Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
unter anderem vonseiten religiöser Gruppen und Bürgerrechtsvereinigungen. Doch nun meldeten sich die ehemaligen Anwälte, Buchhalter und Lehrer in den Hütten lautstark zu Wort, verschafften sich Gehör und setzten ihre gewählte Regierung unter Druck. Zur gleichen Zeit begann die Macht der Großunternehmen zu bröckeln, weil die komplexen internationalen Informations-, Finanz- und Ressourcennetze, von denen sie abhängig waren, sich immer mehr auflösten.
Die Regierung war erschöpft von den Krisenjahren und finanziell ausgeblutet, weil sie so viel Geld hatte ausgeben müssen, um ihre Bürger vor den Wasserfluten zu schützen; zugleich schrumpfte die Steuerbasis gegen Null. Doch angesichts des starken Drucks bot sie nun endlich die erforderlichen Mittel auf und wurde aktiv. Die Friedmanburgs wurden unter Einsatz von Einheiten der Nationalgarde, von Panzern und Jagdflugzeugen zwangsweise verstaatlicht. Die Superreichen flohen - aber die Anzahl von Enklaven, in die sie fliehen konnten, verringerte sich zusehends. Nathan Lammockson nahm einige von ihnen in Project City auf und beglich damit alte Schulden; er behauptete stets, er habe
die USA verlassen, weil er von vornherein mit dergleichem gerechnet habe.
Gary und den anderen half das alles jedoch nicht weiter. Mittlerweile war Walker City weit weg von den Burgs und trottete eine weitere staubige Straße entlang.
Er fragte Gordo: »Wozu die Straßensperre? Wegen der Flüchtlinge?«
Gordo schüttelte den Kopf. Er nahm ein Stück Kaninchendörrfleisch und sprach beim Kauen. »Die hier nicht. Das sind die Scheiß-Mormonen. Die Sache mit dem Interstate Highway 80 spitzt sich zu …«
Gary hatte nur wenig davon gehört. »Was haben die Mormonen damit zu tun?«
»Utah liegt so hoch, dass es weitgehend unversehrt geblieben ist«, sagte Thandie. »Die sind da oben autark. Und jetzt hat die Mormonen-Gemeinde ein paar hitzköpfige Anführer hervorgebracht, in deren Augen die Regierung in Denver nicht genug für sie tut. Zuerst haben sie alle ankommenden Flüchtlinge an der Staatsgrenze aufgehalten, außer wenn sie Mormonen waren oder konvertieren wollten. Dann haben sie ganz aufgehört, ihre Abgaben zu bezahlen. Als Denver die Polizei, das FBI und schließlich das Militär geschickt hat, haben sich die Mormonen gewehrt.«
»Ein Unabhängigkeitskrieg, ausgelöst durch einen Steuerstreit«, ergänzte Elena. »Die amerikanische Geschichte dreht sich im Kreis.«
»Sie haben ihre eigene verdammte Armee aufgestellt«, sagte Gordo. »›Die Soldaten des Engels Moroni‹. Ich bin zum Militär gegangen, als es den Anschein hatte, dass die Geschichte zu einem waschechten Krieg führen würde.«
»Und dabei geht es um einen Interstate Highway?« fragte Gary.
»Nicht nur.« Thandie fing an, Karten ins Erdreich zu kratzen. »Die I-80 ist eine nach wie vor wichtige Transkontinentalstraße, die bei Lincoln endet. Schau, früher hat sie von San Francisco bis nach New Jersey geführt, quer über den ganzen Kontinent. Okay? Und westlich von hier existiert sie noch fast auf ganzer Länge, von Lincoln, Nebraska, über die Continental Divide bis zu den Hügeln über der San Francisco Bay.«
»Aber nicht weit östlich von hier verläuft sie unter Wasser«, erklärte Elena. »Lincoln ist die neue Endstation.«
»Denver denkt voraus«, sagte Gordo. »Sie überlegen, wie sie dieses Meer und die neue Küstenlinie nutzen können. Ich rede vom Handel, von der Zurschaustellung militärischer Macht. Und ein Hafen an der Endstation des Interstate wäre ideal für Handel und Truppenbewegungen und alles andere. Aber das Problem ist …«
»Das Problem ist, Salt Lake City hat dieselbe Idee«, beendete Gary den Satz für ihn.
»Genau«, sagte Thandie. »Die Mormonen haben bei Lincoln ein Lager aufgeschlagen. Und nun haben Buzz Lightyear und seine Army-Kumpels hier das Gebiet abgeriegelt. Soweit ich höre, reden sie noch miteinander. Es besteht ein Funken Hoffnung, dass ein Konflikt vermieden werden kann.«
»Eine Hoffnung, die wir nicht alle teilen«, knurrte Gordo. »Einige von uns wollen den Mormonen eine ordentliche Abreibung verpassen und die Sache erledigen.« Er schraubte den Deckel auf seinen Flachmann und steckte ihn wieder in
die Tasche. »Ich baue mal unser Zelt auf. Hey, Madame Breschnew, willst du mir nicht helfen?«
Elena blickte ihn finster an. Aber sie stand auf, klopfte sich den Staub von den Kleidern und folgte ihm zum Jeep.
Gary war nun mit Thandie allein. »All diese
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