger Voss.
»Bitte?«
»Ich bin Professor. Das ist mein Titel.«
Finn Kommareck sah ihn an wie ein unbekanntes Insekt.
»Zur Vernehmung ist erschienen, Herr Professor Dr. Rüdiger Voss. So ok?«
»Ich habe zwei Doktortitel, aber lassen wir den zweiten mal weg, das ist nur ein Ehrendoktor.«
»Danke. Herr Voss, ich befrage Sie als Auskunftsperson. Ihr Bruder wollte Ihnen Unterlagen übergeben. Um was ging es bei diesen Unterlagen?«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich stelle die Fragen, das ist so bei einer Vernehmung. Also: Um welche Unterlagen ging es?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie wissen es nicht?«
»Nein. Meine Schwägerin rief mich an. Sie sagte, dass Bernhard sich stellen wolle. Und dass er mir Unterlagen geben wolle, die für ihn wichtig seien.«
»Und Sie wissen nicht, welche Unterlagen das gewesen sein könnten?«
»Das weiß ich nicht.«
»Vermuten Sie mal. Was könnte es sein?«
»Vielleicht hing es mit dem neuen Medikament gegen Morbus Crohn zusammen, das ihn sehr beschäftigte. Er litt selbst …«
»Ich weiß. Aber machte es Sinn, diese Unterlagen im Keller zu verstecken?«
»Nein, das machte keinen Sinn«, gab Rüdiger Voss zu.
»Was könnte er also dort versteckt haben?«
»Das ist mir rätselhaft.«
»Sie fuhren in die Charité.«
»Ja. Aber ich kam zu spät. Ich stand im Stau. Als ich kam, war er schon tot.«
»Ich weiß. Wir haben die Filme von der Überwachungskamera in der Tiefgarage gesehen. Wir suchen diese Unterlagen. Wir werden sie auch finden. Denken Sie noch einmal darüber nach.«
»Ich hab wirklich keine Ahnung. Und …« Er zögerte einen Augenblick. »Ich weiß, dass ich, als Sie Bernhard suchten, nicht kooperativ war. Ich stand auf der Seite meines Bruders. Vielleicht verstehen Sie das. Aber ich möchte, dass Sie seinen Mörder finden. Jetzt können Sie auf meine Hilfe rechnen. Das ist alles – schwer zu verstehen.«
»Ok. Wenn Ihnen zu diesen Unterlagen noch irgendetwas einfällt …«
»Selbstverständlich«, sagte Prof. Dr. Dr. Rüdiger Voss.
***
»Dengler.«
»Kripo Berlin. Mordkommission. Kommareck.«
»Guten Tag, Frau Kommareck.«
»Sparen Sie sich das Gesülze. Sie wissen, dass Bernhard Voss ermordet wurde?«
»Ich lese Zeitung, Frau Hauptkommissarin. Jeden Tag.«
»Sie waren in der Nähe, als er ermordet wurde. Sie waren in der Charité.«
»Sicher. Zwei Ihrer Beamten haben mich beschattet.«
»Sie haben die beiden abgehängt. Sie sind aus dem Aufzug im fünften Stock ausgestiegen. Was haben Sie dann gemacht?«
»Ich bin über das Treppenhaus aus dem Haus. Habe die Charité verlassen und bin mit dem nächsten Zug nach Stuttgart zurück.«
»Gibt es dafür Zeugen?«
»Meine Freundin fuhr mit mir.«
»Was haben Sie in dem
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