Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
spezieller Freund«, antwortete der Beobachter.
» Ich will einen Deal mit Ihnen schließen.«
» Mit mir? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
» Doch. Sie wollten das Notizbuch. Sie können es haben. Ich verkaufe es Ihnen.«
» Ich glaube Ihnen nicht.«
» Ich kann es sonst niemandem verkaufen. Also, wir machen es so: Sie überweisen zehn Millionen auf ein bestimmtes Konto. Sobald das Geld da ist, rufe ich Sie wieder an und sage Ihnen, wo Sie das Notizbuch finden.«
» Wie kann ich Ihnen trauen?«
» Hören Sie sich um. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mich die meisten im Vergleich zu Ihnen als vertrauenswürdiger einschätzen. Also, das ist mein Angebot. Wenn Sie nicht wollen…«
» Warum wollen Sie plötzlich einen Deal mit uns schließen, nachdem wir versucht haben, Sie zu töten.«
» Ich werde ein paar Seiten als Versicherung behalten. Falls mir etwas zustößt, kommen die ans Licht der Öffentlichkeit.«
» Sie könnten mich wieder erpressen.«
» Sie könnten auch wieder versuchen, mich umzubringen.«
» Stimmt. Ich dachte, Sie machen Ihr Geschäft lieber mit den Behörden.«
» Die haben mein Vertrauen verloren.«
» Ja, Vertrauen ist etwas Flüchtiges. Na schön, Jack. Wo treffen wir uns?«
Jack zögerte. » Wir machen alles telefonisch.«
» Wollen Sie mir das Notizbuch faxen, Jack?«
» Nein.«
» Dann müssen wir uns treffen.«
» Damit mich Ihr Mistkerl Sam Capra wieder von einem Hausdach wirft? Nein, danke.«
» Sie sind vielleicht ein cleverer Bursche.«
» Und Sie sind ein Schwein, sein Baby zu benutzen. Also wirklich.«
» Sie haben mit ihm geplaudert, stimmt’s?«
» Ich kann einfach zwei und zwei zusammenzählen, Arschloch. Aus dem Notizbuch erfährt man so einiges.«
» Oh, Jack«, sagte der Beobachter. » Mir wird langsam klar, dass ich die Sache ganz falsch angepackt habe. Ich hätte nicht versuchen sollen, Sie auszuschalten. Ich hätte Ihnen einen Job anbieten sollen. Sie sind wirklich ein schlauer Bursche.«
» Schlau genug, um zu wissen, dass das hier Ihre Gans ist, die goldene Eier legt. Ich krieg mein Geld, Sie kriegen das Notizbuch, und jeder geht seiner Wege.«
» Sie könnten es kopieren.«
» Hab ich auch, und falls mir etwas zustößt, landet die Kopie im Briefkasten der CIA , zusammen mit einer Erklärung. Also. Sie lassen mich in Ruhe, dann haben Sie nichts zu befürchten.«
» Gut. Wo treffen wir uns?«
» Im Central Park. Im Ramble, nördlich der Bow Bridge. Morgen um drei. Wenn das Geld bis dahin auf meinem Konto ist, gebe ich Ihnen das Notizbuch.«
» Und darauf soll ich mich verlassen?«
» Sie wollen doch das Notizbuch, oder nicht?«
» Ja. Welches Konto?«
Jack nannte ihm die Kontonummer einer Schweizer Bank. Der Beobachter kritzelte die Nummer in seine Handfläche.
» Falls Sie sich auch nur eine Minute verspäten oder mir irgendetwas nicht gefällt, bin ich weg. Dann fahre ich nach Langley und werfe denen das Buch auf die Veranda.« Er legte auf.
Wirklich interessant, dachte der Beobachter. Und unerwartet. Entweder wollte ihm Jack Ming eine Falle stellen, oder er versuchte mit allen Mitteln, sich das nötige Geld zu verschaffen, um unterzutauchen.
Die Frage war: Sollte er Sam Capra hinschicken, um Jack auszuschalten? Wenn Capra wusste, dass sich jemand von Novem Soles mit Jack Ming treffen würde, könnte er versuchen, ihn als Geisel zu nehmen, um die Freilassung seines Sohnes zu erwirken. Doch das Risiko ließ sich minimieren. Das war das Schöne daran, jemandes Kind in der Hand zu haben. Man hatte die Eltern für immer an der Leine.
Jack Ming beendete das Gespräch. Er saß auf der Kante seines Betts in der Wohnung seiner Mutter. So ziemlich der letzte Ort, dachte er, wo man ihn jetzt vermuten würde. Seine Mutter war tot, sein Vater ebenfalls, und jetzt war er wirklich ganz allein auf der Welt.
Er ging ins Zimmer seiner Mutter hinüber. Es wirkte so leer und verlassen, nachdem sie hier eine so lange Zeit gelebt hatte. Um seinen Vater hatte er tagelang, ja wochenlang geweint, doch für seine Mutter hatte er nur ein stilles Versprechen übrig: Es tut mir leid, dass du wegen mir sterben musstest. Ich werde sie töten, Mom.
Das würde niemand von ihm erwarten, dachte er. Hacker hielten sich normalerweise im Hintergrund. Sie traten einer Bedrohung nicht persönlich gegenüber. Sie hockten im Verborgenen und verschoben Daten. Doch er war ohnehin mit dem Hacken fertig. Morgen würde er entweder sterben oder töten. Es kümmerte ihn
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