Die letzte Kolonie
irgendwelchen Tieren zum Opfer zu fallen«, sagte Gutierrez.
»Niemand verlangt, dass Sie das tun«, erklärte ich. »Sagen Sie Ihren Leuten die Wahrheit: Dass es Raubtiere gibt, die der Fantchenherde folgen, dass sie gefährlich sind und dass bis auf Weiteres niemand Spaziergänge im Wald unternehmen oder sich allein aus Croatoan entfernen sollte. Mehr müssen Sie den Leuten vorläufig gar nicht erzählen.«
»Warum nicht?«, sagte Gutierrez. »Diese Wesen stellen eine reale Gefahr für uns dar. Sie haben bereits einen von uns getötet. Sie haben ihn zerlegt, um ihn zu fressen . Wir müssen unsere Leute auf das vorbereiten, was sie erwartet.«
»Der Grund, warum wir das nicht tun sollten, ist der, dass die Leute irrational reagieren, wenn sie glauben, von etwas gejagt zu werden, das ein Gehirn besitzt«, sagte Jane. »Genauso, wie Sie jetzt reagieren.«
Gutierrez warf Jane einen giftigen Blick zu. »Ich mag es überhaupt nicht, wenn man von mir behauptet, ich würde irrational handeln.«
»Dann handeln Sie nicht so«, sagte Jane, »weil es Konsequenzen hätte. Vergessen Sie nicht, dass Sie der Geheimhaltung unterliegen, Gutierrez.«
Gutierrez gab nach, obwohl er mit dieser Antwort offensichtlich nicht zufrieden war.
»Hören Sie«, sagte ich. »Wenn diese Wesen wirklich intelligent sind, denke ich, dass wir ihnen gegenüber eine gewisse Verantwortung haben. Vor allem sollten wir sie nicht ausrotten, weil etwas passiert ist, das vielleicht nur ein Missverständnis war. Und wenn sie intelligent sind, könnte sich eine Möglichkeit finden, ihnen klarzumachen, dass sie uns lieber aus dem Weg gehen sollten.« Ich gab Trujillo zu verstehen, dass er mir die Speerspitze reichen sollte. »Sie benutzen so etwas ! Selbst mit den primitiven Waffen, die uns hier zur Verfügung stehen, sind wir ihnen hundertfach überlegen. Aber ich würde gerne versuchen, das Problem nicht mit Waffengewalt zu lösen, falls es sich irgendwie bewerkstelligen lässt.«
»Ich möchte gerne auf einen etwas anderen Aspekt hinweisen«, sagte Trujillo zu Hiram Yoder. »Sie fordern uns auf, unseren Leuten wichtige Informationen vorzuenthalten. Ich – und ich denke, dass Paulo es genauso sieht – mache mir deswegen Sorgen, weil diese Informationssperre ein Sicherheitsproblem für die Siedler ist, weil sie nicht über das wahre Ausmaß der Sache Bescheid wissen, mit der wir es hier zu
tun haben. Machen Sie sich klar, mit welcher Situation wir konfrontiert sind. Wir haben uns in einen Frachtcontainer mit Tarnbeschichtung gezwängt, die unser Tun vor der Außenwelt abschirmt, und das nur, weil unsere Regierung uns wichtige Informationen vorenthalten hat. Die Koloniale Union hat uns zum Narren gehalten, und deswegen müssen wir jetzt mit diesen Einschränkungen leben. Nichts für ungut, Yoder.«
»Kein Problem«, sagte Yoder.
»Ich will darauf hinaus, dass unsere Regierung Geheimnisse vor uns hatte«, sagte Trujillo. »Warum wollen wir uns jetzt unseren Leuten gegenüber genauso verhalten?«
»Ich will die Wahrheit nicht auf ewig geheim halten«, sagte ich. »Aber im Augenblick wissen wir selber nicht, ob diese Jäger tatsächlich eine Gefahr für uns darstellen. Und ich würde es gern herausfinden, ohne dass unsere Leute vor Angst durchdrehen, weil ein paar Roanoke-Neandertaler durch den Wald ziehen.«
»Sie gehen davon aus, dass unsere Leute deswegen durchdrehen«, sagte Trujillo.
»Ich würde mich gern vom Gegenteil überzeugen lassen«, sagte ich. »Aber vorläufig möchte ich im Zweifelsfall lieber Vorsicht walten lassen.«
»Mir wäre Sicherheit lieber als eine zweifelhafte Entscheidung«, sagte Trujillo.
»Verdammt noch mal!«, sagte Jane zornig – eine für meine Ohren ungewohnte Unterschwingung. »Trujillo und Gutierrez, benutzen Sie endlich Ihren Kopf! Wir hätten Ihnen gar nichts über das hier erzählen müssen. Marta hatte keine Ahnung, was sie sah, als sie Loong fand. Der einzige von Ihnen, der von selbst darauf gekommen ist, war Yoder, und er hat die Leiche erst hier gesehen. Wenn wir Sie nicht sofort über das Problem
informiert hätten, wüssten Sie alle gar nichts. Ich hätte die Bescherung aufräumen können, und keiner von Ihnen hätte irgendetwas geahnt. Aber das wollten wir nicht. Uns war klar, dass wir es Ihnen allen sagen müssen. Wir hatten genug Vertrauen in Sie, um davon überzeugt zu sein, dass Sie etwas für sich behalten können, was wir noch nicht an die große Glocke hängen sollten. Jetzt sollten Sie uns das
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