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Die letzte Flut

Die letzte Flut

Titel: Die letzte Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Findley
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Bemühungen – sie hatte Seine Hände und Füße in Rosenwasser gewaschen und sie danach mit ihrem eigenen besonderen Mandelöl eingesalbt – eine gewisse Besserung herbeiführten. (Wenn Jahwe dann wach wurde, würde Hannah Sein Lager mit einem pulverisierten Potpourri aus Rosenblättern, Lorbeer, Nelkenstaub und Minze bestreuen. Bis Anbruch der Nacht würden die Gerüche des Verfalls vertrieben sein.)
    Michael Archangelis saß in einer Ecke mit zwei seiner Günstlinge; er polierte seinen Brustharnisch und seine Beinschienen. Sie sprachen leise, aus Angst, Jahwes Ruhe zu stören. Das Einzige, was an den Kriegerengeln beunruhigend war, waren ihre Aufmerksamkeit und ihr Misstrauen. So viel Wachsamkeit war hier in der Sicherheit von Noahs Pavillon jedoch eindeutig fehl am Platz. Trotzdem: Wenn man sie gefragt hätte, hätten sie wahrscheinlich gesagt: »Das ist eben unsere Arbeit. Sobald man der Meinung ist, dass es nirgendwo Sicherheit gibt, befindet man sich auf einer Einbahnstraße.«
    Immer ernst, unter den goldenen Haaren ihre blassen Gesichter von wilder Schönheit, waren diese Krieger die Einzigen unter den Engeln, deren Augen an Aufmerksamkeit nie nachließen und deren Hände stets beschäftigt waren – die langen, mit Schwimmhäuten versehenen Finger polierten, wischten, ölten ihre Rüstung und Waffen, während sie im Flüsterton von »der Bevölkerung« und »Dekadenz« und »Respektlosigkeit« und »Verletzung« sprachen.
    Bevor Mrs Noyes sich mit Emma in die Küche zurückzog, hatte sie vor allem zur Kenntnis genommen, dass es in Jahwes ganzem Gefolge, sowohl hier im durchsichtigen Blau des Pavillons als auch draußen jenseits der Zeltwände, keinen einzigen weiblichen Engel gab – überhaupt kein einziges weibliches Wesen außer ihr selbst und Emma. Und Hannah. Natürlich hatte Jahwe – wie jeder wusste – niemals im formalen Sinne eine Frau gehabt – und genauso wenig hatte es je Gerüchte über auch nur eine einzige Geliebte gegeben. In der Gesellschaft Seiner ausschließlich männlichen Ministranten und Engel fühlte Er sich offensichtlich sehr wohl. Und warum auch nicht? Sie waren so gründlich trainiert worden, sich um jedes Seiner Bedürfnisse zu kümmern – und »ihre Stärke war wie ein Schild« (so lautete der Spruch) und ihre Sanftmut war die Sanftmut von Ponys und Fohlen. Ihre langen blonden Haare waren nach hinten gebürstet und mit violetten Bändern zusammengebunden, und ihre fahlen staubigen Roben und Tuniken hingen ganz einfach an ihnen herunter, ohne jeglichen Schmuck; Mrs Noyes war hin- und hergerissen – waren es die sanftesten oder die strengsten Geschöpfe, die sie je gesehen hatte? Aber dennoch – keine Frauen und keine weiblichen Engel. Was Mrs Noyes beunruhigte – sie konnte nicht umhin, es zuzugeben –, wenn auch nur deswegen, weil es bedeutete, dass Hannah in dieser Hofgesellschaft keine Rivalinnen hatte. Und siehe da, schon hatte ihre älteste Schwiegertochter diese Tatsache offensichtlich zu nutzen verstanden.
    Als Jahwe Hannahs Hand auf Seinen Arm gelegt hatte, war das für Mrs Noyes wie ein Schlag ins Gesicht gewesen: eine herzzerreißende Degradierung. Zurück zu den alles beherrschenden Küchen – zurück zu den allgegenwärtigen Öfen – zurück zu der über alles jammernden Emma.
     
     
    Endlich, mitten aus den Hitzewellen, erschien Ham mit Luci – leicht wie im Nebel schwebende Figuren schlenderten sie näher.
    In den letzten drei Tagen hatten sie sich zwischen dem Wald und dem Haus hin- und herbewegt – zwischen den erntereifen Feldern am Berg und dem Nutzgarten – zwischen dem Zedernhain oberhalb der Latrinen und dem unterhalb des Bambuswalds am Berghang gelegenen, ausgehöhlten Eiskeller. »Einen Augenblick da – im nächsten schon wieder verschwunden…«, klagte Mrs Noyes unaufhörlich. »Gerade dann, wenn ich dich am dringendsten brauche, fällt es dir ein, dich zu verlieben!«, hatte sie zu Ham gesagt. »Und noch in eine Fremde!«
    In der Vergangenheit war immer Japeth mit Fremden nach Hause gekommen. Jetzt war es Ham.
    Und trotzdem: Mit der furchtbaren und herrlichen Inkonsequenz, die Mütter immer und überall an den Tag legen, freute sich Mrs Noyes auch, dass ihr Sohn »sich nach langer Zurückgezogenheit wieder der Menschheit zuwandte«. Dieser ernsthafte, sanfte Junge, dessen Liebe für die Naturwissenschaften ihn in jede Grube und auf jeden Baumwipfel geführt hatte – dessen Begeisterung für die Sterne ihn sogar mitten im Winter mit

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