Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
erzählen.« Es war jedenfalls viel besser, als ihnen Mila auszuliefern.
Mila schien zu ahnen, in welche Richtung meine Gedanken liefen.
» Was würdest du tun, um deinen Sohn zurückzubekommen?«
» Alles.«
» Alles– das kann eine Menge sein.« Sie blickte zu ihrem vernachlässigten Verehrer hinüber. » Der Footballspieler ist bestimmt schon ungeduldig. Obwohl ich sagen muss, er hat wirklich einen schönen stämmigen Hals. Mir gefällt ein stämmiger Hals. Da kann man sich schön dranhängen.«
» Auf dem Hals sitzt kein großes Hirn.«
» Hirn!« Mila sah ihn von der Seite an. » Worauf es ankommt, ist das Herz.« Sie klopfte sich mit ihrer kleinen Faust an die Brust.
» Ich hab mir das so vorgestellt: Wir gehen mit Anna Tremaine hinauf, um das Geschäft abzuschließen. Wenn sie uns alles gesagt hat, verpasse ich ihr ein Beruhigungsmittel, und wir lassen sie oben in der Wohnung. Ich hole Daniel, und du behältst sie im Auge.«
» Und was dann?«
» Wir übergeben sie August Holdwine und seiner Abteilung, denen kann sie alles erzählen, was sie über Novem Soles weiß.«
» Da ist mir wohl glatt entgangen, dass du zur Central Idiot Agency zurückgekehrt bist«, erwiderte Mila. » Ich dachte, du arbeitest für mich.«
» Und was macht die Tafelrunde mit ihr, Mila? Du hast mir gerade gesagt, ich soll sie umbringen. Würdet ihr denn etwas anderes tun?«
» Jetzt bin ich gekränkt.«
» Die CIA lässt sie am Leben.«
» Ah, ja. Sie ist bloß ihre Gefangene und bekommt einen fairen Prozess, was? Nein. Sie werden einen Deal mit ihr schließen. Sie schützen sie, wenn sie redet. So läuft das nun mal auf dieser Welt. Sie verkauft dein Baby, aber wenn sie Informationen liefert, kriegt sie ein neues Leben irgendwo am anderen Ende der Welt, in Sydney. Ich glaube, Sydney muss zur Hälfte aus Leuten bestehen, die sich vor irgendwem verstecken.« Sie griff nach meiner Flasche San Pellegrino und nahm einen Schluck.
» Jemand hat ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt«, sagte ich.
Sie setzte das Mineralwasser abrupt ab, stellte es auf den Tisch und schaute mir in die Augen.
» Ist Mila die Kurzform für Million? So hoch ist nämlich das Kopfgeld. Eine hübsche Summe für eine Frau, die von sich sagt, sie sei ein Nobody.«
» Es ist gestiegen«, sagte sie. » Das sind die Zinseszinsen.« Sie lachte. » Oder der Hass wird immer größer.«
» Mila, wer will deinen Tod?«
» Außer dir?«
» Mach keine Witze. So lustig ist das nicht.«
Sie nahm noch einen Schluck aus der San-Pellegrino-Flasche. » Es spielt keine Rolle, Sam.«
» Ich finde es auch für mich nicht ganz unwichtig, wenn ich mit dir zusammenarbeite.«
Sie verdrehte die Augen.
» Ich will wissen, wer deinen Tod will.«
» Wozu? Um mir zu helfen, meinen Peiniger zu töten? Ich werde ihn nicht töten.«
» Ihn.«
» Jemand, an den ich nicht herankomme«, fügte sie hinzu. » Im Leben kann man sich eben nicht alles backen. Und die schönsten Schuhe drücken oft am meisten.« Sie zuckte mit den Schultern, als wäre meine Sorge nicht weiter wichtig.
» Wenn wir zusammenarbeiten, sollte ich wissen, wer hinter dir her ist.«
» Dass ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt ist, heißt noch lange nicht, dass es auch jemand kassieren wird.«
» Hast du alle getötet, die’s bisher versucht haben?«
» Das klingt, als wär ich ein Monster.«
» Du bist in Moldawien aufgewachsen und weißt vielleicht nicht, wie das im Kapitalismus funktioniert«– sie verdrehte erneut die Augen–, » aber eins kann ich dir sagen: Für eine Million Dollar werden sich Kandidaten ohne Ende finden, die’s versuchen.«
» Dazu müssen sie mich erst mal finden. Und dann müssen sie mich töten.« Sie zuckte die Achseln. » Es ist wie bei der Lotterie: Sehr viele spielen mit, wenige gewinnen. Die Vielen sind bis jetzt gescheitert. Gewonnen hat noch keiner.«
» Es haben also schon einige versucht, dich zu töten?« Es rieselte mir kalt über den Rücken. Und ich hatte mir Sorgen gemacht, die CIA könnte sie finden. Doch die wollten nur mit ihr sprechen. August wollte sie sicher nicht töten.
Diesmal tat sie es nicht mit einem Achselzucken ab. Sie spürte wohl, was in mir vorging, und wusste, es hätte mich wütend gemacht, wenn sie weiter die Gleichgültige gespielt hätte. » Hör zu. Es gibt da einen Mann, der ziemlich sauer auf mich ist. Ich habe ihn erniedrigt. Es war schlimmer, als ihn zu töten.«
» Wer?«
» Ich glaube nicht, dass du ihn kennen willst.«
» Wer,
Weitere Kostenlose Bücher