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Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Minute: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Abbott
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vielleicht kriege ich hier ein paar Anregungen, wie man ein Kind rettet. Ich hatte den Streifen schon ungefähr zehnmal gesehen und brauchte nicht auf die Handlung zu achten. Leonie hatte die Augen geschlossen. Sie hatte während des Fluges kaum ein Wort mit mir gesprochen, sodass wohl niemand an Bord annahm, wir würden uns kennen. Ich stand auf, um mir auf der Toilette etwas kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Die meisten Passagiere hatten sich in ihre digitalen Kokons zurückgezogen, sahen sich einen Film an oder waren mit ihren iPods oder iPads beschäftigt. Die Technologie macht es uns heutzutage leicht, in einem vollen Raum allein zu sein. Ich beneidete alle, die schlafen konnten. Ich hätte etwas Schlaf dringend gebraucht, doch meine Gedanken ließen mich nicht zur Ruhe kommen.
    Ich lehnte mich zurück, und Leonie öffnete die Augen. Sie sah mich blinzelnd an, als fragte sie sich, wo sie war. Es überraschte mich nicht, dass sie eingeschlafen war. Der Adrenalinschock durch die Entführung ihrer Tochter ließ nach, und die unvermeidliche Erschöpfung setzte ein. Sie schien fast ein schlechtes Gewissen zu haben, dass sie sich in ihrer Situation Schlaf gegönnt hatte, doch ich wusste, es war die natürliche Reaktion des Körpers, um mit dem extremen Stress fertigzuwerden.
    » Alles okay? Möchten Sie etwas zu trinken?« Da sprach wohl der Barbesitzer in mir. Ich möchte den Leuten immer etwas zu trinken anbieten. Die Flugbegleiterinnen sollten mir den Getränkewagen überlassen. Sie hätten sich inzwischen einen Film ansehen können.
    Leonie schüttelte den Kopf. Das Schweigen hing bleischwer in der Luft.
    Ich wollte mir wieder den Kopfhörer aufsetzen, es war aussichtslos, ein Gespräch mit ihr anknüpfen zu wollen.
    Sie legte mir die Hand auf den Arm. » Ihr Sohn… er hat diesen Namen in Frankreich bekommen. Wie würden Sie ihn denn nennen?«
    » Daniel. Meine Ex hat ihn nach meinem toten Bruder benannt.«
    Sie schürzte die Lippen, als würde sie den Namen schmecken. » Wann ist Daniel… verschwunden?«
    » Gleich nach der Geburt. Ich hab nur ein Foto gesehen, das mir Anna gegeben hat.«
    » Und Sie sind sicher, dass das Foto von Ihrem Sohn ist?«
    » Ja, bin ich.«
    » Zeigen Sie mir das Bild.«
    Ich zog es hervor und gab es ihr. Sie studierte es einige Augenblicke, dann sah sie mich an. » Ein hübscher Junge.«
    » Seine Eltern haben ihn nie im Arm gehalten«, erwiderte ich. » Und doch macht er einen ganz zufriedenen Eindruck. Wie wirkt sich das auf ein Kind aus, nur von Leuten umgeben zu sein, die es benutzen?« Die Worte sprudelten hervor, ohne dass ich es beabsichtigt hatte. Ich redete sonst nie über Daniel. Mit wem sollte ich auch? Mit meiner verrückten moldawischen Chefin, auf die jemand ein Kopfgeld von einer Million Dollar ausgesetzt hatte? Mit meinen alten Freunden von der CIA , die nicht mehr meine Freunde waren? Mit den Gästen in der Bar? Nein. Der Schmerz schnürte mir die Brust zu, und ich verstummte. Ich wollte nicht über Daniel reden.
    » Wenn Sie ihn wiederbekommen, dürfen Sie ihn nie mehr loslassen.« Sie gab mir das Foto zurück. » Wie sind Sie und Ihre Frau jemals Anna über den Weg gelaufen?«
    » Meine Frau ließ sich von Novem Soles kaufen. Sie war CIA -Agentin. Eine Verräterin.« Die Worte fühlten sich eigenartig an in der Stille einer Erste-Klasse-Kabine. Die Flugbegleiterinnen hatten sich in der Bordküche vor uns versammelt, die Passagiere schliefen entweder oder waren in ihre eigene Welt versunken. Auch ein tolles Thema: meine Frau. Die Liebe meines Lebens, die Frau, die mich und das Land verraten und dann doch versucht hatte, mich zu retten. Der Mensch, den ich von allen, die ich kannte, am wenigsten verstand. Und jetzt atmete und lebte sie nur noch mit Hilfe von Maschinen, ein Geist, gefesselt an einen Körper.
    » Tut mir leid, das ist wirklich schlimm.« Leonie war eine Meisterin in der Kunst des Understatements.
    » Ja, ist es.«
    Leonie holte ein Foto aus ihrer Handtasche hervor, schon etwas zerknittert und abgegriffen. » Meine Taylor.« Sie war ein größeres Baby als Daniel, einige Monate älter, hatte rundere Wangen, dunkleres Haar und schöne braune Augen.
    » Sie ist ein süßes Mädchen.«
    » Ja. Sehr.«
    » Sie waren nie verheiratet?«
    » Wir sind nicht mehr zusammen. Ich gebe mich heute lieber mit richtigen Menschen ab.«
    » Also keine Trennung im Guten.«
    Sie nahm mir Taylors Foto aus der Hand und schob es vorsichtig in ein Extrafach ihrer

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