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Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

Die letzte Minute: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Minute: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Abbott
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Mutter ihn verriet.
    » Schicken Sie einen Wagen. Es kann sein, dass er… sich weigert.« Sie gab die Nudeln in den Topf und rührte geschnittenes Gemüse hinein. Er wich einen Schritt zurück. » Ich weiß nicht, ob ich ihn ohne Hilfe aus der Wohnung bringe.«
    Es rieselte ihm kalt über den Rücken.
    » Nein. Sonst hat ihn niemand gesehen. Er will für heute Nachmittag hierbleiben.« Stille. » Ich bin so froh, dass Sie angerufen haben. Danke.«
    Jack Ming entfernte sich langsam von der Küche, schlich zurück in sein Zimmer und zu der dampfenden Dusche. Er schnappte sich den Rucksack. Die Dusche ließ er laufen. Der Wasserdampf stieg auf wie eine Hand, die sich zum Abschied hob. Er warf einen letzten bitteren Blick auf das Zimmer seiner Kindheit. Dann eilte er zur Wohnungstür.
    » Jack?« Die Stimme seiner Mutter schnitt durch den Raum.
    Er blickte zu ihr zurück.
    » Mach’s gut, Mom«, sagte er.
    » Du hast gelogen!«, stieß sie hervor. Er wusste, sie meinte die Dusche, so als wäre sie es, die Grund hatte empört zu sein.
    » Leb wohl. Ich hab dich trotzdem lieb.«
    » Jack, warte! Warte! Sie können alle Anklagen abwenden. Sie hatten mich vorher angerufen, weißt du…«
    Sie hat gewusst, dass ich komme? Panik stieg in ihm auf. Er rannte zur Treppe, wollte nicht auf den Fahrstuhl warten und stürmte hinunter, durch die Lobby und auf die Straße hinaus. Er sprang in die erste U-Bahn, die kam. Da saß er nun auf der kalten Plastikbank, den Rucksack fest an sich gedrückt.
    Schicken Sie einen Wagen. Es kann sein, dass er sich weigert. Mit wem zum Teufel hatte sie gesprochen? Wer mochte sie angerufen haben, bevor er hergekommen war?
    Das kann nicht sein. Nicht meine Mom.
    Er fuhr bis zum Union Square und nahm den L-Train nach Brooklyn. An der Station Bedford Avenue in Williamsburg stieg er aus. Du kannst niemandem trauen, dachte er.
    Er überquerte die Driggs Avenue und studierte die Gesichter der Leute, die mit ihm ausgestiegen waren. Hatte seine Mutter jemanden angerufen, nachdem er eben geflüchtet war? Folgte ihm schon jemand? Ihr Verrat traf ihn so tief, dass es ihm die Luft nahm.
    Sie können alle Anklagen abwenden. Wer zum Teufel waren diese Leute?
    Er würde von jetzt an noch vorsichtiger sein müssen. In seinem Kopf begann ein Plan Gestalt anzunehmen.

26
    Manhattan
    Während ich zur Subway ging, tippte ich eine Nachricht an Leonie. Ich berichtete ihr, dass Jin Ming in Wahrheit Jack Ming hieß, und fügte hinzu, sie solle mit unserem Mietwagen zur Adresse in der East 59 th Street kommen. Wir waren so nah dran.
    Sollte ich Daniel nicht finden– nein, mit diesem Gedanken würde ich mich gar nicht beschäftigen. Annas grausame Worte– Ich werde ihn nicht an nette Leute verkaufen – gingen mir nicht aus dem Kopf. Daniel, mit meinen Augen und dem Mund seiner Mutter, an Leute verkauft, die ihn misshandelten und töteten, wenn sie ihn nicht mehr brauchten. Und falls er es überlebte, würde er wahrscheinlich für immer gezeichnet bleiben von dem, was man ihm als Kind angetan hatte. Ich hatte Daniel nie im Arm gehalten, nie gesehen, doch einem solchen Schicksal konnte ich ihn nicht überlassen. Niemals.
    Es war seltsam, sich vorzustellen, dass ich mit der Subway fuhr, um jemanden umzubringen. Ein Typ, der nach Pfefferminzbonbons roch, stand dicht neben mir, ein Mädchen mit violett schimmerndem Haar starrte auf meine Schuhe, während aus ihrem Kopfhörer leise Mozartklänge drangen. Zwei Leute gegenüber sprachen portugiesisch miteinander, und ich lauschte ihrem Gespräch. Wenn man seine Kindheit überall auf der Welt verbracht hat, schnappt man von vielen Sprachen ein wenig auf. Sie plauderten über einen Freund, seine Stärken und Schwächen, sein Lächeln, seinen Hang zu billigen Restaurants, banaler Alltagstratsch, und ich saß hier und dachte daran, wie ich einen jungen Mann kaltblütig ermorden würde.
    Gegenüber von Sandra Mings Wohnhaus befand sich eine Sushi-Bar. Sie war in kargem, minimalistischem Stil eingerichtet, im Hintergrund lief schlechte japanische Popmusik, wenn auch zum Glück nur ganz leise. Der Koch schien aus irgendeinem Grund wütend zu sein, während er mit finsterer Miene Ahi-Thunfisch, Seeigel und Lachs hackte. Er murmelte japanische Worte vor sich hin, und ich hätte ihm fast in seiner Sprache geraten, einen Zorn-Management-Kurs zu besuchen. Man sah ihm an, dass er gern Fleisch zerhackte. Immerhin hatte er ein nützliches Ventil.
    Ich bekam mein Mittagessen serviert und schaute

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