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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ihre Sprache unbekannt. Und sie leiden unter der Ansteckungsgefahr, Erkältungen können für sie tödlich sein.«
    »Das ist eine einzige riesengroße Vertreibung, oder?«, sagte Kristie. »Waldindianer vermischen sich mit Leuten aus den Großstädten, die vor ein, zwei Jahren vielleicht noch Anwälte, Buchhalter oder Computerprogrammierer waren …«
    Solch plötzlicher Scharfblick ließ sie wie ihren Bruder klingen, dachte Lily - und erweckte den Eindruck, dass sie an diesem schönen, einsamen See hier oben ihre Zeit vergeudete.
    Piers war immer noch zornig. »Nichts von alledem«, sagte er und stach mit dem Zeigefinger nach dem jungen Mann, »macht ihn zu dem, der er sein möchte. Ollantay . Dein Geburtsname war José Jesus de la Mar.«
    Ollantay zuckte mit den Achseln. »Das ist nicht der Name, mit dem ich sterben möchte.«
    »Aber was für ein Name ist Ollantay? Weißt du das, Kris?«

    »Ja, ich …«
    »Ollantay war der große General, der Pachacutecs Inka-Reich errichtet hat. Keine besonders feinsinnige Wahl, was, José? Und ist es dein Traum, das Land für die Inkas zurückzuerobern?«
    Ollantay lächelte. Lily hatte den Eindruck, dass er Piers’ ungeschickte Angriffe sogar genoss. »Wären wir nicht besser dran, wenn die Europäer nie hergekommen wären? Oder wenn die Inkas Pizarro und seine gottgefälligen Schläger niedergemacht hätten? Würden wir jetzt in Hüttensiedlungen hocken, während ihr Ölpflanzen anbaut, um eure Wagen zu fahren, und die Welt wegen eurer jahrhundertelangen industriellen Exzesse ertrinkt?«
    »Es reicht«, fauchte Lily. »Um Himmels willen, Piers, was ist denn in dich gefahren?«
    Piers stand auf. »Ich bin nicht das Problem. Er ist es. Dieser wirrköpfige jugendliche Held, der Kris wie einen Fisch an der Angel hat.«
    Jetzt verbarg auch Kristie ihren Ärger nicht länger. »Sprich nicht so über uns, du vertrockneter alter Narr. Für wen hältst du dich? Für meinen Vater?«
    Piers sah erstaunlich verletzt aus. Doch bevor er etwas erwidern konnte, stand Lily auf, packte ihn an der Schulter und zog ihn weg. »Raus.«
    »Ich bin noch nicht fertig …«
    »O doch, das bist du. Warte draußen auf mich.«
    Piers funkelte Ollantay immer noch wütend an. Dann schien plötzlich etwas zu zerbrechen. Er drehte sich um und stürmte hinaus.

    Lily setzte sich wieder und blies die Wangen auf. »Tut mir leid.«
    »Du hättest ihn nicht mitbringen sollen«, sagte Kristie leise.
    »Ich konnte ihn kaum daran hindern.«
    »Und du hättest auch nicht kommen sollen.« Kristie war zornig; das Blut war ihr in die Wangen gestiegen. »Meine Mutter hat mir wegen all dem schon genug in den Ohren gelegen. Könnt ihr nicht einfach akzeptieren, dass ich mich entschieden habe, mein Leben auf diese Weise zu leben?«
    Nun, da hatte sie recht. Aber dann sah Lily wieder Ollantay an, der sie kalt betrachtete. Sie holte ein Handy aus ihrer Tasche und gab es Kristie. »Nimm das. Du bist nicht an dein altes Telefon gegangen.«
    Kristie lächelte. »Es liegt auf dem Grund des Sees.«
    »Bitte. Du brauchst es ja nicht zu benutzen. Behalt’s einfach. Lass dich von Amanda ansimsen … Es ist eine schrecklich harte Strafe, Kris, sie vollständig aus deinem Leben auszuschließen. Und außerdem - man weiß nie, Liebes. Es wird sicher Zeiten geben, in denen du mit uns sprechen willst, glaub mir.«
    Kristie zögerte ein paar lange Sekunden. Dann nahm sie das Handy und steckte es in ihren pinkfarbenen Rucksack.
    Lily sah, wie Ollantay sie beobachtete, und fragte sich, ob Kris das Telefon wohl behalten durfte; vielleicht war er es ja gewesen, der das alte in den See geworfen hatte.
    »Tja, ich glaube, ich habe gar keine Wahl«, sagte Kristie. »Wenn ich das Handy nicht nehme, verhaftet Piers mich wahrscheinlich und schleppt mich in Plastikfesseln nach
Hause. Dieser Mann ist ziemlich dominant.« Sie ballte die Hände zu Fäusten. »Mischt sich in alles ein. Es kommt mir so vor, als wäre er mein ganzes Leben lang da gewesen. Ich wünschte, er würde mich einfach in Ruhe lassen.«
    »Oh, das kann er nicht«, murmelte Ollantay. »Niemals. Er kann einfach nicht anders.«
    Kristie sah ihn überrascht an. »Warum sagst du das?«
    Ollantay lächelte. »Weil er dich liebt. Begreifst du das nicht?«
    Kristie lachte. Aber das Lachen erstarb, und ihr Gesicht wurde weich vor Staunen.
    Und Benj wusste es ebenfalls, erkannte Lily. Er hatte es angedeutet, in P-ville. Nur Lily hatte es nicht gemerkt. Sie verspürte eine tiefe, kalte,

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