Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
war es ihm ja schon gelungen. Jedes Detail von Augusts Suche in den Datenbanken schien auf Brauns Computer auf.
Gott allein wusste, was in diesem verdammten Notizbuch stand.
Es durfte einfach nicht passieren, dass alles aufflog. Er musste die Sache beenden, und zwar schnell. Erst wenn Ming und Capra tot waren, konnte nichts mehr schiefgehen.
Wie immer, dachte Braun. Um alles musste man sich selbst kümmern. Er würde das alles vielleicht bald hinter sich lassen und woanders neu anfangen müssen. Die Million für Mila wäre dafür ein gutes Ruhekissen.
Er stand auf und ging hinaus.
Sam Capra besaß eine Bar, hatte August gesagt, und Ricardo Braun konnte einen Drink gebrauchen.
Zwanzig Minuten später traf ein Informationspaket aus Langley im Netzwerk von Special Projects ein, und eine Bestätigungsmeldung ging nach Langley zurück. In dieser Nachricht verbarg sich eine andere, die unterwegs absprang und sich zu ihrem natürlichen Zuhause weiterschlängelte. Das unscheinbare Programm, das dies bewirkte, glich jenen, die Jack Ming für Nic geschrieben hatte, um Leute auszuspionieren. Ein Computer von Special Projects war schon vor Wochen infiziert worden, über eine Tabelle, die ein Mitarbeiter der Company geschickt hatte, der später als Agent von Novem Soles enttarnt worden war.
Das Handy des Beobachters piepte, um das Eintreffen einer neuen Nachricht zu signalisieren.
60
Last Minute Bar, Manhattan
» Hallo.« Mila trat ein und schloss die Tür. » Lang nichts von dir gehört, Sam.« Sie blickte auf den Gipsverband an seinem Arm. » Ich hätte dir Blumen geschickt.«
» Hey, Mila«, sagte ich. Bertrand hätte mir ihr Kommen ankündigen können, doch aus irgendeinem Grund hatte er es unterlassen. Leonie blickte von ihrem Abendessen auf und sah Mila an.
» Wer ist das?«, fragte Leonie.
» Mila. Eine Freundin.«
» Und gleichzeitig sein Boss«, erklärte Mila. » Sam, wir müssen reden. Allein.«
» Wir sind gerade sehr beschäftigt«, erwiderte Leonie. Ich wusste genau, was in ihr vorging. Mila hatte mit der Suche nach unseren Kindern nichts zu tun. Sie störte. Leonie wusste nichts von der Tafelrunde, dieser privaten Bürgerwehr– ich weiß wirklich nicht, wie man sie sonst bezeichnen sollte–, die mich angeheuert hatte, um die Bars zur Tarnung zu übernehmen. Zunächst um mir zu helfen, meinen Sohn zu finden, aber durchaus mit der Hoffnung, dass ich weiter für sie arbeiten würde. Dass ich sozusagen ihr » Mann in Havanna« sein würde, und in einigen anderen Städten. Wenn Mila sich als mein Boss vorstellte, so musste das für Leonie so klingen, als ginge es dabei um die Bar. Und wir waren gerade mit Wichtigerem beschäftigt: der Suche nach unseren Kindern.
Das alles wurde mir innerhalb einer Sekunde klar. » Leonie, ist schon okay. Es dauert nur eine Minute.«
» Sie könnten nach unten gehen und sich einen Drink genehmigen«, schlug Mila vor. » Vielleicht einen mit einem Schirmchen drin.«
» Ich will keinen Drink«, erwiderte Leonie. Das Eis für den Drink, den sie nicht wollte, war bereits in ihrer Stimme.
» Dann eben einen Kaffee. Obwohl Sie ein bisschen nervös wirken. Der koffeinfreie Kaffee hier ist ausgezeichnet.« Mila lächelte.
Leonie blieb sitzen.
» Ist Englisch nicht ihre Muttersprache?«, fragte mich Mila und wandte sich wieder Leonie zu. » Ich will mit Sam sprechen. Allein. Bitte gehen Sie hinunter.«
Leonie erhob sich sichtlich wütend und schritt auf Mila zu.
Ich trat dazwischen. » Leonie, bitte.«
» Wie kann sie dein Boss sein, wenn die Bar dir gehört?«
» Gib uns eine Minute, okay?«
» Ich muss sowieso duschen. Dann kannst du mit deiner charmanten Freundin plaudern.« Leonie nahm ihre Tasche und verschwand im Zimmer nebenan, knallte die Tür hinter sich zu.
» Sie hält sich für sehr schlau«, meinte Mila. » Sie dreht die Dusche auf und lauscht in Wirklichkeit an der Tür. Doch die Türen hier sind schalldicht. Die haben wir eingesetzt, nachdem Bertrand und ich letztes Jahr einen Mann im Badezimmer verprügelten, damit er uns sagt…«
Ich wollte nichts hören von ihren alten Sünden. » Du musst nicht immer auf Konfrontation gehen.«
» Es macht aber Spaß. Wo warst du?«
» Hier.«
» Und hier in der Bar ist es so gefährlich, dass du dir den Arm gebrochen hast. Ich sehe auch die Nachrichten, Sam.« Sie ging zu der kleinen Bar in der Ecke und schenkte sich einen Glenfiddich ein. » Dieser Mann, hinter dem du her bist, stellt für Novem Soles
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