Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
helfen.«
» Ich kann nicht.«
» Du kannst.«
» Ich… ich hab mich mit üblen Typen eingelassen, Mom, ich hatte keine Ahnung, wie…«
Sie machte einen Schritt auf ihn zu. » Erzähl’s mir.«
» Sie… sie hätten mich fast umgebracht. Ich wurde angeschossen. Schwer verletzt. Sie haben sogar jemanden zu mir ins Krankenhaus geschickt, um mich zu töten.«
Sie wurde ganz blass, sichtlich schockiert. » Oh, mein Gott, Jack.«
» Ich hab den Typ umgebracht und bin geflüchtet. Ich glaube, sie werden es wieder versuchen.«
Er sah, wie es in ihr arbeitete: Sie überlegte sich bereits fieberhaft die nächsten Schritte. » Es war Notwehr«, fügte er hinzu.
» Erzähl mir, was passiert ist.«
Das tat er.
» Hast du die Pistole gesehen, bevor du zugeschlagen hast?«
Die Frage war wie ein Schlag ins Gesicht. » Er hat auf mich geschossen. Mom, um Himmels willen, glaubst du mir nicht?«
» Doch. Natürlich. Und dann bist du geflüchtet.«
» Ja.«
» Und dann?«
Er wollte ihr nicht von dem Notizbuch erzählen. Er trug es auch jetzt mit sich, an den Rücken geklebt. » Dann hat mir eine Freundin geholfen, die Niederlande zu verlassen. Mit einem belgischen Pass.« Er berichtete ihr das im gleichen Ton, in dem er früher vielleicht zugegeben hätte, dass er die Schule geschwänzt hatte.
» Du bist also mit einem falschen Pass in die Vereinigten Staaten eingereist, und die niederländische Polizei sucht dich?«
» Ja. Es ging nicht anders.«
» Jack, du tust aber auch immer das Gegenteil von dem, was du tun solltest.« Sie legte den Spüllappen auf die Arbeitsplatte. » Ich glaube, wir brauchen jetzt etwas Stärkeres zum Kaffee.«
» Mom. Es tut mir leid.«
Ihre Reaktion überraschte ihn. » Jack, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Dafür, dass du überlebt hast und dich in Sicherheit bringen willst.«
» Ich habe mehr gesagt, als ich wollte.«
Sie blieb auf dem Weg zur Arbeitsplatte stehen. » Mehr, als du wolltest? Heißt das, du wolltest gar nicht ehrlich zu mir sein?«
» Ich wollte es dem Anwalt erzählen«, log er. » Dich wollte ich damit nicht belasten.«
» Oh, Jack. Du hältst mich wohl für eine arme zerbrechliche Witwe?«
Zwei Seitenhiebe auf einmal. » Du bist nicht zerbrechlich, Mom, das weiß ich. Und du brauchst mich auch nicht daran zu erinnern, dass du Witwe bist. Du bist immer noch meine Mutter.« Die Worte sprudelten aus ihm heraus.
» Du hast recht. Und was ich damals zu dir gesagt habe, als dein Vater starb… na ja, es ist Vergangenheit. Du kannst mir jedenfalls nicht die Schuld daran geben, dass du seitdem noch größeren Ärger bekommen hast.«
Er blinzelte. » Ich gebe dir überhaupt keine Schuld, Mom.«
» Oh, doch. Du hältst mich für eine schlechte Mutter.«
» Nein, das stimmt nicht.« Er konnte ihr nicht ins Gesicht schauen.
Zum Glück wechselte sie das Thema. » Warum genau sind diese Leute hinter dir her?«
» Das ist eine lange Geschichte.«
» Ich sage meine Termine für heute Nachmittag ab«, schlug sie vor. » Wir überlegen uns, wie wir vorgehen. Nur wir zwei. Wollen Sie dich umbringen, weil du etwas weißt?«
» Ja, Ma’am.«
» Was?«
» Eigentlich weiß ich gar nichts. Sie glauben es nur.« Mit der Wahrheit hätte er sie in Gefahr gebracht. Das konnte er nicht tun. Er hatte schon seinen Vater verloren und war nicht ganz unbeteiligt daran; er wollte nicht auch noch seine Mutter verlieren.
» Okay. Aber du hast Informationen, die du der Polizei geben kannst. Wir müssen versuchen, einen Deal zu schließen. Was hast du in der Hand?«
Ganz die Diplomatin, immer auf einen Deal aus. Am liebsten hätte er sich umgedreht und wäre gegangen. Würde sie die Polizei anrufen, noch bevor er beim Fahrstuhl war? Oder würde sie ihn einfach wieder verschwinden lassen, weil das für sie letztlich das Bequemere wäre?
» Ich kann ihnen einige Namen nennen. Ein paar Typen in Amsterdam und New York.«
» Gut, das ist schon mal ein Anfang. Aber wenn sie dich umbringen wollen, musst du doch mehr wissen als nur diese Namen.«
» Eigentlich nicht.«
» Warum… ich weiß, du bist erschöpft. Du solltest erst mal duschen und dich umziehen. Deine alten Sachen werden noch passen. Ich hab alles aufgehoben.«
» Mom.«
» Ich wusste, du kommst irgendwann nach Hause.«
Deinen Glauben hatte ich nicht, dachte Jack. Plötzlich erschien ihm der Gedanke an sein altes Zimmer unglaublich verlockend. Ein Kokon, in dem er sich in den alten Jack Ming zurückverwandeln
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