Die letzte Generation
leicht vor. „Sparta ist übrigens ein erloschener Vulkan. Wenigstens behaupten die Geologen, daß er erloschen ist, haha!
Aber zurück zu Athen. Der Gedanke der Kolonie ist, wie Sie wohl erraten haben, eine unabhängige, beständige kulturelle Gruppe mit eigenen künstlerischen Traditionen aufzubauen. Ich möchte daraufhinweisen, daß wesentliche Forschungen unternommen wurden, bevor wir dies Unternehmen begonnen haben. Es ist wirklich so etwas wie angewandte Sozialkunde, auf außerordentlich verwickelten Berechnungen beruhend, die zu verstehen ich mir nicht anmaßen würde. Ich weiß nur, daß die mathematischen Soziologen berechnet haben, wie groß die Kolonie sein müßte, wie viele Typen von Menschen sie einschließen sollte und vor allem, welche Verfassung sie haben muß, um langfristig Bestand zu haben.
Wir werden von einem Rat von acht Direktoren regiert, die Produktion, Kraftmittel, Sozialverwaltung, Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft, Sport und Philosophie vertreten. Es gibt keinen ständigen Vorsitzenden oder Präsidenten. Dieses Amt wird von jedem der Direktoren der Reihe nach ein Jahr lang ausgeübt.
Unsere jetzige Bevölkerung beträgt etwas über fünfzigtausend, also etwas weniger als die gewünschte Höchstzahl. Deshalb sehen wir uns nach Zuwachs um. Und natürlich gibt es gewisse Verluste: Wir sind in bezug auf die spezialisierten Talente noch nicht ganz autark.
Hier auf dieser Insel versuchen wir, etwas von der Unabhängigkeit der Menschheit, ihre künstlerischen Überlieferungen, zu retten. Wir empfinden keine Feindschaft gegen die Overlords; wir wollen nur das Recht haben, unsern eigenen Weg zu gehen. Als sie die alten Nationen und die Lebensweise zerstörten, die der Mensch seit Beginn der Geschichte gekannt hat, haben sie mit den schlechten auch viele gute Dinge beseitigt. Die Welt ist jetzt ruhig, ohne charakteristische Merkmale und in kultureller Beziehung tot. Seit die Overlords gekommen sind, ist nichts wirklich Neues geschaffen worden. Die Ursache liegt auf der Hand. Es gibt nichts mehr, wofür man kämpfen muß, und es gibt zu viele Ablenkungen und Zerstreuungen. Sind Sie sich darüber klar, daß täglich etwa fünfhundert Stunden Rundfunk und Fernsehen durch die verschiedenen Kanäle strömen? Wenn Sie nicht schliefen und nichts anderes täten, könnten Sie doch nur weniger als ein Zwanzigstel der Unterhaltung verfolgen, die bei einem Druck auf den Knopf verfügbar ist. Kein Wunder, daß die Menschen gleichgültige Schwämme werden, die alles aufnehmen, aber niemals etwas schaffen. Wußten Sie, daß die Menschen jetzt im Durchschnitt drei Stunden täglich fernsehen? Bald werden sie überhaupt nicht mehr ihr eigenes Leben leben. Es wird eine Vollbeschäftigung sein, die verschiedenen Familienserien im Fernsehen zu verfolgen.
Hier in Athen nimmt die Unterhaltung ihren angemessenen Platz ein. Außerdem ist sie Leben, nicht Konserve. In einer Gemeinschaft dieser Größe ist es möglich, eine fast vollständige Publikumsbeteiligung mit allem, was das für die Veranstalter und Künstler bedeutet, zu erreichen. Zum Beispiel haben wir ein sehr gutes Symphonieorchester, wahrscheinlich gehört es zu den fünf oder sechs besten der Welt.
Aber ich will nicht, daß Sie sich in all diesen Dingen auf mein Wort verlassen. Es geht meistens so vor sich, daß Anwärter einige Tage hier bleiben, um Fühlung zu gewinnen. Wenn sie beschließen, sich zu uns zu gesellen, müssen sie all die psychologischen Prüfungen über sich ergehen lassen, die in der Tat unsere Hauptverteidigung sind. Etwa ein Drittel der Bewerber wird abgelehnt, gewöhnlich aus Gründen, die kein schlechtes Licht auf sie werfen und außerhalb der Kolonie keine Rolle spielen würden. Diejenigen, die alle Prüfungen bestehen, begeben sich nach Hause, um ihre Angelegenheiten zu ordnen, und schließen sich uns dann wieder an. Zuweilen ändern sie in dieser Zeit ihren Entschluß, aber das kommt sehr selten vor und ist immer auf persönliche Gründe zurückzuführen, auf die sie keinen Einfluß haben. Unsere Prüfungen sind heute hundertprozentig verläßlich: Die Menschen, die sie bestehen, wollen wirklich herkommen.“
„Und wenn nun jemand später seine Meinung ändert?“ fragte Jean besorgt.
„Dann könnte er weggehen. Da gibt es keine Schwierigkeit. Es ist ein- oder zweimal vorgekommen.“
Ein langes Schweigen folgte. Jean sah George an, der sich nachdenklich die Bartkoteletten rieb, die augenblicklich in Künstlerkreisen beliebt
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