Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
sich zu nehmen.
Seine Mutter war keine große Köchin gewesen, doch ihre Küche war erstklassig bestückt.
In einer Schublade fand er ein Hackbeil mit Perlmuttgriff. Wieder etwas, mit dem wohl keiner rechnete.
75
The Last Minute, Manhattan
Die Bar war geschlossen. Mila hatte sich in ihren nächtlichen Unterschlupf zurückgezogen, wo immer der sich befinden mochte. Erschöpft stieg ich die Treppe zur Wohnung hinauf und schaltete die Alarmanlage der Bar ein.
Leonie saß an ihrem Computer. Ich könnte nicht ständig am Computer arbeiten. Ich glaube, ich mag die Dinger nicht besonders.
» Wo warst du?«, fragte Leonie.
» Das kann ich dir nicht sagen, aber es wird uns helfen, unsere Kinder zurückzuholen«, antwortete ich.
Sie schaute mich an. » Okay«, sagte sie nur.
Ich ging ins Schlafzimmer und legte mich aufs Bett. Kein guter Tag. Ein gebrochener Arm, das Ziel nicht erwischt, meinen Sohn nicht wiederbekommen. Die Erschöpfung breitete sich in mir aus wie ein Fieber.
» Wir haben den Mann in der Bar beobachtet, der dir verdächtig vorkam. Er blieb noch ungefähr eine Stunde, aß Tapas und ging dann.«
» Dann war er vielleicht wirklich nur ein ganz normaler Gast«, sagte ich. » Ich weiß übrigens, dass du einmal Lindsay Partridge geheißen hast.«
Sie setzte sich auf die Bettkante, mit dem Rücken zu mir. Ich streckte die Hand aus und berührte ihre Schulter.
» Wer hat dir das gesagt?«
» Jemand in der Special-Projects-Abteilung. Die CIA hat eine Akte über dich.«
» Was ich gar nicht vermisse, sind diese kleinen Scherze von wegen Partridge Family. Nein, das geht mir gar nicht ab.«
» Ich glaube, ich nenn dich trotzdem lieber Leonie.«
» Ist okay. So heiße ich jetzt.«
» Ein Teil deiner CIA -Akte ist verschlüsselt.«
» Ich wüsste nicht, warum. Ich bin nur eine Frau, die sich gut mit Computern auskennt und die gern eine fürsorgliche Mutter wäre.«
» Warum bist du so plötzlich abgehauen?«
» Ich brauchte eine Veränderung.«
» Brewster muss Verbindungen zu Leuten in der CIA haben.«
» Oder zu einer Gruppe, die mit der CIA zusammenarbeitet.«
» Du hast damals viel Geld bekommen.«
» Ja.«
» Um Leute zu verstecken, die gute Gründe hatten, zu verschwinden.«
» Ja.«
» Das steht nicht in deiner Akte, hab ich gehört. Die betrifft nur das, was du für die CIA getan hast. Oder für Brewster, im Namen der CIA .«
Sie rieb sich das Gesicht. » Ich glaube, er hat der CIA … hin und wieder einen Gefallen getan.«
Ich sagte nichts darauf. Sie hatte Drecksarbeit übernommen und war somit– wie ich selbst– ein schmutziges kleines Geheimnis der CIA . Ich spürte ihren Rücken unter meinen Fingern zittern.
» Du hast mit deinem Freund August gesprochen.«
» Ja. Sie haben ihn vom Dienst suspendiert. Wir haben uns auf einen vorläufigen Waffenstillstand geeinigt.«
» Damit du Jack Ming suchen kannst.«
» Ja.«
» Wir werden ihn nicht finden. Sie werden unsere Kinder umbringen.«
» Hör zu. Solange wir ihm auf den Fersen sind, haben sie allen Grund, Taylor und Daniel am Leben zu lassen.«
Sie schien sich zu zwingen, nicht zu weinen. Doch ich spürte das Zittern unter ihrer Haut, die Anspannung, und ich strich ihr mit den Fingerspitzen über den Rücken.
» Ein einarmiger Masseur«, sagte sie.
» Spezialität des Hauses.«
» Ich sollte mich um dich kümmern. Du bist von einem Hausdach gesprungen, nicht ich.«
» Ich mach’s mir nicht zur Gewohnheit«, antwortete ich und nahm die Hand von ihrem Rücken.
Sie sah mich über die Schulter hinweg an. » Falls Taylor stirbt, ist mein Leben vorbei.«
» So darfst du nicht reden.«
» Es stimmt aber.«
» Das kommt dir nur so vor.«
» Ich hätte nichts mehr.«
» Rache. Wenn sie unseren Kindern etwas tun…«– ich brachte es nicht über mich, das Wort töten auszusprechen–, » dann werden sie dafür bezahlen, einer nach dem anderen.«
» Rache ist kein Lebensinhalt.«
» Mila hat einmal gesagt, Rache kann etwas Großartiges sein. Vielleicht hat sie recht.«
» Ich glaub nicht, dass ich jemanden umbringen könnte, es sei denn für Taylor.« Leonie blieb auf der Bettkante sitzen, ich legte mich auf den Rücken.
» Also, falls mich jemand umbringen will, und du kannst es verhindern, darfst du gern eingreifen.«
Sie lachte. Es war eigentlich kein Lachen, mehr ein Mittelding zwischen Seufzer und Lächeln. » Okay, abgemacht.«
» Selbst wenn Jack Ming unter einem anderen Namen operiert, braucht er Hilfe.
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