Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
Mila?«
» Wir holen zuerst Daniel zurück, dann kümmern wir uns um meine Probleme.« Sie lächelte. » Ich weiß, wie sehr du an Daniel denkst. Ich fühle mich geschmeichelt, dass du dir außerdem noch meinetwegen Sorgen machst.«
Ich spürte eine seltsame Mischung aus Zorn und Angst um sie. Mila war nicht direkt eine Freundin. Auch nicht direkt meine Chefin. Ich wusste selbst nicht so genau, was sie für mich war, aber ich konnte keinesfalls zulassen, dass jemand es auf sie abgesehen hatte und sie tötete. Wenn ich sie nicht einmal August überließ, dann sicher nicht irgendeinem gedungenen Mörder.
» Und wenn du Daniel hast, wirst du ein ruhigeres Leben führen wollen. Das ist ganz normal, Sam.«
» Ich lass dich sicher nicht allein.«
» Allein zu sein gehört zum Leben.« Sie trank das Mineralwasser aus. » Aber wie hast du von dem Kopfgeld erfahren?«
» August hat’s mir gesagt, als ich mich in der Last Minute Bar mit ihm traf.«
» Es schmeichelt mir, dass sie sich für mich interessieren. Bestimmt haben sie bei der CIA eine Akte über mich angelegt. Richtig aufregend. Wie viele Menschen auf der Welt können das schon von sich sagen. Man fühlt sich so besonders.« Sie begutachtete wieder ihre Fingernägel. » Soll ich August fragen, ob er mein Facebook-Freund werden will?«
» Er will, dass ich dich ihnen ausliefere, damit du ihnen erzählen kannst, was du über Novem Soles weißt und für wen du arbeitest. Sie sind sehr an dir interessiert.«
» Mich interessiert August auch. Vor allem, was er rauskriegen kann. Wie gut er ist. Und wer versuchen wird, ihn auszuschalten, falls er mehr über Novem Soles herausfindet.«
» Du glaubst, dass immer noch jemand in der CIA für Novem Soles arbeitet.«
» Garantiert.« Sie blickte zum Footballspieler hinüber; er unterhielt sich mit zwei Blondinen, die sich wohl auf dem Weg zur Playboy Mansion hierher verirrt hatten. » Wenn August gut in seinem Job ist, wird er wahrscheinlich sterben. Ist er schlecht, wird er irgendwann mit einer goldenen Uhr in den Ruhestand geschickt, weil er nie eine Bedrohung für irgendwen war.«
» Weißt du, ob es einen Maulwurf gibt?«
» Natürlich nicht. Und es kränkt mich, dass du glaubst, ich würde solche Neuigkeiten für mich behalten. Außerdem würde ich seinen Namen sofort an die CIA verkaufen. Ich bin ein Fan des freien Marktes.«
» Du hast mir erzählt, du hättest die Aufnahmen von meinen Vernehmungen durch die CIA gesehen. Ihr habt also euren eigenen Maulwurf in der Agency.«
Sie sah mich einen Moment lang von der Seite an. » Also, ich hab die Aufnahmen jedenfalls nicht auf YouTube gefunden. Wenn du’s unbedingt wissen willst: Ich hab sie von ihrem Server geklaut.«
» Du hast Daten vom CIA -Server gestohlen.« Mehr wollte ich lieber gar nicht wissen.
» Ich mach dich nervös«, sagte Mila. » Dann geh ich besser mal rauf und warte auf unsere Freundin. Ich behalte die Kameras im Auge.« Ich sah ihr nach, wie sie die Treppe am hinteren Ende der Bar hochging.
Gleich würde Anna Tremaine eintreffen.
Die Bar war inzwischen ziemlich voll, und die Barkeeper hatten keinen ruhigen Moment mehr. Die Musik pulsierte durch den Raum. Ich überblickte die Menge auf der Suche nach jemandem, der als Helfer oder Bodyguard für Anna hier war. Doch vielleicht brauchte oder wollte sie gar keine Unterstützung. Vielleicht würde es ganz einfach werden. Sie wusste nicht, dass sie sich auf meinem Terrain befand. Für mich war die Bar sowohl öffentlicher als auch privater Raum. Hier unten hatten wir zwar jede Menge Zeugen, doch ich konnte mit ihr hinaufgehen und die Wahrheit rauskriegen.
Eins ging mir jedoch nicht aus dem Kopf: der Autofahrer, der mich bei meinem Parkour-Lauf beobachtet hatte. Vielleicht war er bloß neugierig gewesen. Vielleicht steckte wirklich nicht mehr dahinter. Andernfalls hätte ich einen Fehler gemacht.
Was würdest du tun, um deinen Sohn zurückzubekommen?
Die einfachste Frage der Welt, mit der einfachsten Antwort. Doch wenn mir ein Fehler unterlief, konnte es mich das Leben kosten, oder ich landete im Gefängnis, und Daniel wäre um nichts besser dran als jetzt.
In diesem Augenblick hielten irgendwo eine Frau und ihr Mann mein Kind in den Armen und nannten ihn ihren Sohn. Wussten sie überhaupt, dass er gestohlen worden war? Oder war es ihnen egal? Liebten sie ihn genauso wie ich, obwohl ich ihn noch nie gesehen hatte?
Da kam sie.
Anna Tremaine. Ich erkannte sie von dem Video in der
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