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Die Letzte Liebe Meiner Mutter

Die Letzte Liebe Meiner Mutter

Titel: Die Letzte Liebe Meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dimitri Verhulst
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eigentlich auch nicht, sie hatte es immer als ein Mittel für Leute gesehen, die etwas verstecken wollten. Etwas Frivoles für Wohlhabende, die nur zu faul waren, sich richtig zu waschen! Ein Geruchsteppich, unter den man den eigenen Gestank kehren konnte. Andererseits hatte sie mit Wannes jetzt einen Mann, der Aftershave benutzte und sich an Sonn-und Feiertagen sogar ein paar Tropfen Eau de Toilette, pour hommes, bien sûr, hinter die Ohren tupfte, und sie musste zugeben, dass sie den Geruch schon irgendwie mochte. Der Duft war mit ihm verschmolzen, ja mehr noch, sie fand es geradezu eine Schande, dass Wannes’ Marke, Paco Rabanne, auch von anderen Männern benutzt wurde. Als ob ein Stück seiner Identität, in Flakons gefüllt, an jeden Dahergelaufenen verkauft werden dürfte.
    Sie schaute sich um. Regale und nochmals Regale voll Alkohol, genug für ganze Familiendramen. Und gegenüber Regale und noch nochmals Regale mit Parfüm. Sie sah, wie Frauen, Mitreisende, sich die Handgelenke bestäubten und die Hälse besprühten, die Düfte wirken ließen und danach kommentierten. Das würde was werden, nachher im Bus, das Durcheinander all dieser Parfüms!
    Sich selbst einen Duft kaufen wollte Martine nicht. Doch sie konnte so tun, als ob. Aus Spaß an der Freud. Um sich unter die Gruppe zu mischen. Sie las die Namen auf den Flaschen, Clair du Jour, Rumeur, Fleurs d’Orlane, Fantasque, Loulou, Nombre Noir … und fragte sich, ob es zwischen Namen und jeweiligem Duft wohl einen Zusammenhang gab. Wie sollte sie sich beispielsweise einen Duft vorstellen, der »Clair du Jour« hieß? Und welchen Namen würde sie einem Parfüm geben? Um Jimmy ein wenig einzubeziehen, denn der Junge langweilte sich in diesem Konsumtempel natürlich zu Tode, fragte sie ihn, welchen Namen für ein Parfüm er schön finden würde.
    So eine komische Frage! Ein Name für ein Parfüm? Darüber musste er erst einmal nachdenken.
    Eine Verkäuferin mit von Schminke verkleisterten Poren fragte, ob sie helfen könne. Auf Französisch, eine Sprache, in der sie sich immerhin behelfen konnten. Martine zögerte. Doch Wannes, der sie inzwischen lang genug kannte, um an kleinen Zuckungen um die Mundwinkel ihren Unwillen ablesen zu können, meinte laut: »Warum nicht? Wir haben doch Urlaub! Du hast noch gar kein Parfüm, wo andere Frauen schon an ihren Toilettenschrank anbauen müssen, um all ihre Fläschchen unterzubringen. Die Leute denken womöglich noch, du kriegst nichts von mir! Such dir einen schönen Duft aus, wo wir schon mal in Luxemburg sind!«
    Ein Ingenieur mit nur etwas Sinn für die Erfordernisse der Zukunft hätte in dem Moment auf die Idee kommen können, Energie aus dem Funkeln eines Frauenaugs zu gewinnen.

Kapitel 13
    W ährend die von Parfümpröbchen gefolterten Fliegen an hämmernden Kopfschmerzen starben, näherte sich der Bus der nächsten Grenze. »Deutschland!« Der etwas frivolen Kleidertracht der Zollbeamten nach zu schließen, konnten dies jedoch unmöglich die Grenzpfähle des östlichen Nachbarn sein. Die Herren nämlich, die dort mit einer gewissen Begabung zur Commedia dell’Arte hochwichtig in Kofferräumen und unter Autositzen nach Schmuggelware und in Teppiche gewickelten Leichen fahndeten, trugen eine Uniform, die keinen Zweifel ließ: Dies waren Gesetzeshüter eines Landes, das wichtige Modehäuser beheimatete. »Gründlichkeit« – gar in attributiver Verbindung mit »deutsche« – strahlten diese zum Leben erweckten Zinnsoldaten jedenfalls nicht aus. Und tatsächlich, hinter dem Schlagbaum stand ein blaues Schild mit der Aufschrift LA FRANCE und BIENVENUE. Einsprachig natürlich, um sofort deutlich zu machen, dass man ein Land betrat, dessen Bevölkerung die eigene Sprache so schön fand, dass sie keinerlei Lust verspürte, irgendeine andere zu lernen.
    Was ein Aha-Erlebnis nicht alles auslösen kann: Keine drei Sekunden nach Anblick der Grenzbeamten zitierten einige Schwarzwaldfahrer schon Szenen aus Les Gendarmes , den sechs Polizeiklamotten, mit denen Louis de Funès Unmengen kichernder Damen dazu getrieben hatte, ins Höschen zu pinkeln. Doch hier und da begann man sich auch zu fragen, was der Busfahrer auf einmal in Frankreich wollte. Fuhr er aus einer klassischen Kombination von Zerstreutheit und Routine nun doch nach Benidorm? Oder sahen seine Passagiere etwa aus wie typische Lourdes-Pilger?
    Lang dauerte die Panik allerdings nicht; unter Aufbietung aller gemeinsamen geographischen Kenntnisse fanden Wannes

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